Eidg.Materialprüf.- u. Forschungsanstalt
FIB - ein Mikroskop mausert sich zur Werkbank
Bern (ots)
Erfolgreiche Untersuchungen auch für die Materialwissenschaften
Bis jetzt oft nur für die Fehleranalyse und Modifikation moderner Mikrochips und Halbleitersysteme eingesetzt, werden die beiden FIBs (Focused Ion Beam) an der Empa erfolgreich auch für den Einsatz auf Gebieten der Materialwissenschaften, der Füge- und Beschichtungstechnik und der Biologie herangezogen.
Beim langwierigen Herstellungsprozess von Mikrochips wirken sich Fehler im Schaltungsdesign verheerend auf Entwicklungs- und Lieferzeiten aus. Die Korrektur von Designfehlern mit klassischer Prozesslithographie kann mehrere Wochen dauern. Erst dann weiss der Chip-Ingenieur, ob seine Schaltung überhaupt funktioniert. Schneller und meist preiswerter geht's mit dem FIB: Eine Prototypen-Reparatur mit dem Ionenmikroskop, das in der Auflösung und Vergrösserung um Grössenordnungen über denen eines Lichtmikroskops liegt, sorgt innert weniger Stunden für Klarheit. Mit den beiden FIBs, die in einem Labor der Abteilung Elektronik/Messtechnik stehen, werden dazu geeignete Gase mit einem Gallium-Ionenstrahl an die fehlerhaften Stellen geleitet. Auf den Zehntelmikrometer genau werden damit lokal begrenzte «Mikroreaktionen» produziert - dünne, elektrisch leitende Schichten aus Wolfram oder Platin oder isolierende Filme aus Siliziumoxid lassen sich so örtlich äusserst präzise abscheiden. Mit seiner Fähigkeit, sowohl zu schneiden als auch Schichten zu deponieren, wird das FIB über seine Mikroskopeigenschaften hinaus zur Reparaturwerkbank fehlerhaft konstruierter Mikrostruktur-Prototypen. Mit der Pflege dieses Gebiets reicht das Arbeits- und Forschungsspektrum der Empa nunmehr von gewagten Strassenbrücken-Konstruktionen bis zur Charakterisierung von Strukturen im Bereich von einigen Nanometern.
Neue Einsatzgebiete für das FIB an der Empa:
Während die FIB-Methode sich in der Fehleranalyse und Modifikation moderner Mikrochips und mikromechanischer Systeme (MEMS=Micro Electro Mechanical Systems und MOEMS=Micro Opto-Electro Mechanical Systems) in den vergangenen Jahren fest etabliert hat, ist sie in Wissensgebieten mit teilweise vergleichbaren Anforderungen, wie etwa den Materialwissenschaften, der Füge- und Beschichtungstechnik oder der Biologie, noch kaum bekannt. Die Empa schlägt mit ihren beiden interdisziplinär konzipierten Anlagen eine Brücke zwischen herkömmlichen und neu zu erschliessenden Anwendungen.
Ein Fall für FIB in der Beschichtungstechnik:
Die Analyse eines Schadensfalls veranschaulicht, wie nützlich der Einsatz eines FIB für die Beschichtungstechnik sein kann. So bediente man sich des FIB, um einen scheinbar harmlosen Lackfehler an einer neuen Autotür zu analysieren. Unter dem unscheinbaren, mit einer einfachen Lupe kaum erkennbaren Lackfehler taten sich im FIB-Mikroschnitt unerwartete Abgründe auf: In der seitlichen, ebenfalls im FIB «in situ» erfolgten Inspektion war zu erkennen, wie ein Lufteinschluss im Grundierlack sich unter ständiger Volumenvergrösserung als Luftblase in die jeweils folgende Decklackschicht fortgesetzt hatte. Direkt unter der Oberfläche war so ein riesiger Hohlraum entstanden, der, von aussen kaum erkennbar, ein «unheimliches» Potenzial birgt. Er ist der geradezu «ideale» Speicher für Salzwasser und nachfolgende Korrosionsprobleme.
Was ist ein FIB?
Das Grundprinzip eines FIB ist einfach: An einem normalen Rasterelektronenmikroskop (REM) wird die Elektronenquelle durch eine Gallium-Ionen-Kanone ersetzt. Mit der Elektronenquelle eines REMs werden aus den Atomen der Probe Elektronen herausgeschlagen, ohne dass die Atome wesentlich verändert würden. Diese so genannten sekundären Elektronen geben sodann Aufschluss über die Topografie und Materialbeschaffenheit der Stelle, wo der (primäre) Elektronenstrahl auf die Probenoberfläche auftraf. Indem dieser Strahl nun, wie beim Fernsehbild, Zeile für Zeile über das Probenobjekt rastert, entsteht Punkt für Punkt, Zeile für Zeile ein Gesamtbild des Probenausschnitts.
Der Vorteil der FIB-Gallium-Ionen gegenüber dem Elektronenstrahl des REM liegt in ihrer um Grössenordnungen höheren Masse. Deshalb fällt die Wechselwirkung mit der Probe entsprechend massiver aus. Würde der Elektronenstrahl mit einem kleinen Taschenlämpchen verglichen, welches die Probe beleuchtet, so entspräche der Galliumstrahl einer sehr starken, aber regulierbaren Laserkanone. Mit dieser Kanone lässt sich Material sehr zielgenau und präzise aus der Probenoberfläche herausschlagen («sputtern»). Genau das beherrscht der Gallium-Ionenstrahl beim FIB - nur eben alles in viel winzigeren Dimensionen. Ganz nebenbei werden bei diesem Gallium-Ionen-Bombardement natürlich auch Sekundärelektronen aus der Probe freigeschlagen: Das ermöglicht über die Probenbearbeitung hinaus eine bildliche Betrachtung der Probe in einer Qualität, die den Vergleich mit guten REMs nicht zu scheuen braucht.
Der «dernier cri» in der FIB-Technologie ist die Kombination von FIB, Gaschemie und klassischem Rasterelektronenmikroskop in einer Anlage. Diese Anordnung wird als Dual-Beam-FIB bezeichnet und multipliziert die Vorteile des FIB mit denen der klassischen Rasterelektronenmikroskopie. Für bestimmte Anwendungen, wie etwa die präzise und schnelle Präparation von Proben für die noch stärker vergrössernde Transmissionselektronen-Mikroskopie, die früher ein zeitaufwendiges Spezialgebiet einiger weniger Experten war, schafft dies zusätzliche Vorteile und Möglichkeiten. Eine der beiden Anlagen an der Empa ist ein solches Dual-Beam-FIB.
Wer mehr Informationen über Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten dieser Anlagen wünscht, setzt sich mit einem der Empa-Spezialisten auf diesem Fachgebiet in Verbindung.
Kontakt:
Leiter Abteilung Elektronik/Messtechnik
Dr. Urs Sennhauser
Tel. +41/1/823'41'73
mailto:urs.sennhauser@empa.ch
Abteilung Elektronik/Messtechnik
Peter Jacob
Tel. +41/1/823'42'88
mailto:peter.jacob@empa.ch