TA-SWISS: Jugendliche wünschen Beratung und Mitbestimmung bei Forschung am Menschen
Bern (ots)
Altersgemässe Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche bei der Einwilligung zu medizinischen Versuchen, so lautet ein zentrales Anliegen von Jugendlichen bei der Forschung am Menschen. Ganz oben auf der Wunschliste stehen auch die umfassende Information über mögliche Folgen klinischer Versuche sowie eine unabhängige Beratungsinstanz für den Fall von Meinungsunterschieden zwischen Eltern und Kind. Dies sind die Ergebnisse der PubliTalk Veranstaltungen zum Thema «Jugendliche diskutieren Forschung am Menschen». Durchgeführt wurden diese PubliTalk Diskussionen durch das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS mit Unterstützung des Bundesamtes für Gesundheit und der Krebsliga Schweiz.
Sind Jugendliche bereit, als Versuchspersonen an einem Experiment in der klinischen Forschung mitzumachen? Wer soll die Einwilligung für die Teilnahme von noch Unmündigen an solchen Versuchen geben? Was sind für Jugendliche und junge Erwachsene besonders heikle Punkte bei der Forschung am Menschen? Diese Fragen diskutierten rund sechzig Jugendliche im Alter zwischen 18 und 23 Jahren in Biel, Lugano und Zürich Ende 2003.
Jugendliche wünschen Information, Beratung und Mitbestimmung
Viele Jugendliche können sich vorstellen an Versuchen zur Forschung am Menschen teilzunehmen. Insbesondere dann, wenn sie dadurch ihren Angehörigen oder nahen Verwandten helfen könnten. Allerdings setzen die Jugendlichen voraus, dass sie vorgängig von den Ärzten umfassend und altersgemäss über die möglichen Folgen des Versuchs aufgeklärt werden. Die befragten Jugendlichen unterstreichen damit die Bedeutung der aufgeklärten Zustimmung, dem so genannten «informed consent».
Während bei Kleinkindern die Eltern ihre Einwilligung über die Teilnahme an klinischen Versuchen zu geben hätten, so sollen nach Meinung der PubliTalk Teilnehmer/innen schulpflichtige Kinder zumindest mitsprechen und ältere Jugendliche gar selbst darüber bestimmen können. Wo genau die Altersgrenzen zu ziehen wären, ist aber schwierig. Die Jugendlichen sind sich einig, dass im Fall der einsichtsfähigen älteren Kinder die abschliessende Entscheidung bei den jungen Menschen selbst liegen muss.
Als ideal wird eine Entscheidung betrachtet, die von Kind und Eltern gemeinsam, im Dialog, gefunden wird. Im Konfliktfall hingegen soll der Wunsch des Kindes stärker gewichtet werden als jener der Eltern, bzw. dem Kind soll ein Vetorecht eingeräumt werden. Im Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen Kindern und Ihren Eltern wünschen sich die Teilnehmer/-innen der PubliTalk Diskussionsrunden unabhängige Beratungsinstanzen. Diese sollen zwischen den Eltern, Jugendlichen und den Ärzten vermitteln.
Heikle Punkte: Datenschutz und Geld
Besonders heikle Punkte, welche im Humanforschungsgesetz geregelt werden sollten, sind aus Sicht der Jugendlichen: die Frage der finanziellen Entschädigung von Versuchspersonen sowie die Versicherung von Folgeschäden bei klinischen Versuchen. Eine Mehrheit der PubliTalk Teilnehmenden legt zudem Wert auf die Gewährleistung des Datenschutzes bei der Verwendung von Blut- und Gewebeproben. Dieses Material sollte ohne Wissen und Einwilligung der Betroffenen nicht für andere Forschungszwecke als die ursprünglich vorgesehenen verwendet werden dürfen.
PubliTalk Meinung der Jugendlichen ist gefragt
Ziel der erstmals durchgeführten PubliTalk Veranstaltungen ist es, gezielt die Meinung von Jugendlichen zu ausgewählten Fragen des in Vorbereitung stehenden Gesetzes zur Forschung am Menschen zu erfassen. Ausgangspunkt der drei Diskussionsrunden bildete je die Krankheitsgeschichte eines Krebspatienten. Diese persönlichen Schilderungen wurden durch zwei Fachpersonen aus der Medizin und der Ethik in den grösseren Kontext des kommenden Humanforschungsgesetzes gestellt. Unter Anleitung diskutierten jeweils rund zwanzig Jugendliche in zwei Gruppen die gestellten Fragen. Die PubliTalk Veranstaltungen dauerten je einen halben Tag und fanden zwischen Ende November und Mitte Dezember 2003 in den folgenden Schulen statt: Realgymnasium Rämibühl Zürich, Scuola superiore in cure infermieristiche Lugano, Haute Ecole Pédagogique BEJUNE Biel. Die Meinungen der Jugendlichen stehen nun dem Bürgerpanel des PubliForums «Forschung am Menschen» zur Verfügung. Dieses findet zwischen dem 23. und 26. Januar 2004 in Bern statt.
Auskunft: Dr. Andrea Arz de Falco, Bundesamt für Gesundheit, Tel. 031 323 31 06 Dr. Sergio Bellucci, Geschäftsführer TA-SWISS, Bern, Tel. 031 322 99 66 und 079 312 93 73 Walter Grossenbacher, Projektverantwortlicher TA-SWISS, Bern, Tel. 031 324 13 42 Dr. Rolf Marti, Krebsliga Schweiz, Leiter Forschungsförderung, Tel. 031 389 91 45 Dr. Rosmarie Waldner, Moderatorin PuliTalk Zürich und Präsidentin Begleitgruppe PubliForum «Forschung am Menschen» Zürich, Tel. 01 382 09 08