Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse
SNF: Bild des Monats August 2008: Energieverbrauch
Bern (ots)
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Klimaanlagen sind oft überflüssig
In den letzten fünfzehn Jahren hat sich der Energieverbrauch im Zusammenhang mit der Klimatisierung von Gebäuden mehr als verdoppelt. Diese steile Zunahme wird sich fortsetzen, obwohl Forschende darauf hinweisen, dass die Klimatisierung gar keinem wirklichen Bedürfnis entspricht. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung» (NFP 54) durchgeführt wurde.
Der Stromverbrauch für Klimaanlagen verdoppelte sich zwischen 1990 und 2005 von 711 auf 1591 Gigawattstunden. Dies entspricht 2,8 Prozent des 2005 in der Schweiz verbrauchten Stroms und der Hälfte der Stromproduktion des Atomkraftwerks Mühleberg. Bis 2020 wird der Verbrauch 2264 Gigawattstunden erreichen, wenn dieser Trend anhält. Ausserdem könnte diese Entwicklung durch besondere Ereignisse beschleunigt werden, wie der ausserordentlich heisse Sommer 2003 zeigte, als der Stromverbrauch in die Höhe schnellte.
Um diesen Trend zu bremsen, haben Forschende des Ingenieurbüros Planair SA, des Instituts für Gesundheitspsychologie der Universität Lausanne und des Laboratoriums für Solarenergie und Gebäudephysik der ETH Lausanne in einer Studie, die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung» (NFP 54) durchgeführt wurde, einen Katalog mit rund zwanzig kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen (Zeithorizont ein Jahr, zwei bis fünf Jahre und mehr als fünf Jahre) ausgearbeitet. Mit diesen Massnahmen kann in Dienstleistungs- und Wohngebäuden ohne systematische Klimatisierung ein angenehmes Raumklima sichergestellt werden. Sie betreffen sowohl das menschliche Verhalten als auch technische und rechtliche Aspekte.
Mit den Verhaltensmassnahmen sollen Personen, die Klimaanlagen benützen, informiert und sensibilisiert oder sinnvolle Verhaltensweisen aufgezeigt werden. Die technischen Massnahmen betreffen die Klimatisierungstechnik. Mit rechtlichen Massnahmen schliesslich werden Änderungen des gesetzlichen Rahmens oder neue baurechtliche Bestimmungen angestrebt. Zu den Massnahmen gehören Kleidung und Arbeitszeiten, die der warmen Jahreszeit angepasst sind, eine Einschränkung der Wärmequellen (Lampen, Computer, Fotokopierer) im Gebäudeinneren, die Optimierung bestehender Klimaanlagen und die Schaffung von Baunormen zur Kühlung.
Angenehmes Raumklima ohne Klimatisierung Für die Forschenden steht fest: Klimaanlagen sind keine Notwendigkeit. Sie sind überzeugt, dass sich mit den von ihnen vorgeschlagenen Massnahmen auch im Sommer ein angenehmes Raumklima bewahren lässt. Dabei lässt sich hinsichtlich Baumaterialien, Sonnenschutz oder Belüftung viel von den Erfahrungen in südlichen Ländern lernen. Wenn eine Klimatisierung aber tatsächlich gerechtfertigt ist, sollten die bestehenden Anlagen optimal genutzt werden, zum Beispiel indem ein Raum eher nachts als am Tag gekühlt wird.
Die Forschenden versuchten, die Beweggründe für die zunehmende Klimatisierung in Erfahrung zu bringen. Dazu entwickelten sie zwei Fragebögen, mit denen die subjektive Empfindung eines angenehmen Raumklimas und die Notwendigkeit einer Klimatisierung ermittelt sowie welche Alternativen in Betracht gezogen werden sollten. Der erste Fragebogen wurde 500 Personen vorgelegt, die in nicht-klimatisierten Büroräumlichkeiten arbeiten, der zweite Fragebogen 500 Personen, die in nicht-klimatisierten Mietwohnungen leben. Mit 15 halbstrukturierten Befragungen beim Personal der Stadtverwaltung und der Verkehrsbetriebe von Lausanne wurden die Unterschiede zwischen Arbeitsplatz und Wohnung, der Begriff der Temperaturkontrolle, individuelle Unterschiede, die Auswirkungen der Hitze und auch das Wissen im Zusammenhang mit der Klimatisierung genauer unter die Lupe genommen.
Eine letzte Befragung fand im Sommer 2006 statt. In nicht-klimatisierten Büros füllten Freiwillige einen Fragebogen aus, der auf ihrem Computer installiert war. Dabei erschienen auf ihrem Bildschirm regelmässig Fragen zu ihrem Wohlbefinden bezüglich der Temperatur sowie zu ihrer Kleidung, ihrer Tätigkeit und den von ihnen getroffenen Massnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens. Immer wenn die Versuchspersonen die Temperatur als unangenehm heiss empfanden, konnten sie dies im Fragebogen festhalten. Das persönliche Empfinden wurde dann mit den tatsächlich gemessenen Innen- und Aussentemperaturen verglichen.
Selbstbestimmung vergrössern Aus diesen Befragungen lassen sich mehrere Einsichten gewinnen. Der Begriff Hitze wurde vor allem im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz verwendet und kaum je für das Zuhause. Für die Forschenden hängt dies stark mit einem Gefühl der Selbstbestimmung zusammen: Zuhause fühlen sich die Leute dem Problem weniger ausgeliefert, da sie aktiv Gegenmassnahmen ergreifen können (Standort wechseln, Zeiteinteilung, Kleidung, Kontrolle der Umgebung). Die Zufriedenheit der Angestellten könnte wesentlich vergrössert werden, wenn diesem Gefühl in der Geschäftswelt besser Rechnung getragen würde - z.B. durch die Schaffung individuell gestaltbarer Arbeitsplätze anstelle von Open-Space-Büros.
Ferner sind Personen, die ein Auto mit Klimaanlage besitzen oder die in einem klimatisierten Raum arbeiten, eher von der Notwendigkeit der Klimatisierung in den Sommermonaten überzeugt. Schliesslich haben auch das Alter, die Zahl der Personen, mit denen ein Büro geteilt wird, und die subjektiv empfundene Luftqualität einen Einfluss darauf, ob eine Klimatisierung als notwendig empfunden wird, während die Art der Arbeit, das Einkommen, das Geschlecht, das Körpergewicht und auch eine regelmässige sportliche Betätigung keine Rolle spielen.
Texte und Bilder dieses Berichts stehen auf der Website des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung. www.snf.ch > Medien > Bild des Monats
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Joëlle Hars
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