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Eidg.Materialprüf.- u. Forschungsanstalt

Holzzersetzende Pilze verbessern akustische Materialeigenschaften von Holz -- Mit Pilzen zum perfekten Geigenklang

Dübendorf (ots)

Seit Jahrhunderten sind Geigenbauer auf der Suche
nach dem perfekten Klang – neuerdings auch HolzforscherInnen der 
Empa. In Zusammenarbeit mit dem «Meisteratelier für Geigenbau» in 
München infizieren sie Holz mit ausgewählten Pilzen mit dem Ziel, 
die akustischen Eigenschaften des Materials zu verbessern. Erste 
Erfolge sind bereits zu verbuchen und ein Patent wurde am 15. Juni 
angemeldet. Zu sehen ist das verpilzte Geigenholz am Tag der offenen 
Tür, am 18. Juni, in St. Gallen.
Stradivari-Geigen aus dem achtzehnten Jahrhundert verzaubern 
Musikkenner weltweit mit ihrem einzigartigen Klang. Zahllose 
Hypothesen versuchen zu erklären, warum diese Instrumente so 
einzigartig tönen: Verwendete Stradivari geheimnisvolle 
Lackrezepturen, Grundierungen oder Mineralstoffe? Eine andere 
Theorie vermutet, dass die besonderen Klimabedingungen der «goldenen 
Ära» Stradivaris (1644 bis 1737) der Grund seien. Während des so 
genannten Maunder-Minimums, einer aussergewöhnlichen Kälteperiode 
von 1645 bis 1715, liessen lange Winter und kühle Sommer die Bäume 
langsam und gleichmässig wachsen. Holz aus dieser Zeit weist 
deswegen spezielle Materialeigenschaften auf, unter anderem eine 
herausragende Klangqualität. Die HolzforscherInnen der Empa haben 
nun gemeinsam mit Martin Schleske, Geigenbaumeister und Physiker in 
München, erforscht, wie sich mit Hilfe holzzersetzender Pilze 
ähnliche akustische Materialeigenschaften erzielen lassen.
Materialwissenschaften für den Instrumentenbau
Die Qualität von Klangholz wird massgeblich durch seine 
physikalischen Eigenschaften bestimmt. Sehr gut geeignet ist Holz 
mit geringer Dichte, hoher Schallgeschwindigkeit und hoher 
Biegesteifigkeit. Denn dadurch verbessern sich die 
Resonanzeigenschaften des Musikinstruments und die Klangabstrahlung 
steigt. Hier liegt der grosse Vorteil von Holz gegenüber anderen 
Materialien wie zum Beispiel Metall. Die Schallgeschwindigkeit liegt 
für Fichtenholz zwischen 4800 m/s und 6200 m/s und die Dichte 
schwankt zwischen 320 kg/m3 und 420 kg/m3. Im Vergleich dazu weist 
Stahl zwar eine ähnlich hohe Schallgeschwindigkeit auf, doch die 
Dichte von über 7000 kg/m3 ist extrem hoch. Holz für den Geigenbau 
muss daher hohe Qualitätskriterien erfüllen. Es muss astfrei und 
leicht sein und es muss gleichmässige, helle Jahrringe haben. 
Ausgewählte Bäume aus den Hochlagen der Südalpen erfüllen diese 
Kriterien. Vor allem aber das Holz aus der Zeit des Maunder-Minimums 
hat wegen des verlangsamten Baumwachstums eine äussert geringe 
Dichte und schmale Jahrringe. Exzellente Voraussetzungen für 
hochwertiges Klangholz.
Verpilztes Holz für Meistergeigen
Das aussergewöhnliche Klima des Maunder-Minimus lässt sich nicht 
zurückbringen. Die ForscherInnen der Empa haben jedoch einen 
Alternative entdeckt: Holzzersetzende Pilze. Diese knabbern an den 
Zellwänden und vermindern dadurch die Holzdichte – eine wichtige 
Voraussetzung für hohe Klangqualität. Die meisten Pilzarten 
reduzieren allerdings gleichzeitig Schallgeschwindigkeit und 
Biegesteifigkeit des Materials – ein unerwünschter Nebeneffekt. Das 
Geheimnis liegt deshalb darin, diejenige Pilzart zu finden, welche 
zwar die Dichte des befallenen Holzes vermindert, nicht aber die 
Ausbreitung von Schallwellen behindert oder die feste Holzstruktur 
zerstört. Mit einem solchen Pilz liesse sich gezielt hochwertiges 
Holz – ähnlich dem der Stradivari-Geigen – herstellen. Über Monate 
züchteten die HolzforscherInnen deswegen verschiedene Pilzarten, 
infizierten damit kleine, sterilisierte Holzbrettchen und lagerten 
die pilzbehandelten Proben in Klimakammern unter kontrollierten, 
feuchtwarmen Bedingungen. Die Pilze wucherten, bizarre Fruchtkörper 
wuchsen auf der Oberfläche der Proben und Pilzfäden durchdrangen das 
Holzinnere. Einige Brettchen wurden nach vier Wochen, andere nach 
acht oder zwölf Wochen aus den Klimakammern geholt, von Pilzresten 
befreit und gründlich analysiert; Die ForscherInnen vermassen 
Gewichtsverlust, Schallgeschwindigkeit, Biegesteifigkeit, 
Eigenfrequenzen und andere physikalischen Materialeigenschaften in 
den Labors der Empa.
Geeigneter Pilz gefunden
Die Suche nach dem Meisterpilz war erfolgreich. Die
wissenschaftlichen Untersuchen zeigen: mehrere der ausgewählten
holzzersetzenden Pilzarten verbessern deutlich die Klangqualität der
Holzproben. Vor allem für Ahornholz, das traditionell für die
Bodenplatte im Geigenbau verwendet wird, sind die Ergebnisse sehr
vielversprechend. Ein Patent wurde bereits angemeldet. Die grosse
Herausforderung liegt nun darin, das Verfahren, welches bisher nur
auf kleinen Holzbrettchen von 2.5 cm x 10 cm Grösse angewandt wurde,
auf grössere Holzplatten auszudehnen. Die erste Geige aus verpilztem
Holz wird daher erst in zwei bis drei Jahren zum Spielen bereit sein.
Autorin 
Dr. Bärbel Zierl, Abteilung Kommunikation, Tel. 044 823 49 09, 
baerbel.zierl@empa.ch
Kontakt 
Dr. Francis Schwarze PD, Abteilung Holz, Tel. 071 274 7247, 
francis.schwarze@empa.ch 
Melanie Spycher, Abteilung Holz, Tel. 071 274 76 24, 
melanie.spycher@empa.ch

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