comparis.ch zur Ärztedichte in der Schweiz - Es bitzeli meh» - solange es nichts kostet
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Zürich (ots)
Information: Die Grafik "Wahrgenommene Ärztedichte und reale Ärztedichte pro Kanton" kann unter www.presseportal.ch/de/pm/100003671 kostenlos heruntergeladen werden.
Über jeder vierte Schweizer sieht einen Mangel an Hausärzten in seiner Region, auf dem Land ist es sogar jeder Dritte. Bei den Spezialärzten wird die Situation etwas positiver eingeschätzt. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage von 20 Minuten Online, comparis.ch und gfs.bern. Wird den Befragten aber bewusst, dass eine hohe Ärztedichte auch ihren Preis hat, dürfen es gern weniger Ärzte sein.
Drohender Ärztemangel ist immer wieder ein Thema. So wird bereits über eine Lockerung des Numerus Clausus für das Medizinstudium diskutiert und der Ständerat hat in der letzten Session Massnahmen zur Förderung der Hausarztmedizin beschlossen. Gleichzeitig haben im laufenden Jahr deutlich mehr Spezialärzte eine eigene Praxis eröffnet. Grund dafür ist die Aufhebung des Zulassungsstopps. Die Kantone und die Ärzteverbindung FMH verlangen eine gebremste Zulassung neuer Spezialarztpraxen. Voraussichtlich heute informiert die entsprechende Kommission des Ständerates über eine Motion, die die Ärztezulassung wieder steuern will. Doch wie nehmen Herr und Frau Schweizer die Versorgung durch Hausarzt und Spezialisten wahr? Diese Frage untersuchten 20 Minuten Online und der Internet-Vergleichsdienst comparis.ch im Rahmen ihrer zusammen durchgeführten «grossen Schweizer Ärzte-Studie». Für die Studie hat das Marktforschungsinstitut gfs.bern repräsentativ über 6600 Personen ab 15 Jahren in der gesamten Schweiz telefonisch und online befragt.
Die Umfrage zeigt, dass vor allem bei den Hausärzten ein Mangel wahrgenommen wird. So geben 28 Prozent der Befragten an, dass es in ihrer Region zu wenige Hausärzte geben würde. 37 Pro-zent denken, es gebe genügend Allgemeinpraktiker. 7 Prozent der Befragten denken sogar, es gebe zu viele Hausärzte und 28 Prozent konnten oder wollten die Frage nicht beantworten. Auffal-lend: Auf dem Land akzentuiert sich der wahrgenomme Hausärztemangel noch. Hier sagt jeder Dritte, es gebe zu wenig Allgemeinpraktiker. Dies bestätigt auch die Auswertung der einzelnen Kantone. In ländlichen Kantonen wie Freiburg, Neuenburg oder Jura wird der Ärztemangel sogar mehrheitlich von den Befragten geäussert (vgl. Grafik). Dabei ist der wahrgenommene Mangel kaum davon abhängig, ob es viele oder wenige Ärzte gibt. So ist die Ärztedichte in Neuenburg leicht über dem Schweizer Durchschnitt, in Freiburg und Jura darunter.
Selbst das Spezialärzte-Angebot ist einigen noch zu klein
Ein wenig anders sieht es bei den Spezialärzten aus. Aber auch hier finden noch 20 Prozent der Befragten, es gebe zu wenige davon. 29 Prozent finden die Anzahl der Spezialisten genau richtig und 14 Prozent denken, es gebe zu viele Spezialärzte. Auch hier zeigt sich ein Stadt-Land-Graben: Auf dem Land wird eher eine Unterversorgung durch Spezialisten wahrgenommen (27 Prozent der Befragten geben dies an) als in den Grossstädten (14 Prozent). Felix Schneuwly, Krankenkassen-Experte von comparis.ch, relativiert die wahrgenommene Ärztedichte der Bevölkerung: «Auf dem Land gibt es zwar weniger Hausärzte und noch weniger Spezialisten als in der Stadt, eine Unterversorgung ist jedoch zurzeit nicht zu befürchten». So gebe es neben Ärzten auch noch weitere hervorragend ausgebildete Gesundheitsfachleute und im internationalen Vergleich sei die Schweiz sowohl bei der Ärztedichte als auch bei der des Pflegepersonals spitze, sagt der Krankenkassen-Experte. Wichtiger sei die Frage, ob eine höhere Ärztedichte zu einer besseren medizinischen Qualität führe oder ob mehr Transparenz, eine Vernetzung der Angebote und effizientere Abläufe nicht auch medizinisch sinnvoller wären.
