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Angestellte Schweiz

Herbsttagung der Angestellten Schweiz vom 19. Oktober 2007: Nanotechnologie – Chancen nutzen, Risiken minimieren

Zürich (ots)

Was sich mit der Technologie von allerkleinsten
Teilchen, der Nanotechologie, für Perspektiven eröffnen, ist 
schlicht überwältigend. Noch ist es schwierig abzuschätzen, ob die 
Nanotechnologie bald unser Leben komplett verändern wird, denn sie 
könnte auch enorme Risiken in sich bergen. Die Nanotechnologie in 
all ihren Facetten war das Thema der Herbsttagung der Angestellten 
Schweiz im Zentrum Paul Klee in Bern.
Über Jahrhunderte beeindruckte den Menschen nicht in erster Linie 
das Kleine, sondern das Grosse: Maschinen, Schiffe, Staudämme, 
Kraftwerke, Gebäude, Sprungschanzen, ja selbst Milchkühe und 
Staaten, wurden immer grösser und imposanter. Grösse wurde 
gleichgesetzt mit Leistung und imponierte demzufolge. Mit der Grösse 
nahmen aber auch die Risiken zu: Hat ein Supertanker eine Havarie, 
sind die Schäden unendlich viel grösser als wenn z. B. ein Ruderboot 
mit einem Fässchen Öl an Bord kentert. Hustet der Gigant China hat 
dies auf die Weltwirtschaft weit gravierendere Auswirkungen als wenn 
es in Liechtenstein wirtschaftlich mal nicht so gut läuft. Liegt die 
Zukunft also im ganz Kleinen? Die Expertinnen und Experten aus 
Industrie, Forschung Wissenschaft und Versicherung suchten an der 
Herbsttagung der Angestellten Schweiz vom 19. Oktober auf diese 
Frage, und viele andere mehr rund um die Nanotechnologie, Antworten.
Die Zukunft der Nanotechnologie – Erwartungen von Konsumenten und 
Experten Verschiedene Studien und Resultate von Umfragen zur 
Nanotechnologie stellte die an den Unis St. Gallen und Stuttgart 
dozierende Dr. Antje Grob vor. Sie trat in ihrer Funktion als 
Leiterin Nanotechnologie der Stiftung Risiko-Dialog auf.
Antje Grob zeigte zu Beginn auf, dass das Wissen über 
Nanotechnologie bei einer Mehrheit der Bevölkerung in den USA, 
Grossbritannien und in Deutschland sowie der Schweiz noch nicht so 
gross, aber im Steigen ist. Eine deutliche Mehrheit in diesen 
Ländern erwartet von der Nanotechnologie mehr Nutzen als Risiko.
In Deutschland versuchte man mit einem so genannten Experten-Delphi 
(schriftlich strukturierte Befragung), an dem Fachleute aus den 
Gebieten Industrie, Wissenschaft, NGO, Behörden/Politik und 
Versicherungen teilnahmen, die Risiken der Nanotechnologie für 
Lebensmittel, Kosmetik und Bedarfsgegenstände zu bewerten. Es zeigte 
sich, dass das höchste Risikopotenzial bei der Inhalation von 
Nanoteilchen gesehen wird. Die Verbraucherprodukte wurden 
mehrheitlich als eher unkritisch betrachtet, mit Ausnahme der sog. 
Fullerene (Kohlenstoffmoleküle) in Kosmetika. Das Gremium kam aber 
auch zum Schluss, dass die Bewertung von Nanomaterialien nur im 
Einzelfall erfolgen kann. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liessen sich 
keine sinnvollen Kategorisierungen oder Klassifizierungen der 
Risikobewertung für nanoskalige Stoffe bilden. Zur Bewertung müssten 
Prüfkriterien für die Einzelfallprüfung entwickelt und international 
standardisiert werden.
