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Solidar Suisse

SAH zum Menschenrechtsbericht an den Europarat, 8. Juni 2005: Grund- und Menschenrechte in der Schweiz wahren

Zürich (ots)

Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Alvaro
Gil-Robles, stellt der Schweiz im heute am 8. Juni in Strassbourg
veröffentlichten Bericht zwar ein gutes Zeugnis aus - Anlass zu
eindeutiger und aus Sicht des SAH berechtigter Kritik gibt aber die
Schweizer Asylpolitik. Der Menschrechtsbericht weist auf die
zunehmende Aushöhlung von Grundrechten für ausländische Personen in
der Schweiz hin - seien dies Asylsuchende, Sans-Papiers oder Menschen
mit geregeltem Aufenthaltsstatus. "Die Schweiz muss Acht geben, nicht
in eine repressive und unreflektierte Politik zu verfallen. Deshalb
sollen Asylsuchende ein Recht auf ein Verfahren haben, das diesen
Namen auch verdient", sagte Gil-Robles schon im Mai am Europatag der
Uni Freiburg.
Das SAH stellt fest, dass die Schweizer Migrationspolitik seit den
sechziger Jahren von Fremdenfeindlichkeit beeinflusst wird. Heute
setzt vor allem die SVP auf antiausländische und rassistische
Angst-Kampagnen, um sich zu profilieren. Bundes-, National- und
Ständerat dürfen vor diesem Populismus nicht weiter kapitulieren.
Migrationspolitik sowie die Debatten über Ausländer- und Asylgesetz
brauchen Sachlichkeit und menschliche Lösungen.
Darum appelliert das Schweizerische Arbeiterhilfswerk an den
Nationalrat in der Herbst-Session 2005, das Asylrecht nicht weiter zu
verschärfen. Es verletzt die Grund- und Menschenrechte in der Schweiz
in einem nie gekannten Masse.
Das SAH zur Asylrevision: Nein zur Verletzung der internationalen
Menschenrechte und der Schweizer Verfassung
Die aktuelle Asylrevision schafft noch mehr Sans-Papiers,
verschlechtert die Lebens-bedingungen von Flüchtlingen und beraubt
sie ihrer Rechte und Menschenwürde. Schon heute sind Tausende
Flüchtlinge, auf deren Gesuch nicht eingetreten wurde, ohne Obdach,
ohne Gesundheitsversorgung und ohne Nothilfe. Verschiedene vom
Ständerat im März 2005 bereits abgesegnete Gesetzesänderungen
widersprechen der Schweizer Verfassung, den Menschenrechten und der
Genfer Flüchtlingskonvention. Grundrechte müssen auch in unserem Land
für alle Menschen jeglicher Herkunft und unabhängig vom
Aufenthaltsstatus gelten. Wer diese unteilbaren Grundrechte
einschränkt, gefährdet die Grundfesten unserer Gesellschaft und des
Rechtsstaates. Dies unterminiert auch die Rechtssicherheit und
Freiheit der Schweizer Bürgerinnen und Bürger.
Ausdehnung Sozialhilfestopp
Seit April 2004 gibt es den Sozialhilfeentzug für Flüchtlinge mit
Nichteintretensentscheid (NEE). Schweizweit berichten Regierungsräte
und Stadträte von mehr Schwarzarbeit, Obdachlosigkeit, Abdrängung in
den illegalen Aufenthalt. Frauen droht Ausbeutung, und Kinder wachsen
unter menschenunwürdigen Bedingungen auf. Mit der Ausdehnung des
Sozialhilfestopps auf alle abgewiesenen Asylsuchenden - auch auf
solche, die ohne eigenes Verschulden nicht ausreisen können - wird
Migration nicht verhindert, aber das Leid der Menschen und die Kosten
für die Gesellschaft grösser. Es ist intelligenter, abgewiesene
Asylsuchende in ein funktionierendes Asylsystem einzubinden statt sie
auszuschliessen. So sind sie von staatlichen Stellen erreichbar, und
es besteht die Chance, sie zur Ausreise zu bewegen oder in der
Schweiz zu integrieren.
Verweigerung der Nothilfe
Am 18. März 2005 entschied das Bundesgericht, dass Kantone auf
jeden Fall zur Leistung von Nothilfe verpflichtet sind. Dazu gehören
