Bundesamt für Wasser und Geologie
BWG: BWG: Folgen der Trockenheit für die Gewässer
Bern (ots)
Der heisse Sommer liess die Wasserstände von Flüssen und Seen stark zurückgehen und dafür die Wassertemperatur ansteigen - jedenfalls im Mittelland und im Jura, wo kein Schmelzwasser aus den Alpen zur Verfügung stand. Diese beiden Faktoren führten zu einer Abnahme der Wasserqualität in den Flüssen. Trotz zahlreicher Massnahmen der Kantone zum Schutz der Wasserfauna konnte ein Fischsterben in mehreren Regionen nicht verhindert werden.
Während die alpinen Gewässer auf Grund der Gletscherschmelze viel Wasser führten, sind andernorts die Pegelstände sehr tief. Die kleineren und mittleren Flüsse in Jura, Mittelland und Voralpen führten in diesen Tagen nur noch etwa einen Zehntel bis einen Drittel jener Wassermengen, die durchschnittlich im August abfliessen. Besonders wenig Wasser hatte es zum Beispiel in der Broye, wo nur noch 8% des langjährigen August-Mittelwerts festgestellt wurden. Dies ist immerhin noch drei Mal mehr als im August 1945, als der bisherige Minusrekord bei der Messstation Broye - Payerne aufgezeichnet wurde. Als Folge der tiefen Wasserstände und der langen Sonnenscheindauer wurden sie ungewöhnlich stark erwärmt. Dies gilt auch für grössere Flüsse unterhalb von Seen, wo mehrere Temperaturrekorde gebrochen wurden. So erreichten zum Beispiel die Rhone bei Chancy mit 25,1 Grad und der Rhein bei Rheinfelden mit 25,8 Grad jeweils die höchste dort gemessene Wassertemperatur. Auch Aare, Reuss, Linth und Broye verzeichneten Rekordwerte. Im Tessiner Fluss Tresa wurde bei Ponte Tresa gar 30,5 Grad gemessen.
Auswirkungen auf die Umwelt
Die Trockenheit hatte in ökologischer Hinsicht zwei Hauptauswirkungen auf die Flüsse:
- Eine Abnahme der Wasserqualität Die geringen Wassermengen in den Vorflutern des Flachlandes führen zu einer verminderten Verdünnung der Abwässer aus Kläranlagen. Dies kann vor allem an kleineren Bächen und Flüssen lokal zu erhöhten Konzentrationen der verbleibenden Schad- und Nährstoffe sowie von Bakterien führen.
- Grosse Verluste bei Forellen, Äschen und Aalen Wasserflora und Wasserfauna, insbesondere Fische, leiden unter der anhaltenden Trockenheit. Das festgestellte Fischsterben ist auf die erhöhten Wassertemperaturen und auf die dadurch verminderte Sauerstoffkonzentration zurückzuführen. Zusammen rufen diese beiden Faktoren einen physiologischen Stress hervor, der bei Fischen zum Tod führen kann. Das Problem stellt sich insbesondere bei den Forellen und den Äschen, doch können auch andere Arten davon betroffen sein. Im Rhein zwischen Untersee und Eglisau hat das Fischsterben einen Höhepunkt erreicht. Dort mussten die Berufs- und Angelfischer über 20'000 tote Äschen aus dem Hochrhein entsorgen, die die hohen Wassertemperaturen von über 25 Grad nicht überlebten. Auch im Lago di Muzzano oberhalb von Lugano mussten vor einer Woche hunderte von toten Fischen geborgen werden, die wegen dem durch die Wassertemperatur begünstigten Zersetzungsprozess der Algen keinen Sauerstoff mehr erhielten. Ähnliche Vorkommnisse sind vor allem aus den vielen kleinen Fliessgewässern des Mittellandes zu vermelden. Angesichts des Ausmasses und der langen Dauer der Trockenheit konnten sie trotz aller möglichen Massnahmen der kantonalen Ämter zum Schutz der Wasserfauna - Einschränkungen oder Verbote bei Wasserentnahmen (Landwirtschaft), beim Baden und im Bereich der Fischerei; Umsiedelung von Fischen in andere Gewässer - nicht verhindert werden.
Mehrere Regentage sind für eine Normalisierung der Lage nötig
Die gewittrigen Niederschläge der letzten Woche liessen die Abflüsse nur vorübergehend kurz ansteigen. Um die Pegel der Flüsse wieder zu normalisieren bräuchte es mehrere Tage Regenwetter oder drei bis vier intensive Regenereignisse innerhalb von zehn Tagen. Gestützt auf die Erfahrungen im Dürresommer von 1947, wo sich Flora und Fauna wieder erholten, ist, mit Ausnahme bei den im Bestand gefährdeten Fischarten, nicht mit bleibenden Schäden in der Natur zu rechnen, falls es wieder normal regnet. Beispielsweise ist jedoch die Regenerationsfähigkeit der Äsche, deren Bestand in der ganzen Schweiz gefährdet ist, sehr beschränkt. Für die kommenden Monate ist eine ausführliche Bilanz der Auswirkungen der Trockenheit auf den Wasserhaushalt geplant.