Für die kommende Zeit fordert Antje Grob mehr Dialog, und zwar unter 
Experten (zu Fragen des Arbeitsschutzes, der Produktsicherheit und 
des Umweltschutzes), sowie mit Bürgern, um deren Anliegen und 
Bedenken in Kommunikationsstrategien und Forschungsprogramme 
aufnehmen zu können. Die Chancen-und-Risiko-Debatte müsse 
intensiviert werden.
„Ist Nano ein neues Phantomrisiko wie Gen-Food oder Terrorismus?“ 
fragte Antje Grob zum Schluss – und gab die beruhigende Antwort: 
„Derzeit nicht, solange gemeinsam an kritischen Themen gearbeitet 
wird.“
Nanomaterialien im Einsatz für Produkte des Alltags Die 
Forschungsleiterin von Ilford Imaging, Dr. Rita Hofmann, stellte ihr 
Unternehmen als eines vor, in dem Nanotechnologie praktisch 
angewendet wird. Hauptprodukt von Ilford Imaging sind nämlich 
Inkjet- Fotopapiere, und ein grosser Teil dieser Papiere besitzt 
eine Schicht, die aus mineralischen Nanopartikeln aufgebaut ist. 
„Sie hat hervorragenden Eigenschaften bezüglich Glanz und Brillanz, 
da sie transparent ist“, sagte Rita Hofmann. Sie wies darauf hin, 
dass es eine Herausforderung in der Produktion sei, die wenig 
dichten und hoch porösen Nanopartikel zu verarbeiten und daraus 
flexible mineralische Schichten zu giessen. „Sie machen heute mehr 
als 50% der Produktion aus, brauchten jedoch einen mehrjährigen 
Forschungsaufwand, bevor sie am Markt eingeführt werden konnten.“
Ilford habe grossen Wert auf die Risikobeurteilung gelegt, betonte 
Rita Hofmann. Die verwendeten Nanopartikel würden seit Jahren 
industriell anderweitig eingesetzt und gälten als unbedenklich, wenn 
man von der Staubbelastung absehe. Sie würden wie unbekannte 
chemische Substanzen nur mit entsprechender Schutzausrüstung 
gehandhabt. „Das fertige Produkt enthält keine Nanopartikel, nur 
Nanostrukturen, und ein Freisetzen der Partikel aus der Produktion 
wird weitgehend vermieden“, stellte Rita Hofmann klar.
Neben der eigenen stellte die Forschungsleiterin weitere 
industrielle Anwendungen der Nanotechnologie vor, wie Membranen oder 
Beschichtungen für den Sanitärbereich oder Kohlenstoffnanoröhrchen 
für Füllstoffe und die Verstärkung von Materialien, bzw. als Leiter 
oder Halbleiter in der Elektronik. In der Medizin gebe es zur Zeit 
nur wenige Produkte, die meisten Ideen steckten noch im 
Forschungslabor oder in frühen klinischen Stadien. Der Grund sei, 
dass klinische Studien rund acht bis zehn Jahre dauerten. Im 
medizinisch-diagnostischen Bereich hingegen seien Nanosensoren 
erfolgreich getestet worden. Wenig öffentliche Informationen gebe es 
über den Einsatz künstlicher Partikel in Lebensmitteln. „Aber 
nanoverkapselte Geschmacksstoffe, die je nach Temperatur den 
Geschmack ändern und aus einem Erdbeer- ein Vanillejoghurt machen, 
gehören noch nicht in den Bereich der Realität.“
Es sei heute schwer abzuschätzen, ob die Nanotechnologie einen 
grossen Einfluss auf unsere Gesellschaft haben werde, sagte Rita 
Hofmann zum Schluss ihres Referats. Man könne aber davon ausgehen, 
dass sie zur weiteren Miniaturisierung und damit zur Mobilität 
beitragen werde. Man müsse sich aber fragen, ob ein weiterer 
Fortschritt in dieser Richtung überhaupt noch wünschenswert sei.
