Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse
Nationalfonds: Biologische Ersatzteile für den menschlichen Körper
Riehen (ots)
Die Herstellung von biologischen Ersatzteilen ist eines der Ziele des Nationalen Forschungsprogramms 46 "Implantate, Transplantate". Ausserhalb des Körpers gezüchtetes Gewebe soll bei der Behandlung von Verletzungen oder Abnutzungserscheinungen eingesetzt werden. Auf einer Tagung in Bern wurden Ergebnisse präsentiert.
Vor allem in zwei Bereichen setzen Mediziner auf Tissue Engineering: Beim Ersatz vom wichtigen Organteilen, wie Knorpel und beim Ersatz von Nervenzellen. Die Fortschritte, die in den letzten Jahren von Wissenschaftern auf diesen Gebieten gemacht wurden, sind gross. Besonders auf dem Feld der Entwicklung von biologischen Herzklappen kamen die Forscher voran. Sie schafften es, in einem Bioreaktor biologische Herzklappen herzustellen, die sich vor allem für den Einsatz bei herzkranken Kindern eignen. Andere Forschungsprogramme im Rahmen des NFP 46 haben sich mit der Rekonstruktion der Luftröhre oder von Gewebe im Harnbereich beschäftigt. Besonders gross sind die Fortschritte allerdings auf dem Gebiet der künstlichen Nerven.
In einem vom NFP 46 unterstützten Projekt hat Charles Dumont von der Universität Zürich versucht, die Lücke in einem zertrennten Nerven zu schliessen. Er und sein Team entfernen aus einer Nervenfaser alles, was eine Immunreaktion im Körper auslösen könnte. Übrig bleibt nur noch ein Gerüst aus Matrix-Proteinen der Nerven, das allerdings genügt, um das Zusammenwachsen von zwei auseinander liegenden Nervenendigungen zu ermöglichen. Das konnten die Forscher in Experimenten im Labor zeigen. Dort wuchsen Nervenzellen entlang des Gerüsts und schlossen so die Lücke. Während der Forschungsarbeiten mussten die Wissenschafter eine ganze Reihe schwieriger Probleme lösen, die sich um die Frage der Abstossungsreaktion drehten. Jetzt sind sie der praktischen Anwendung ihrer Methode ein ganzes Stück näher gekommen.
Neuer Knorpel für die Knie
Abnutzungserscheinungen in den Gelenken sind häufig. Durch zu viel Bewegung wird zum Beispiel das Kniegelenk in Mitleidenschaft gezogen. Der Gelenkknorpel muss dann ersetzt werden. Die Arbeitsgruppe von Pierre Mainil-Varlet von der Universität Bern und Ivan Martin von der Universität Basel versuchen Knorpelgewebe ausserhalb des Körpers zu züchten. Es soll später einmal als Ersatz für abgenutzten Knorpel in Gelenken zur Verfügung stehen. Obwohl die Transplantation von Knorpelgewebe schon seit mehr als vierzig Jahren möglich ist - allerdings nur von eigenem Knorpel - sind die Schwierigkeiten gross, die im Rahmen dieses NFP 46 Projektes zu überwinden waren.
Problematisch ist zum Beispiel die Auswahl der für die Gewebekultur geeigneten knorpelbildenden Zellen, der Chondrozyten. Je nachdem von welchen Patienten diese Knorpelzellen stammen, eignen sie sich unterschiedlich gut zur Zucht im Labor. Nur aus zehn Prozent der Zell-Linien liessen sich verschiedene Zellen, die der Knochenbildung dienen, züchten.
Grosse Fortschritte haben die Wissenschafter-Teams bei der Zucht des Knorpels ausserhalb des Körpers bereits gemacht: In der Zellkultur lassen sie künstliches Gewebe auf einem Proteingerüst wachsen. Die Zellen brauchen eine Struktur, an der sie haften und dann wachsen können. Weil der Gelenkknorpel relativ dick ist, genügt es nicht, ein einschichtiges Gewebe zu züchten: Es muss sowohl in die Höhe, wie auch in die Breite wachsen können.
