Logiernächterückgang Wintersaison 2001/2002: Umfassende Massnahmen sollen Abwärtstrend stoppen
Bern (ots)
Nach der Tourismuskrise vom Herbst 2001 hatte die Schweizer Hotellerie einen schwierigen Winter zu bewältigen: Nach ersten Hochrechnungen musste sie einen Rückgang der Logiernächte von 7.7 Prozent sowie Umsatzeinbussen von 1.5 Prozent in Kauf nehmen. Dass sich die Prognosen vom letzten Herbst (Logiernächte -11 %) nicht ganz bewahrheitet haben, ist u.a. den sofort eingeleiteten Marketingmassnahmen auf Betriebs- und Branchenebene zu verdanken. Für den Sommer 2002 erwarten die Hoteliers eine weitere Verschlechterung der Lage. Zusätzlich zu den eigenen Bestrebungen der Branche, sind mittelfristig wirksame Verbesserungen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen notwendig.
Die Logiernächtentwicklung der Wintersaison 2001/2002 wird mit einem Rückgang von 7.7 Prozent (1,1 Millionen Logiernächte) deutlich unter dem Vorjahreswert von 14,5 Millionen Logiernächten liegen und im reinen Beherbergungsgeschäft einen Ertragsausfall von 170 Millionen Franken bewirken. Der Gesamtumsatz der Wintersaison wird sich gegenüber dem Vorjahr jedoch nur um etwa 1.5 Prozent oder 60 Millionen Franken reduzieren. Da sich der Beherbergungsumsatz pro Logiernacht lediglich um 2.3 Prozent auf durchschnittlich 152 Franken pro Nacht erhöhte, gelang es den Hoteliers offensichtlich, den Minderertrag aus dem reinen Beherbergungsgeschäft mit Mehrerträgen aus Zusatzdienstleistungen wie Restauration, "Wellness", Seminar- und Kongressdienstleistungen zu kompensieren.
Unterschiedliche Betroffenheit
Gemäss Hochrechnung erstreckte sich die tiefere Auslastung über alle Regionen und sämtliche Hotelklassen, allerdings in unterschiedlichem Ausmass: Die grossen Verlierer waren - wie bereits im letzten September - die Stadthotels, allen voran die Zürcher (-25 %) und neu auch die Genfer (-12.75 %), gefolgt von den Regionen Berner Oberland (-10.26 %) und der Nordschweiz (-9,54 %). Am besten schnitten die Ostschweiz (-3,38 %)und das Tessin (-3,38 %) ab, gefolgt von der Zentralschweiz (-5,17%), dem Wallis (-5.29%) und dem Graubünden (-6,3 %). Bei den Hotelklassen verzeichneten die 0- und 1-Stern-Hotels (16,6% u. 15,4%), aber auch die 5-Stern-Hotels (-9.8 %) die grössten Einbussen. Den Rückgang abfedernd dürfte sich die zusammen mit Schweiz Tourismus in den umliegenden Ländern lancierte "Winterkampagne" sowie das im November eröffnete Internet-Hotelportal mit Direktbuchungsmöglichkeit ausgewirkt haben.
Expo02 soll Sommerergebnis verbessern
Hinsichtlich der Sommersaison 2002 sind die Hoteliers eher pessimistisch und rechnen mit einem weiteren Rückgang an Logiernächten, Umsatz und einem geringeren Betriebsergebnis. Dazu kommt, dass die im neuen L-GAV festgelegten Mindestlöhne einen kaum auf die Konsumenten überwälzbaren Lohnteuerungsschub von 5-7 % bewirken und die knappen Margen weiter verengen werden. Weitet sich die Nahostkrise nicht aus und stabilisieren sich die Wechselkurse, bestehen jedoch Chancen, dass sich der Pessimismus der Hoteliers nicht erfüllen wird. Denn bereits im Januar 2002 sind bedeutende Marketing-Massnahmen eingeleitet worden: Die Marketing-Kooperation mit der Expo-02 und die weltweite Vermarktung des Expo-Hotelführers; die verstärkte Präsenz der Buchungsplattformen an internationalen Messen sowie die im März von Schweiz Tourismus lancierte Bergkampagne. Allgemein rechnet die Hotellerie gegen Mitte 2002 mit einem Aufschwung der weltweiten Konjunkturlage.
