Covid-19, häusliche Gewalt und die psychische Gesundheit weltweit
(MMS/Basel, 19. Mai 2021) Die Pandemie verdeutlicht die seit Jahren vorherrschenden Mängel in der Gesundheitsversorgung für Menschen mit psychischen Krankheiten. Gerade für Frauen, die unter verschiedenen Formen von Gewalt leiden, ist dies verheerend, wie eine Tagung des Netzwerkes Medicus Mundi Schweiz aufgezeigt hat.
Vernachlässigt, verdrängt, vergessen – psychische Gesundheit wird in der internationalen Politik nur ungern thematisiert. Dabei ist sie eine zentrale gesundheitliche Herausforderung, die darüber bestimmt, ob wir die globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 erreichen oder nicht. Sie legt offen, ob Kinder in einem Umfeld aufwachsen, das sie auch mental für die Chancen und Herausforderungen in ihrem Land bereit macht. Sie bestimmt den Zugang zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Ressourcen. Weltweit sind jedoch Strukturen und Dienste für Menschen mit psychischen Störungen schwach oder kaum vorhanden.
Geschlechterungerechtigkeit als Treiber
Die Fachtagung des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz von gestern und heute vormittag zeigt, dass sich diese Schwächen in der Gesundheitsversorgung gerade dann verschärfen, wenn Frauen, traumatisiert von geschlechtsspezifischer Gewalt, betroffen sind. Geschlechterungerechtigkeit wirkt sich an sich negativ auf die psychische Gesundheit von Frauen aus, stärkt aber auch gewalttätige Strukturen gegen Frauen, die wiederum die psychische Gesundheit von Frauen verschlechtern.
Die Pandemie bringt bisheriges Versagen an den Tag
Die Pandemie hat diese Dynamik offengelegt und zweifellos verstärkt, wie Fatima Batool von der Weltgesundheitsorganisation WHO an der Konferenz festgehalten hat. Der Lockdown hat Frauen zuhause eingeschlossen und damit der häuslichen Gewalt verstärkt ausgeliefert. Valeriu Sava, der Gesundheitsverantwortliche der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) berichtet, wie gerade vor diesem Hintergrund der eingeschränkte Zugang zu kommunalen Zentren für psychische Gesundheit verheerend gewesen sei. «In Zukunft braucht es bessere Mechanismen, um psychische Gesundheitsstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln,» sagte Sava an der MMS Konferenz.
Hoffnung machen Frauen wie die Rechtsanwältin und Psychotherapeutin Marie Angele Aganga aus Kamerun, die von ihrem eigenen Kampf gegen häusliche Gewalt und den Umgang mit einem damit verbundenen posttraumatischen Stresssyndrom berichtete. Solidarisches Handeln und Aufbegehren von Frauen gegen Strukturen, die die genderbasierte Gewalt stützen, hilft um den Weg für eine umfassende psychische Gesundheitsversorgung zu sichern.
International und national braucht es einen verstärkten Einsatz für psychische Gesundheit. Dies wäre ein wichtiger Beitrag, um bestehende Taboos hin zu mehr gesellschaftlicher Offenheit zu transformieren. Und es braucht mehr internationale und nationale Investitionen in Prävention, Behandlung und Rehabilitation um Scham, Stigmatisierung und Diskriminierung Betroffener entgegenzuwirken.
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