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EMPA: Wissenschaft als Geschäft -- Vortrag von Prof. Gordon Edge, The Generics Group Ltd., Cambridge, Grossbritannien, am 27. Oktober 2004 an der Empa

Dübendorf (ots)

Prof. Gordon Edge, CBE, Gründer und Group
Chairman von Generics, der bekannten Unternehmens- und 
Technologieberatungsgruppe im britischen Cambridge, war kürzlich bei 
Empa zu Besuch und sprach über seine langjährigen Erfahrungen auf 
dem Gebiet der wirtschaftlichen Nutzung wissenschaftlicher 
Innovationen. Seine Firma mit dem erklärten Ziel der „Wertschöpfung 
aus Technologie“ ist international führend auf diesem Gebiet. Aus 
diesem Grund war es geradezu Musik in den Ohren der Anwesenden seine 
Aussage zur Kenntnis zu nehmen, dass der grösste Mehrwert im Rahmen 
der Herstellung innovativer Produkte durch die 
Materialwissenschaften und -technologie zu erwarten ist.
Als Gründer von Cambridge Consultants und PA Technology, bevor 1986 
Generics entstand – und Associate Professor an der Universität von 
Bath (eine der zahlreichen akademischer Funktionen, die er innehat), 
gibt es wohl nur wenige, die qualifizierter als Gordon Edge wären, 
sich zum Thema „Wissenschaft als Geschäft“ zu äussern. Und genau das 
war das Thema seiner Präsentation beim Empa Academy Afternoon Talk 
am 27. Oktober.
Keine einfache Sache
Im ersten Teil seiner Präsentation im Theodor Erismann Auditorium 
machte Gordon Edge seinen Zuhörerinnen und Zuhörern klar, dass die 
erfolgreiche Kommerzialisierung innovativer Technologien ein 
komplexer geschäftsbegründender Prozess ist. Es wäre viel zu 
einfach, anzunehmen, dass man für ein Startup lediglich eine gute 
Idee und etwas Bargeld bräuchte und dann automatisch profitieren 
könnte. Startups gibt es in diversen Formen – eine einheitliche 
Definition lässt sich nicht erstellen. Der Schlüssel zum Erfolg 
liegt darin, bei der Suche nach der optimalen Form des Startups 
äusserst flexibel vorzugehen.
Wissen als Schlüsselfaktor
Einfach ausgedrückt geht es beim Thema „Wissenschaft als Geschäft“ 
darum, ein wissenschaftliches Anliegen in eine Technologie 
umzuwandeln und diese anschliessend zu vermarkten. Spricht man so 
über das fundamentale Wesen wirtschaftlich nutzbarer Wissenschaft, 
muss man sich fragen: Woraus ergeben sich Wachstum und 
Wettbewerbsfähigkeit in einem neuen Unternehmen? Welche Faktoren 
können wachstumshemmend wirken? Gibt es einen optimalen Weg zu 
akzeptablem Wachstum, und was sind die besten Geschäftsmodelle? 
Professor Edge sprach dann über ein allgemeines Modell der 
gewerblichen Nutzung von Technologie, das alle vertikalen Elemente 
der Umwandlung von Wissenschaft in ein marktfähiges Produkt 
aufzeigt. Anhand des Modells konnte man klar erkennen, dass selbst 
grösste Unternehmen vollständig von der zu Grunde liegenden 
Technologie- und Wissenschaftsbasis und folglich auch von einem 
qualitativ hochwertigen Bildungssystem abhängig sind. Das Modell 
zeigt zudem, dass sich Marktchancen sowohl horizontal als auch 
vertikal ergeben können. Dadurch kann Geistiges Eigentum in den 
Materialwissenschaften zum Beispiel auch eigenständig für sich 
kommerziell genutzt werden – Flüssigkristalle, Licht emittierende 
Polymere und Titandioxid sind alle schon auf diese Weise eingesetzt 
worden.
Wirtschaftlich nutzbare Wissenschaft?