Neue Herzklappen für kranke Kinder
Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems gehören in den westlichen Industrienationen zu den häufigsten Todesursachen. Bei vielen Patienten ist das Herz so geschädigt, dass sie dringend ein neues Organ brauchen, um zu überleben. Es herrscht ein absoluter Organmangel. Doch nicht nur ganze Organe fehlen, auch an "Ersatzteilen", wie zum Beispiel Herzklappen, herrscht Mangel. Eine Methode wie Herzklappen in Bioreaktoren gezüchtet werden können, entwickeln Gregor Zünd und Simon P. Hoerstrup vom Universitätsspital Zürich in ihrem NFP 46 Projekt. Vor allem Kinder könnten von ihren Ergebnissen profitieren.
Für Patienten, bei denen die Funktion der Herzklappen in Mitleidenschaft gezogen ist, gehören mechanische Klappen, die anstelle einer defekten Klappe ins Herz eingepflanzt wurden, seit längerem zum medizinischen Standard. Auch auf biologische Modelle greifen Ärzte zur Behandlung ihrer Patienten zurück: So können Herzklappen von Schweinen erfolgreich ihre Aufgabe auch im Menschen übernehmen. Physiologisch sind sich Mensch und Schwein recht ähnlich; das Leistungsvermögen der Herzklappen vergleichbar. Damit sie vom Immunsystem nicht abgestossen werden, müssen sie von allen Zellen gereinigt werden, bis lediglich das Knorpelgerüst der Herzklappe zur Implantation übrig bleibt.
Herzklappen müssen mitwachsen können
Der Herzklappen-Ersatz, der der Medizin heute zu Verfügung steht, hat einige gravierende Nachteile. Patienten, bei denen eine mechanische Herzklappe aus Metall oder Kunststoff eingepflanzt wurde, müssen ihr Leben lang Medikamente nehmen, die das Blut verdünnen. Sie haben dadurch ein viel höheres Risiko, tödliche Blutungen zu erleiden. Auch die Gefahr von Infektionen steigt an. Für Kinder, die auf neue Herzklappen angewiesen sind, sind die künstlichen Klappen wenig geeignet. Weil sie nicht mitwachsen können, müssen sie häufig ersetzt werden. Zusätzlich ist eine solche Operation immer mit einem hohen Risiko verbunden. Biologische Herzklappen aus Schweinen sind für Kinder ebenfalls nicht geeignet. Weil Kinder einen im Vergleich zu Erwachsenen erhöhten Kalzium-Stoffwechsel besitzen, "verkalken" die Herzklappen sehr schnell und degenerieren. Sie werden zudem vom kindlichen Immunsystem stark attackiert und sind deshalb nur für eine geringe Zeit einsatzfähig. Auch bei Erwachsenen ist die Lebensdauer der biologischen Klappen beschränkt. Nach etwa sieben bis zehn Jahren müssen sie ersetzt werden.
Der Bedarf für eine Herzklappe, die vom Körper nicht abgestossen wird, keine Blutverdünnung erfordert und nicht degeneriert, ist sehr gross. Eine künstliche Herzklappe, die bei Kindern mitwächst ist ideal. Das Ziel von Zünd und Hoerstrup: Einen vollwertigen Herzklappen-Ersatz mit Hilfe des "Tissue Engineering" zu entwickeln. Die Forschung, die sie und ein Team von Mitarbeitern verfolgen, zeigen vielversprechende Resultate. Die Zürcher Forscher haben es geschafft, Zellen auf einem Gerüst so wachsen zu lassen, dass sie eine Herzklappe bilden. Die ersten Erfolge sind überaus positiv. Die Zürcher Mediziner konnten Herzklappen in die Herzen von Schafen einpflanzen, die dann über einige Zeit mit ihnen überlebten.
Kontakt:
Dr. M.E. Hauck
Umsetzungsbeauftragter NFP "Implantate und Transplantate"
Rainallee 37
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Fax: +41/61/603'91'09
E-Mail: implementation@nfp46.ch