PD: Parlamentarische Mitwirkung bei der vorläufigen Anwendung von Staatsverträgen
(ots)Die Diskussionen über das Luftverkehrsabkommen mit Deutschland führen zu einer Verbesserung der parlamentarischen Mitwirkung in der Aussenpolitik. Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates schlägt vor, dass der Bundesrat in Zukunft genehmigungspflichtige Staatsverträge nur noch nach vorheriger Konsultation der zuständigen parlamentarischen Kommissionen vorläufig anwenden darf.
Für die Genehmigung von Staatsverträgen ist das Parlament zuständig, sofern der Bundesrat nicht durch ein Gesetz oder einen anderen Vertrag zum selbstständigen Vertragsabschluss ermächtigt ist. Wenn eine besondere Dringlichkeit es gebietet, hat der Bundesrat aber bisher ohne explizite rechtliche Grundlage die Kompetenz beansprucht, einen genehmigungspflichtigen Vertrag vorläufig anzuwenden. Der konkrete Fall der vorläufigen Anwendung des umstrittenen, später vom Parlament nicht genehmigten Luftverkehrsabkommens mit Deutschland hat Ständerätin Spoerry veranlasst, eine gesetzliche Regelung der vorläufigen Anwendung von Staatsverträgen zu verlangen. Nachdem der Ständerat im März 2003 der parlamentarischen Initiative von Ständerätin Spoerry (02.456) Folge geben hatte, hat die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates nun mit 7:0 Stimmen bei 3 Enthaltungen den Entwurf einer Gesetzesrevision verabschiedet in der Form einer eigenen parlamentarischen Initiative (03.459), da sich der Entwurf vom ursprünglichen Vorschlag von Ständerätin Spoerry erheblich unterscheidet. Die vorläufige Anwendung eines Staatsvertrages durch den Bundesrat ist zwar unter Umständen zweckmässig und notwendig. Dieses Verfahren stellt aber das Parlament bei der späteren Genehmigung des Vertrages vor die wenig befriedigende Alternative, entweder die bereits geschaffenen vollendeten Tatsachen zu akzeptieren oder aber das bereits angewendete Recht nach kurzer Zeit wieder aufzuheben, was der Rechtssicherheit und insbesondere auch der aussenpolitischen Glaubwürdigkeit der Schweiz nicht förderlich ist. Der Bundesrat soll daher gesetzlich verpflichtet werden, vor einer vorläufigen Anwendung die zuständigen Kommissionen zu konsultieren. Er wird zwar durch die Stellungnahmen der Kommissionen nicht gebunden, bleibt also zuständig für die vorläufige Anwendung - ein notwendiges Instrument zur Wahrung der aussenpolitischen Führungsverantwortung des Bundesrates. Im Falle einer eindeutig negativen Stellungnahme muss er bei einer vorläufigen Anwendung aber mit einer nachträglichen Ablehnung des Vertrages durch die Bundesversammlung rechnen. Er wird diesfalls in der Regel im Interesse der Rechtssicherheit und der aussenpolitischen Glaubwürdigkeit der Schweiz auf die vorläufige Anwendung verzichten. Die in der Abstimmung mit 5:5 Stimmen und Stichentscheid des Kommissionspräsidenten unterlegene Kommissionsminderheit möchte einen Schritt weitergehen. Wenn das Parlament für die Genehmigung eines Staatsvertrages zuständig sei, so müsse es auch in letzter Instanz über dessen vorläufige Anwendung befinden können. Diese Anwendung eines Vertrages habe für die Bürgerinnen und Bürger nämlich dieselben Auswirkungen wie die Anwendung eines genehmigten Vertrages. Da der Entscheid über die vorläufige Anwendung rasch getroffen werden muss, sollen die Aussenpolitischen Kommissionen stellvertretend für die Räte innert einer kurzen Frist Einspruch gegen die vorläufige Anwendung erheben können.
Bern, 20.11. 2003 Parlamentsdienste
Auskünfte: Martin Graf, Kommissionssekretär, Tel. 031 322 97 36