Als Nächstes untersuchte der Redner die Merkmale von wirtschaftlich 
nutzbaren neuen Wissenschaften. Als erste Voraussetzung nannte er 
Tatsache, dass diese Wissenschaften in wirtschaftlich nutzbare 
Technologien umwandelbar sein müssen. Um wirtschaftlich nutzbar zu 
sein, sollte eine neu entstehende Wissenschaft in der Lage sein, 
andere schon bestehende oder neu entstehende Wissenschaften oder 
Technologien zu durchdringen oder mit ihnen kombiniert zu werden – 
vorzugsweise auf interdisziplinäre Art. Auch muss die zu Grunde 
liegende Wissenschaft vollständig verstanden worden sein. Dies ist 
der Grund dafür, dass Hochtemperatur-Superleiter ihr Marktpotenzial 
anfänglich nicht erfüllen konnten, wenngleich es auf der anderen 
Seite auch zahlreiche Erfolge gibt: die Technologie beschreibbarer 
CDs auf der Grundlage der Physik des Mottenauges beispielsweise, 
oder das Kramer-Elastics-Snowboard „Decept“, bei welchem die 
Ergebnisse der Fluiddynamik zum Einsatz kommen, welche beträchtliche 
Verbesserungen der Geschwindigkeit und Steuerungsfähigkeit 
ermöglichen (in der ersten Saison wurden schon 10’000 Einheiten 
verkauft). Idealerweise, so Professor Edge, sollte man bei neu 
entstehenden Technologien in der Lage sein, eine 
Plattformtechnologie zu schaffen – also eine Technologie, die sehr 
verschiedene Märkte ähnlichen technologischen Ursprungs bedienen 
kann. Ein Beispiel für eine solche Plattformtechnologie ist das 
Rohmaterial Titandioxid, das auf radikal unterschiedliche Weise 
genutzt werden kann. Traditionell wurde Titandioxid als Pigment 
eingesetzt, doch gehören zu den neuen Verfahren auch die 
vereinfachte Umwandlung von Titandioxid in metallisches Titan (mit 
enormem Marktpotenzial als Ersatz für Aluminium) und die Nutzung 
einer hochgradig leitenden Form von Titandioxid, mit der Blei in 
Blei-/Säurebatterien ersetzt werden kann.
Mehrwert und Innovationskultur
Der Redner wandte sich dann den Themen Innovation in Forschung und 
Entwicklung sowie Mehrwert zu – ein ganz wichtiger Punkt, da 
Wettbewerbsvorteile im Markt stets durch den Mehrwert erzielt 
werden, der sich mit Produkten oder Dienstleistungen erzielen lässt. 
Eine entscheidende Quelle für Mehrwert ist kreative, innovative und 
effektive Forschung und Entwicklung, wenngleich auch kulturelle 
Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Glaubt ein Unternehmen daher 
von der Vorstandsetage abwärts an die Notwendigkeit innovativen 
Denkens, dann wird Innovation zu einem kulturellen Wert dieses 
Unternehmens und wird mit grösserer Wahrscheinlichkeit auch wirklich 
gelebt. Und Innovation ist der Schlüssel zum Erfolg. Die wichtigsten 
Faktoren der Unternehmenskultur sind Professor Edge zufolge das 
multi- und interdisziplinäre Arbeiten sowie ein Arbeitsumfeld, das 
zu innovativem Denken anhält.
Technologiefinanzierung und Wachstum
Im zweiten Teil seiner Präsentation konzentrierte sich Professor 
Edge auf die Geschäftsentwicklungsmodelle, die bei der Gründung 
wissenschaftlicher und technologischer Unternehmen zum Einsatz 
kommen. In der ersten Phase dieses Prozesses gilt es, genau zu 
bestimmen, welche neue Technologie kommerzialisiert werden soll. 
Hier ermutigte Prof. Edge die Forscher, an Konferenzen teilzunehmen, 
in interdisziplinären Workshops Ideen auszutauschen und verschiedene 
Labors zu besuchen. Zum Erfolg bedarf es Inspiration, Kreativität 
und sicher auch einer Portion Glück – ein Prozess, den Edge 
„nichtrationales Management“ nannte (nicht zu verwechseln mit 
„irrationalem Management“, wie der Professor schmunzelnd anfügte). 
Ermöglicht wird all dies durch eine nach aussen orientierte, 
interdisziplinäre Organisationskultur. Die beste Möglichkeit, einer 
grossen Menge Forschungsmaterial ein entscheidendes Stück neu 
entstehender Wissenschaft zu entnehmen, ist der Peer-Review, nachdem 
das erfolgreiche Projekt die Einstufungsphase erreicht. Dies ist ein 
überaus wichtiger Abschnitt, bei dem es möglich wird, Arbeiten, die 
sich u. U. noch im akademischen Stadium befinden, so 
weiterzuentwickeln, dass sie das Potenzial der Nutzbarkeit erhalten. 