Bern, 25. August 2003
Auskünfte: Christian Koch, Sektionschef, Abt. Landeshydrologie, BWG, 031 324 76 43 Ronald Kozel, Sektion Hydrogeologie, BWG, 031 324 77 64 Peter Michel, Chef der Abteilung Gewässerschutz und Fischerei, BUWAL, 031 322 93 20
HINTERGRUND: Die Trinkwasserversorgung ist gewährleistet
Das Trinkwasser, namentlich für das bevölkerungsreiche Mittelland, kommt hauptsächlich aus den Grundwasserleitern der grossen Flusstäler. Dieses Grundwasser wird massgeblich von alpinen Flüssen gespeist. Bei einem Grossteil der rund 40 Grundwassermessstationen des Bundesamtes für Wasser und Geologie BWG war daher in den vergangenen Wochen nur eine leicht sinkende Tendenz der Grundwasserstände feststellbar. Die Wasserstände bewegen sich nahe den langjährigen saisonalen Mittelwerten und nirgends wurde bisher das langjährige Minimum unterschritten. Noch immer zehren die unterirdischen Wasserspeicher vom vergangenen regenreichen Winter. Dagegen zeigen die Stationen, die nicht vom Schmelzwasser beeinflusst werden (z.B. im Jura und im Mittelland) deutlich zurückgehende Grundwasserstände bzw. Quellschüttungen. Gesamthaft ist die Wasserversorgung in der Schweiz nicht gefährdet. In einzelnen Gemeinden, deren Wassernetz nicht mit Nachbargemeinden vernetzt ist und die hauptsächlich aus oberflächlichen Quellen gespeist werden, führt die Trockenheit jedoch zu Versorgungsengpässen. Im Allgemeinen wurden die in der Verordnung vom 20. November 1991 über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung in Notlagen vorgesehenen Massnahmen, welche Kantonen und Gemeinden die Planung für derartige Notfälle vorschreibt, gut umgesetzt und sie haben sich bewährt.
Schwankungen des Grundwasserspiegels Der Grundwasserspiegel kann über Jahre und Jahreszeiten betrachtet stark schwanken, reagiert aber generell eher träge auf Witterungseinflüsse. Während Trockenperioden sinkt er, in niederschlagsreichen Zeiten steigt er. Die Grundwasservorräte erneuern sich vor allem im Winter und Frühling, weil dann der Boden ständig feucht ist und bereits mässige Niederschläge zur Versickerung von Wasser führen. Die Auswirkungen des Hitzesommers auf den Grundwasserspiegel dürften deshalb in erster Linie auf die erhöhte Nutzung einzelner Grundwasservorkommen zurück zu führen sein und nicht auf das Ausbleiben der Niederschläge.
Wasserentnahme zu Bewässerungszwecken: Die Kantone haben die Situation unter Kontrolle
Seit 1992 müssen die Kantone dafür sorgen, dass die Fliessgewässer unterhalb der Wasserentnahmestellen über das ganze Jahr eine minimale Wassermenge führen - unabhängig davon, ob die Wasserentnahme der Bewässerung oder der Wasserkraftnutzung dient. So sollen die ökologischen Funktionen der Flüsse erhalten bleiben, eine genügend starke Verdünnung des Wassers aus den Kläranlagen sowie eine ausreichende Speisung des Grundwassers und eine gewisse Dynamik dieses landschaftlich wichtigen Elements gewährleistet werden. In Trockenperioden können Kantone und Gemeinden zur Bewässerung der Kulturen Abweichungen von diesen minimalen Wassermengen einräumen. Aus einer Umfrage in den Kantonen schliesst das BUWAL, dass diese die Situation unter Kontrolle haben. Auf der Grundlage der gemeldeten Erfahrungen wurde kürzlich ein Merkblatt zuhanden der Kantone erarbeitet mit dem Ziel, den bestmöglichen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der Bewässerung und den Anforderungen des Gewässerschutzes zu finden. Bei der Erteilung von Bewilligungen ist eine gute Koordination zwischen den betroffenen Amtsstellen nötig, insbesondere für Gewässer, die durch verschiedene Kantone fliessen. Die tatsächlichen Bedürfnisse der Bewässerung sollen genau festgelegt werden. Die Nutzung anderer Wasservorkommen (Grundwasser, Seen) sowie die Verteilung der einzelnen Pumpvorgänge über 24 Stunden können auch dazu beitragen, das ökologische Gleichgewicht der Flüsse zu wahren.
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