economiesuisse - Unhaltbarer Angriff auf die Schweizer Steuersouveränität
economiesuisse zum Beschluss der EU-Kommission
Zürich (ots)
Die EU-Kommission verlangt Verhandlungen mit der Schweiz über kantonale Steuerregimes. Nach ihrer Auffassung seien diese mit dem über dreissigjährigen Freihandelsabkommen Schweiz-EU nicht vereinbar. Diese nachträgliche Infragestellung seitens der Kommission lässt sich nicht rechtfertigen. Für economiesuisse ist die Schweizer Steuerhoheit nicht verhandelbar. Das Begehren aus Brüssel ist klar zurückzuweisen. Es ist rechtlich unhaltbar, wirtschaftlich sowie finanzpolitisch schädlich und staatspolitisch ein Angriff auf unsere Souveränität.
Die EU-Kommission hat heute beschlossen, dem EU-Ministerrat zu beantragen, Verhandlungen mit der Schweiz in Fiskalfragen aufzunehmen. Es geht dabei um kantonale Steuerregimes, die nach Auffassung der Kommission gegen die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des Freihandelsabkommens Schweiz-EG von 1972 verstiessen. Ein Beschluss der Mitgliedstaaten ist erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass nun EU- interne Gespräche über diese Thematik geführt werden. Angesichts des Steuerwettbewerbs innerhalb der EU ist offen, ob der angestrebte Harmonisierungskurs der EU-Kommission durch die Mitgliedstaaten mitgetragen wird.
Aus Sicht der Schweizer Wirtschaft ist das Begehren aus Brüssel unhaltbar. Wie das der Kommission im März 2006 übergebene Rechtsgutachten des Bundesrates darlegt, fallen die kritisierten kantonalen Steuerregimes nicht unter den Geltungsbereich des Freihandelsabkommens und haben keinen Einfluss auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr. Die kantonalen Steuerregimes gelten für ausländische und inländische Firmen gleichermassen. Zudem bestanden die kantonalen Steuerregimes schon lange vor 1972 und wurden bislang nie bemängelt. Die nachträgliche Infragestellung nach 35 Jahren seitens der EU lässt sich nicht rechtfertigen.
Ein Steuerwettbewerb auf nationaler und internationaler Ebene hat positive volkswirtschaftliche Auswirkungen und ist zu begrüssen. Er ist Ausdruck von unterschiedlichen nationalen Präferenzen in der Bereitstellung öffentlicher Leistungen. Er findet nicht nur innerhalb Europas, sondern auch auf globaler Ebene statt. Für kleine Länder wie die Schweiz ist der globale Steuerwettbewerb von besonderer Bedeutung. Eine massvolle Besteuerung ist ein zentraler Faktor der Standortattraktivität. Heute fällt eine Vielzahl von Unternehmen unter den Status einer Holding-, Verwaltungs- oder Gemischten Gesellschaft. Dabei handelt es sich überwiegend um Schweizer Firmen, die auf alle Kantone und über alle Branchen hinweg verteilt sind. Diese Gesellschaften haben eine grosse volkswirtschaftliche Bedeutung. Sie bieten hochwertige Arbeitsplätze, sind bedeutende Auftraggeber für Drittfirmen und ermöglichen nicht zuletzt auch beträchtliche Steuereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden.
Die Schweiz ist ein souveräner Staat und nicht Mitglied der EU oder des EWR. Die Souveränität gilt auch im Hinblick auf Steuergesetzgebung und Wettbewerbsrecht. Die Schweiz ist diesbezüglich keine vertraglichen oder politischen Verpflichtungen gegenüber der EU eingegangen. Der Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung ist eine EU-interne Angelegenheit. Extraterritoriale Ansprüche der EU sind deshalb dezidiert zurückzuweisen.
Aus Sicht der Wirtschaft ist die kantonale Steuersouveränität nicht verhandelbar. Es besteht sowohl seitens der EU als auch der Schweiz kein Interesse daran, einen unbegründeten Steuerstreit vom Zaun zu brechen und damit die guten Beziehungen zu gefährden. Bisher hat die Kommission keine rechtlich haltbaren Argumente vorgelegt, weshalb sie einen Verstoss gegen das Freihandelsabkommen sieht. Dies unterstreicht, wie schwach die Rechtsgrundlage für die Vorwürfe an die Adresse der Schweiz ist. economiesuisse unterstützt die unmissverständliche Haltung des Bundesrates und der kantonalen Finanzdirektorenkonferenz in dieser Frage.
Rückfragen: Pascal Gentinetta Telefon: 044 421 35 12 pascal.gentinetta@economiesuisse.ch