Genau hier, auf dieser grundwissenschaftlichen oder 
frühtechnologischen Stufe, werden richtungsweisende Experimente 
finanziert und Schritte unternommen, um geistiges Eigentum zu 
schützen. Oft erweist es sich als schwierig, zu diesem Zeitpunkt von 
traditionellen gewerblichen Investoren finanzielle Unterstützung zu 
erhalten. Dennoch berichtete Prof. Edge über eine Reihe 
erfolgreicher Projekte, die auf dieser Stufe des Wachstums von 
Generics gefördert worden sind. Mit dem Reifen der neuen Technologie 
schlossen sich weitere Inkubationsstufen an, während denen sich das 
neue Geschäft allmählich herausbilden konnte – ohne dabei die 
Vorteile seiner Betreuung in einem multidisziplinären und 
anspruchsvollen Umfeld einzubüssen. Geht man bei der Gründung eines 
unabhängigen Startups zu schnell und ohne diesen bewussten Prozess 
vor, steigt das Risiko von Fehlschlägen. Andererseits ist es auf 
dieser Stufe auch recht einfach, ein wenig erfolgreiches neues 
Geschäft einzustellen. Die nächste Stufe der Entwicklung ist der so 
genannte „Spin-out“, bei dem eine Gruppe von Mitarbeitern die 
Muttergesellschaft verlassen und eine neue Firma gründen, an der die 
Muttergesellschaft beteiligt ist. Für diesen Prozess gibt es auch 
noch andere Ansätze – zum Beispiel Entwicklungsfirmen, Startups (das 
konventionelle durch Wagniskapital finanzierte Modell), verschiedene 
Formen von Gemeinschaftsunternehmen sowie Lizenzierungen (der 
traditionelle Ansatz für die Nutzung geistigen Eigentums).
Gebührende Sorgfalt
Professor Edge beendete seine Präsentation mit einigen Gedanken zum 
Due Diligence Prozess. Hier geht es im Grunde darum, entscheidende 
technologische Problemstellungen anzusprechen, die den Erfolg der 
Entwicklung massgeblich mitbestimmen. Diese kritischen Bereiche 
müssen vorab in einem gleichzeitig laufenden technischen Programm 
untersucht werden. Due Diligence ist der Vorläufer und die Grundlage 
für den detaillierten Investment-Planungsprozess. Bei diesem Prozess 
werden abgestufte Pläne für das Forschungs- und Entwicklungsprogramm 
der neuen Firma und für die Entwicklung von Marketing und Verkauf 
erstellt. Auf die Frage, wie er die Rolle staatlicher Behörden im 
Prozess der geschäftlichen Entwicklung sehe, erwiderte Professor 
Edge, dass es am effektivsten sei, wenn die Behörden für ein 
innovationsförderndes kulturelles Umfeld sorgten, sich aber danach 
zurückzögen und die Unternehmer ungehindert arbeiten liessen. Ein 
anderer Teilnehmer wollte wissen, was für einen Wissenschaftler mit 
einer guten Idee, die kommerziellen Nutzen verspricht, der erste 
Schritt wäre. Hier riet Gordon Edge zu einer Vorführung bzw. einem 
Labor-Prototypen, um anderen zeigen zu können, dass die Idee 
tatsächlich funktioniert – was immer noch die beste Methode sei, um 
Skeptiker zu überzeugen. Ein anderer Empa-Wissenschaftler, der 
bereits an diesem Punkt angekommen ist, erkundigte sich, ob er von 
Generics Geldmittel hierfür erhalten könnte. Professor Edges bejahte 
dies. Alles in allem erwies sich die Präsentation von Professor Edge 
als äusserst interessant, informativ und zum Weiterdenken anregend. 
Die Empa Mitarbeiter unter den Besuchern, die sich mit dem Gedanken 
tragen, eine neuartige Technologie zu kommerzialisieren, wurden 
durch den Vortrag sicherlich ermutigt, ihre persönliche Idee eines 
Spin-offs noch gezielter zu verfolgen.
Autor: Peter Dias, Empa (Originaltext in Englisch)

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