Einfluss wirtschaftspolitischer Massnahmen:
Bilaterale Verträge können Personal verknappen
Die am 1. Juni 2002 in Kraft tretenden bilateralen Verträge werden sich kurz- und mittelfristig unterschiedlich auf die Wettbewerbssituation der Schweizer Hotellerie auswirken: Da Gastronomiefachleute aus der EU-/EFTA wegen allgemein höherem Lebensstandard und abnehmender Mobilitätsbereitschaft immer schwieriger zu rekrutieren sind, kann das neue Kontingent für Angehörige aus Drittstaaten (nur noch 9'000 Bewilligungen, gegenüber 130'000 Bewilligungen für EU-/EFTA-Angehörige) als knapp und für die Hotellerie als "kritisch" bezeichnet werden. Dazu kommt, dass die typischen Berufe der Gastronomie nicht unter die zur Bedingung gesetzten "hochqualifizierte Berufskräfte" gehören. Auch die neue geographische Mobilität (Bewilligungen sind nicht mehr an Arbeitgeber gebunden) wird sich auf den Wettbewerb auswirken: Weniger attraktive Standorte und Arbeitsplätze werden künftig noch mehr Mühe haben, gutes Personal zu rekrutieren.
Attraktive Arbeitsplätze als Strategie
Erst bei Inkraftsetzung der vollen Personenfreizügigkeit mit den EU-/EFTA-Staaten in etwa fünf Jahren, wird sich zeigen, ob die Schweizer Hotellerie mit den ausländischen Arbeitsmärkten konkurrieren kann. Bis dahin müssen die Hoteliers die Arbeitsbedingungen in den Betrieben weiter verbessern: Dazu gehören - neben dem Salär - auch ein fortschrittliches Personalmanagement, Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, Qualitätsmanagement und der Zugang zu einem durchgängigen Bildungssystem, von der Berufslehre bis zur Fachhochschule.
Impulsprogramm verstärken
Eine wichtige Voraussetzung für die angestrebte Steigerung der Attraktivität des Hotelstandorts Schweiz und dessen Arbeitsplätze stellen die im soeben vernehmlassten "Tourismusbericht des Bundes" dargestellten Massnahmen zur Verbesserung der touristischen Rahmenbedingungen dar. Für die Hotellerie stehen vorallem zwei Themen im Brennpunkt: Die Förderung von "Innovation und Zusammenarbeit (Innotour)" sowie das neue Hotel- und Kurortfinanzierungsgesetz. "Innotour" soll Qualitätsverbesserungen wie die Weiterverbreitung des Qualitätsgütesiegels oder die Professionalisierung von überbetrieblichen touristischen Infrastrukturn (z.B. die nationale Buchungsplattform) finanziell begünstigen. Da aus der Sicht der Hotellerie die jährlich zur Verfügung stehenden 5 Millionen Franken nicht ausreichen, um langfristig wirksame Impulse zu geben, beantragt der Schweizer Hotelier-Verein eine Verdoppelung des Bundesbeitrags auf jährlich 10 Millionen Franken.
Bessere Hotelfinanzierung notwendig
Der bisherigen "Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit - SGH" ist es bekanntlich nicht gelungen, das "Hotel-Investitionsloch" von etwa zwei Milliarden Franken, das zum Teil auf ein akutes Versagen der Finanzmärkte ab Mitte 90er-Jahre zurückzuführen ist, zu decken. Deshalb soll das Hotel- und Kurortfinanzierungsgesetz revidiert und in ein wettbewerbsneutrales Instrument der Hotelfinanzierung und der Förderung der Strukturbereinigung umgewandelt werden. Bei der neuen "SGH" soll es sich nicht mehr um eine "Grossbank" für die Hotellerie handeln, sondern um ein ergänzendes Finanzierungsinstrument, das sich am Markt selbst refinanzieren kann und Kredite nach restriktiven Kriterien -nur an erfolgversprechende Projekte - vergibt.
Der SHV ist als Schlüsselpartner der Hotelbranche bereit, sich im Sinne einer verstärkten "Public-/Private-Partnership" an der Neuausrichtung und Rekapitalisierung der "SGH" sowohl finanziell wie auch mit "Know how" zu beteiligen. Da die Refinanzierungschancen der "SGH" am Markt von allen Parteien als schwierig eingeschätzt werden, beantragt der Schweizer Hotelier-Verein, dass sich Staat und Banken in Zukunft kontinuierlich in der neuen Trägerschaft engagieren: Der Bund soll deshalb die Grundfinanzierung von 100 Millionen Franken nicht als einmalige Finanzierungsaktion festlegen.
Tourismusförderung gesetzlich regeln
Der Schweizer Hotelier-Verein ist mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Programm der Tourismusförderung grundsätzlich einverstanden, allerdings bemängelt er den zeitlich beschränkten Programmcharakter und beantragt deshalb die Ausarbeitung eines Rahmengesetzes für Tourismusförderung. Mit einem Rahmengesetz sollen die tourismusrelevanten Massnahmen des Bundes und der Kantone besser koordiniert und die Tourismuspolitik auf ein langfristig solides Fundament gestellt werden.
Kontakt:
Hans-Ruedi Huber
Leiter Kommunikation
Schweizer Hotelier-Verein
Tel. +41/31/370'42'51
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