PD: Vorlage für einen neuen Medienartikel wird nach weitgehend positiver Vernehmlassung dem Nationalrat unterbreitet
(ots)Letzten Herbst beauftragte die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates den Bundesrat mit der Durchführung einer Vernehmlassung zu der von ihr ausgearbeiteten Ergänzung der Bundesverfassung mit einem Artikel betreffend Medienpolitik. Angesichts der Umstrittenheit früherer Vorlagen für eine verfassungsrechtliche Verankerung der Medienpolitik durfte man auf die Ergebnisse der Vernehmlassung gespannt sein. Diese zeigen, dass eine verfassungsrechtliche Verankerung der Medienpolitik bei der grossen Mehrheit der Parteien und Kantonsregierungen Zustimmung findet. Uneinheitlich präsentierten sich die Vertreter der Medienbranche: Während insbesondere der Verband Schweizer Presse äusserst skeptisch reagierte, begrüssten die elektronischen Medien, verschiedene Kleinverleger und auch ein Teil der Organisationen der Medienschaffenden die Verfassungsbestimmung.
Die von der SPK ausgearbeitete und am 5. September 2002 einstimmig verabschiedete Vorlage bringt eine verfassungsrechtliche Verankerung der Medienpolitik. Die Schweiz kennt bis heute nur eine indirekte Presseföderung durch die Verbilligung des Transports von Zeitungen und Zeitschriften. Diese mittlerweile sehr umstrittenen indirekten Subventionen basieren auf Artikel 15 des Postgesetzes, dessen Verfassungsgrundlage doch ziemlich weit hergeleitet werden muss. Nun soll eine explizite Verfassungsgrundlage geschaffen werden, welche zielgerichtetere Massnahmen erlaubt. Dadurch wird es möglich sein, das unbefriedigende System der indirekten Unterstützung durch Verbilligung der Posttaxen durch eine direkte Subventionierung von Presseerzeugnissen, welche bestimmte Kriterien erfüllen, abzulösen. Zusammen mit dem Verfassungsartikel betreffend Radio und Fernsehen entsteht somit die Grundlage für eine zusammenhängende Medienpolitik aus staatspolitischer Sicht. Entsprechende Bestimmungen zur Umsetzung könnten dereinst in einem Medienvielfaltsgesetz zusammengefasst werden. Die Verfassungsbestimmung erlaubt es im Übrigen durchaus, gewissen Presseerzeugnissen, die einem gemeinnützigen oder kulturellen Zweck dienen, weiterhin Transportvergünstigungen zukommen zu lassen, wenn sie die Kriterien einer direkten Subvention nicht erfüllen. Ist der erste Versuch der SPK für eine verfassungsrechtliche Verankerung einer umfassenden Medienpolitik im Jahre 1999 in der Vernehmlassung noch auf grosse Skepsis gestossen, so fand diese Vorlage nun eine deutlich bessere Aufnahme. Grundsätzlich positiv aufgenommen wurde die neue Verfassungsbestimmung bei der Mehrzahl der Kantonsregierungen (16), bei den Parteien (CVP, SP, Grüne, CSP, EVP, EDU; mit Vorbehalten FDP und LPS), bei den Vertretern der elektronischen Medien, den Gewerkschaften, den Non-profit- Organisationen, bei verschiedenen kleinen Verlagen, den Konsumentenorganisationen (mit Vorbehalten), der Medienwissenschaft und der Post. Negativ aufgenommen wurde die neue Bestimmung vom Verband Schweizer Presse und verschiedenen ihm angeschlossenen Verlagen, von 5 Kantonsregierungen, von der SVP sowie von den Unternehmerverbänden. Da seitens der Mehrzahl der politischen Akteure offenbar Konsens darüber besteht, dass angesichts der zunehmenden Monopolisierungstendenzen insbesondere im regionalen Pressewesen gehandelt werden muss, unterbreitet die Staatspolitische Kommission ihre Vorlage dem Rat. Sie beantragt dem Büro die Behandlung in der Herbstsession, damit die Schaffung der Grundlagen für eine langfristige Pressepolitik voranschreiten kann. ___________________________________ Im Zusammenhang mit der Beratung des neuen Ausländergesetzes (02.024) und der Teilrevision des Asylgesetzes (02.060) hat die Kommission die Standesinitiativen der Kantone St. Gallen und Aargau vorgeprüft. St. Gallen fordert, dass Personen in Haft genommen werden können, wenn sie ihre Identität nicht oder vermutlich falsch angeben (03.300). Aargau verlangt, dass mit Herkunftsstaaten von Asylsuchenden Rückführungsabkommen abzuschliessen sind; gegenüber Staaten, die sich nicht kooperativ verhalten, sei jegliche staatliche Hilfe einzustellen (03.304). Nach Anhörung der Vertretungen der Kantone hat die Kommission beschlossen, beiden Standesinitiativen Folge zu geben (St. Gallen: 16:8; Aargau: 9:9 Stimmen, 3 Enthaltungen, Stichentscheid des Präsidenten). Die definitiven Entscheide über die Anliegen der beiden Initiativen werden im Rahmen der Behandlung des Ausländergesetzes und der Teilrevision des Asylgesetzes gefällt werden. Der Nationalrat wird diese Gesetzesvorlagen als Erstrat voraussichtlich in der Herbst- und Wintersession dieses Jahres behandeln. _____________________________________ Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates tagte am 3./4. Juli 2003 in Bern unter dem Vorsitz von Herrn Nationalrat Charles- Albert Antille (FDP/VS). Über weitere an dieser Sitzung gefällte Beschlüsse wird die Kommission Anfang nächster Woche informieren.
Bern, 4. Juli 2003 Parlamentsdienste
Auskünfte: Andreas Gross (zu Medien und Demokratie), Präsident der Subkommission Medien und Demokratie der SPK (im Sitzungszimmer 87 Tel. 031 322 99 87) Ruth Lüthi (zu Medien und Demokratie), stv. Kommissionssekretärin, Tel. 031 322 98 04 Stefan Wiedmer (zu den Standesinitiativen der Kantone St. Gallen und Aargau), wiss. Mitarbeiter, Tel. 031 322 88 74