Ernährung, Unterkunft, Bekleidung sowie die medizinische Versorgung
für Notleidende. Somit ist klar, dass die Asylverschärfungen des
Ständerat vom März 2005 verfassungswidrig sind. Ungehorsam gegenüber
dem Staat - zum Beispiel mangelnde Kooperation in einem Asylverfahren
- kann allenfalls juristisch belangt werden, darf aber nie
Menschenwürde und Existenz gefährden.
Einschränkung der humanitären Aufnahme
Die humanitäre Aufnahme wurde noch 2004 von Bundesrat und
Parlament im Gesetz verankert. Heute erhalten Bürgerkriegsflüchtlinge
mit "konkreter Gefährdung" Schutz, künftig nur solche mit
"Existenzgefährdung". Schwer Traumatisierten, Kranken, unbegleiteten
Minderjährigen oder Frauen, die bei der Rückkehr zu Prostitution
gezwungen werden, droht die Ausschaffung. Es können also Menschen
zurückgeschafft werden, die zwar in ihren Herkunftsländern keiner
Todesgefahr ausgesetzt sind, aber durch Repression keinen Zugang zu
Bildung, Gesundheitswesen, Arbeit oder Familie haben.
Einreise ohne Papiere
Asylgesuche sollen nur bei Vorliegen von Reisepapieren geprüft
werden. So werden tatsächlich Verfolgte vom Verfahren ausgeschlossen.
Dieses Vorgehen verletzt aus Sicht des SAH die Genfer
Flüchtlingskonvention, deren Depositarstaat die Schweiz ist. Denn
gerade in Unrechtsstaaten oder Kriegsgebieten ist es kaum möglich,
amtliche Ausweise zu erhalten. Kommt hinzu, dass 40 Prozent der
Weltbevölkerung über keine Reisepapiere verfügt - meist weil ihre
Länder aus administrativen oder finanziellen Mängeln, dazu schlicht
nicht in der Lage sind. Ein weiterer Grund: über ein Drittel der
Menschheit verfügt nicht mal über eine Geburtenregistrierung, wodurch
vielen der Zugang zu Bildung, das Wahlrecht oder eben das Recht auf
einen Ausweis verweigert wird.
Eingeschränkter Zugang zum Gesundheitswesen
Die Schweizer Ärztevereinigung FMH verurteilt die Einschränkung
von Pflichtleistungen der Krankenversicherer als skandalös. Keinem
Menschen darf die notwendige medizinische Grundversorgung
vorenthalten werden.
Beugehaft
Ein Bericht der Bundes-Verwaltungskontrolle zu den
Zwangsmassnahmen zeigt: Je länger eine Person in Haft, desto geringer
die Rückführungsquote. Und die Häufigkeit der Anordnung von
Ausschaffungshaft hat keinen Einfluss auf die Rückführungserfolg. Das
SAH lehnt die vorgeschlagenen Haftverlängerungen auf zwei Jahre ab.
Sie sind untauglich, menschlich fragwürdig und führen zu höheren
Kosten.
Agenda: Demo gegen Fremdenfeindlichkeit und Blocherpolitik
Um den Forderungen nach mehr Menschenwürde und zur Wahrung der
Grundrechte für alle Menschen in der Schweiz Nachdruck zu verleihen,
rufen anlässlich des Flüchtlingstags am 18. Juni rund hundert
Organisationen - darunter das SAH - zur nationalen Demonstration "wir
sind die schweiz" in Bern (14.00, Waisenhausplatz) auf.
Link zum europäischen Menschenrechtsbericht Schweiz:
www.coe.int/t/E/Commissioner_H.R/Communication_Unit/CommDH(2005)7_E.d
oc
Spendenkonto SAH: 80-188-1
Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk SAH ist eines der grossen
nationalen Hilfswerke. Im Inland unterstützt das SAH in rund 100
Projekten Erwerbslose und MigrantInnen. Im Ausland engagiert sich das
SAH in 16 Ländern in der Entwicklungszusammenarbeit sowie in der
Nothilfe bei Kriegen und Katastrophen.

Kontakt:

Kontakt SAH
Stefan Gisler, Kommunikation SAH
Tel. +41/44/444'19'23
E-Mail: stefan.gisler@sah.ch
Internet: www.sah.ch

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  • 05.01.2005 – 08:19

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