14 Minuten bis zum Hausarzt, 25 zum Spezialisten
Die Anzahl der Ärzte hat auch einen Einfluss darauf, wie schnell man bei seinem Hausarzt oder Spezialisten ist. Hier bestätigt sich Schneuwlys Einschätzung, dass aktuell keine Unterversorgung droht. So sind die Befragten im Durchschnitt innert 14 Minuten bei ihrem Hausarzt und in 25 Minuten bei ihrem wichtigsten Spezialisten. Wer in einer der grössten Schweizer Städte wohnt, benötigt sogar etwas länger zu seinem Hausarzt im Vergleich zu jemandem, der auf dem Land wohnt.
Weniger Ärzte, wenn es weniger kostet
Eine hohe Ärztedichte ist nicht nur für die Dauer der Anreise entscheidend, sondern schlägt sich auch im Portemonnaie der Versicherten nieder. So haben Kantone mit einer hohen Ärztedichte wie Basel-Stadt oder Genf eher hohe Krankenkassen-Prämien. In Kantonen mit weniger Ärzten sind diese hingegen eher tief, so zum Beispiel in Uri sowie Nidwalden. Deshalb sollten die Befragten auch sagen, ob sie zu einer längeren Anreise zu ihrem Arzt bereit wären, wenn im Gegenzug ihre Krankenkassenprämien etwas sinken würden. Würden die Prämien 20 Franken pro Monat sinken, wäre immerhin jeder fünfte Befragte bereit, einen 30 Minuten längeren Weg auf sich zu nehmen. Wenig überraschend: Würden die Prämien stärker sinken, nähme auch die Bereitschaft zu, 30 Minuten mehr Weg auf sich zu nehmen. Bei 50 Franken tieferen Prämien wären 36 Prozent zu einer längeren Anreise bereit, bei einer Prämienreduktion von 100 Franken 58 Prozent.
Mehrkosten von über 640 Millionen Franken drohen
Dass so viele Befragte bereits bei wenig Einsparung einen weiteren Weg zu ihrem Arzt in Kauf nehmen würden, überrascht angesichts der Resultate zum wahrgenommenen Ärztemangel. Für Krankenkassen-Experte Schneuwly gibt es hingegen eine gute Erklärung dafür: «Eigentlich kann es nie genug geben. Wenn man sich der damit verbundenen Kosten bewusst wird, dürfen es gerne auch etwas weniger Ärzte sein.» Dass die Anzahl der Ärzte abnimmt und so der Anstieg der Gesundheitskosten abgedämpft wird, ist eher unwahrscheinlich. Denn durch die Aufhebung des Zulassungsstopps für Spezialarztpraxen Anfang Jahr hat die Zahl der neuen Praxisbewilligungen zugenommen. Seit Anfang Jahr haben 1285 Spezialärzte eine Zulassung für eine Arztpraxis erhalten. In Gegenden mit mehr Spezialärzten werden auch mehr Spitalleistungen erbracht. Somit droht in den kommenden Jahren ein stärkerer Anstieg der Gesundheitskosten als in jüngster Ver-gangenheit. Alleine für jede zusätzliche Praxis eines Spezialisten entstehen Mehrkosten von einer halben Million Franken pro Jahr. Würden alle diese Ärzte eine Praxis eröffnen, hätte das zusätzliche Kosten von über 640 Millionen Franken zu Lasten der Grundversicherung zur Folge. Auffallend dabei: In urbanen Kantonen gibt es deutlich mehr Praxiszulassungen als in ländlichen Kantonen. «Kantonen mit grossen Zentren, die in der Regel bereits hohe Prämien haben, droht so ein weiterer Kostenschub», sagt Schneuwly.
Kontakt:
Felix Schneuwly
Krankenkassen-Experte
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