Nanopartikel am Arbeitsplatz Die Nanotechnologie werde als 
Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts angesehen und habe ein 
riesiges Wachstumspotenzial – der Einfluss auf die Gesellschaft 
nehme also zu. Mit dieser Aussage wies der diplomierte Chemiker 
Christoph Bosshard von der Abteilung Arbeitssicherheit der Suva auf 
die schnell wachsende Bedeutung der Nanotechologie hin. Er hob die 
heute schon beachtliche Verbreitung von Nanopartikeln hervor, z. B. 
in Reifen, Lacken und Farben, Sonnenschutzprodukten oder Batterien. 
Nanoprodukte entstünden aber auch bei Verbrennungsprozessen (in 
Motoren oder Heizungen), der berühmte Feinstaub, oder bei der 
Metallgewinnung.
„Über das potenzielle Gesundheitsrisiko gezielt hergestellter 
Nanopartikel ist zurzeit keine abschliessende Bewertung möglich“, 
sagte Christoph Bosshard. In Tierexperimenten habe man jedoch eine 
Entzündung der Atemwege festgestellt. Zudem habe man eine Aufnahme 
von Nanopartikeln via Lungenbläschen ins Blut beobachtet sowie ein 
Eindringen via Riechnerv ins Zentralnervensystem. Auch eine Aufnahme 
der Partikel durch die Haut sei möglich. Was die Folgen sein 
könnten, sei unklar.
Für Nanopartikel gibt es keine Grenzwerte, keine gesetzlichen 
Regelungen und keine Kennzeichnungspflicht. Nanopartikel stellen 
aber gemäss Christoph Bosshard ein potenzielles Gesundheitsrisiko 
dar, dessen Ausmass zur Zeit nicht schlüssig bewertet werden kann. 
Die Situation sei vergleichbar mit neuen Chemikalien oder 
Wirkstoffen. Es gelte die Menschen zu schützen, indem sie 
Nanopartikeln weniger und weniger lang auszusetzen seien. Konkret 
heisse das: • Stoffe, welche die Gesundheit gefährden, wenn möglich 
durch harmlosere ersetzen, • Gase, Dämpfe, Staub von Arbeitsplätzen 
abführen, • Individuen schützen durch Schutzanzüge, Brillen, Masken 
etc.
Braucht es eine Nanoethik? Nano, das war zu diesem Zeitpunkt der 
Tagung kristallklar, ist anders als alles Bisherige, und daher ist 
es völlig richtig, mit PD Dr. Klaus Peter Rippe, Geschäftsführer von 
Ethik im Diskurs, zu fragen: Braucht es eine Nanoethik?
„Drohen schwerwiegende oder irreversible Schäden, so darf ein Mangel 
an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit kein Grund dafür 
sein, kostenwirksame Massnahmen zur Vermeidung der Schäden 
aufzuschieben“, so umschrieb Professor Rippe das Vorsorgeprinzip, 
das natürlich auch für die Nanotechnologie gelte.
In der Folge zeigte er anhand von Beispielen, dass die neue 
Technologie mit Chancen und Risiken behaftet ist. In der Medizin 
seien z. B. neue Diagnosen und Therapien möglich, was aber den 
gesellschaftlichen Druck zur präventiven Frühdiagnostik erhöhe. 
Mittels Nanotechnologie könne aber schlicht auch der Mensch 
verbessert werden, z. B. durch Nanoimplantate. Das Risiko sei aber, 
dass der Mensch damit zu einem halben Maschinenwesen werde und in 
seiner Autonomie eingeschränkt werden könne.
Letztlich sei auch das Innovationspotenzial der neuen Technologie in 
die Überlegungen mit einzubeziehen. D. h. es bestehe auch das 
Risiko, Chancen zu verpassen.
Für Rückfragen: 
Hansjörg Schmid, Leiter Kommunikation, Natel 076 443 40 40
Die Angestellten Schweiz sind die stärkste Arbeitnehmerorganisation 
der Branchen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) und 
Chemie/Pharma. Rund 25 000 Angestellte sind Mitglied. Angestellte 
Schweiz entstand aus dem Zusammenschluss der beiden Verbände 
Angestellte Schweiz VSAM (MEM, gegründet 1918) und VSAC (Chemie, 
gegründet 1993).

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