economiesuisse - Wirtschaftsstandort Schweiz verteidigen
Interessen von Werk-, Dienstleistungs- und Finanzplatz wahren
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Zürich (ots)
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Der Vorstand von economiesuisse hat an seiner Klausursitzung von gestern intensiv die Lage der Gesamtwirtschaft diskutiert. Nationalbankpräsident Jean-Pierre Roth vermittelte eine umfassende Lagebeurteilung. Insbesondere exportorientierte Unternehmen sehen sich teilweise mit dramatischen Einbrüchen bei der Nachfrage konfrontiert. Einstimmig hat der Vorstand die beiliegende Resolution zur Verteidigung des Wirtschaftsstandorts und Finanzplatzes Schweiz verabschiedet.
Die Schweizer Wirtschaft ist mit der stärksten Rezession seit dem 2. Weltkrieg konfrontiert. Das Welthandelsvolumen ist innert kurzer Frist um rund einen Fünftel eingebrochen. Somit sinken auch Exporte und Investitionen in vielen Unternehmen unseres Landes massiv. Die treibenden Faktoren des Wachstums der letzten Jahre haben ins Negative gedreht. Der Finanzplatz ist unter Druck, aber auch weite Kreise der Exportwirtschaft werden durch die globale Krise in Mitleidenschaft gezogen.
Als Reaktion auf die Wirtschaftskrise werden weltweit rekordhohe Konjunktur- und Rettungspakete beschlossen. Mit Blick auf die Schweiz warnt economiesuisse-Präsident Gerold Bührer: "Aktionismus löst die Probleme nicht nachhaltig. Nach wie vor muss die wirtschaftspolitische Priorität bei einer langfristigen Wachstumspolitik liegen, damit die Schweiz aus der Krise gestärkt hervorgeht. Konjunkturpolitik kann nur subsidiär zur Abfederung schwerer konjunktureller Einbrüche dienen." Der Fokus für die Konjunkturstabilisierung soll in erster Linie bei der Geldpolitik, den automatischen Stabilisatoren und einem Verzicht auf Steuererhöhungen liegen. Zentrale Richtschnur für subsidiäre, schuldenbremskonforme konjunkturpolitische Massnahmen sind folgende drei Kriterien: Die Massnahmen müssen zeitgerecht wirken, zielorientiert zum Einsatz kommen und bedürfen einer zeitlichen Befristung, um eine unkontrollierte Schuldenwirtschaft zu verhindern.
Der Vorstand hat darüberhinaus - mit Blick auf die Angriffe auf den Finanzplatz Schweiz - einstimmig die beiliegende Resolution zur Wahrung unserer Standortinteressen verabschiedet. Sie fasst die Position von economiesuisse im Zusammenhang mit dem Bankkundengeheimnis und der Amtshilfe in Steuerfragen zusammen.
Resolution zur Verteidigung von Schweizer Standortinteressen Interessen der Schweiz selbstbewusst wahren und ohne Aufgabe der Privatsphäre kooperieren
economiesuisse sieht den gezielten Ausbau der Amtshilfe in Steuerfragen bei gleichzeitigem Bekenntnis zum Bankkundengeheimnis als akzeptablen Ansatz für eine internationale Kooperation in Steuersachen. Die Kooperationsbereitschaft darf nicht zum "gläsernen Bürger" und einem automatischen Informationsaustausch führen. Gleichzeitig müssen für alle konkurrieren¬den Finanzplätze gleiche Spielregeln gelten. Die Wirtschaft erwartet zudem von unseren Be¬hörden die selbstbewusste Widerlegung ungerechtfertigter Angriffe aus dem Ausland und die Verfolgung einer Aussenpolitik zur Wahrung nationaler Wirtschaftsinteres¬sen.
Im Lichte der bevorstehenden Diskussionen im internationalen Umfeld (G-20-Gipfel und OECD) hat economiesuisse eine weitere Lagebeurteilung zur internationalen Kooperation in Finanz- und Steuerfragen vorgenommen und mögliche Handlungswege aus einer gesamtheitlichen Perspektive von Werk-, Dienstleistungs- und Finanzplatz geprüft. Alle im Vorstand von economiesuisse vertretenen Branchen und kantonalen Industrie- und Handelskammern sind sich einig. Der Vorstand verabschiedete deshalb am 30. März 2009 folgende Resolution einstimmig:
1. Die Wirtschaft steht zur Kooperation mit dem Ausland. Dies betrifft auch die Zusammenarbeit bei Steuerdelikten. In eine Lösung sind allerdings alle massgebenden Finanzplätze der Welt (London, Kanalinseln, US-Bundesstaaten wie Delaware, Bahamas, Singapur, Hongkong, Luxemburg usw.) zwingend miteinzubeziehen. Sie haben bezüglich der Bekämpfung der Geldwäscherei und "know your customer"-Verpflichtungen die gleichen internationalen Standards umzusetzen, wie die Schweiz.
2. Das Bankkundengeheimnis gilt nicht für deliktische Handlungen, sondern schützt die legitime Privatsphäre. Die Ausdehnung der Amtshilfe auf Tatbestände ist entsprechend im Rahmen der Revision von Doppelbesteuerungsabkommen nach den geltenden OECD-Regeln vorzunehmen. Die Vereinbarungen müssen verbindlich und abschliessend ausgestaltet werden. Sie sollen auch den Marktzugang ab der Schweiz für die betroffenen Aktivitäten miteinschliessen.
3. Ein automatischer Informationsaustausch zwischen Behörden sowie pauschale Anfragen ("fishing expeditions") werden entschieden abgelehnt. In einem Rechtsstaat basiert die Amts- und Rechtshilfe auf konkreten Verdachtsmomenten für klar identifizierbare Fälle. Der "gläserne Bürger" ist mit den Grundwerten der Schweiz nicht vereinbar. Die Privatsphäre der Bürger ist zu wahren.
4. Die Verfahren bei Amts- und Rechtshilfe müssen stark verkürzt werden, wobei eine rechtsstaatliche Überprüfung des ersten Entscheids gewahrt bleiben muss. Diese Verfahren müssen auch von den begünstigten Staaten vollumfänglich respektiert werden.
5. Eine Aufnahme der Schweiz auf eine "schwarze Liste nicht kooperativer Staaten" oder von "Steuerparadiesen" - nota bene ohne vorherige Konsultation seitens der OECD - ist nicht akzeptabel. Die Schweiz kennt ein umfassendes Netz bilateraler Abkommen und hält ihre Verpflichtungen vollumfänglich ein. Ungerechtfertigte und unhaltbare Druckversuche ausländischer Staaten sind entschlossen zurückzuweisen.
6. Die Schweizer Aussenpolitik muss sich vermehrt geschlossen und entschieden - gleich wie in Konkurrenzländern - auf die Verteidigung der nationalen Interessen unseres Wirtschaftsstandorts konzentrieren, ohne sich in Nebenaspekten zu verzetteln. Schweizer Unternehmen unterhalten weltweit 2,4 Millionen Arbeitsplätze. Entsprechend ihrer Bedeutung muss auf den berechtigten angemessenen Einbezug in die internationalen Entscheidprozesse beharrt werden.
Kontakt:
Gerold Bührer
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Pascal Gentinetta
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