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Menschen für Menschen bekämpft Armut mit aufsuchender Sozialarbeit

Menschen für Menschen bekämpft Armut mit aufsuchender Sozialarbeit
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Zürich/Addis Abeba (ots)

Wie kann man sicherstellen, dass Spenden wirklich bei den Bedürftigen ankommen? Wie erreicht man die ärmsten Familien in städtischen Slums? Die Antwort von Menschen für Menschen ist aufsuchende Sozialarbeit. Einheimische Fachfrauen zeigen auf Hausbesuchen in äthiopischen Armenvierteln Auswege aus extremer Not. Nach drei Jahren Betreuung können zwei Drittel der Familien in die Unabhängigkeit entlassen werden.

Vor rund drei Jahren war die damalige Tagelöhnerin Yeshi Haliabe in der äthiopischen Stadt Debre Berhan so verzweifelt, dass sie eine Freundin fragte, ob diese ihre fünfjährige Tochter aufnehmen könnte. Sie selbst wollte nach Saudi-Arabien gehen, um dort als Haushaltshilfe zu arbeiten und Geld nach Hause zu schicken: Abertausende Kinder in Äthiopien wachsen wegen solcher Armutsmigration elternlos auf.

Die junge Mutter hatte schon ihren neuen Pass in der Hand, als die Sozialarbeiterin Martha Eshetu von Menschen für Menschen sie kontaktierte: Es gebe eine Möglichkeit, dass sie in der Heimat und bei ihrer Tochter bleiben könne, nämlich das Kinderprojekt des Schweizer Hilfswerks.

Viele alleinerziehende Mütter und ihre Kinder in der Stadt Debre Berhan zwei Autostunden nördlich der Hauptstadt Addis Abeba sind extrem arm. Es gibt kein Geld für Schulbedarf, in den engen Unterkünften herrscht Nahrungsmangel. Viele Mütter sind mutlos, am Ende ihrer Kraft. "Die Verzweiflung darf nicht auf die kommende Generation übergehen. Wir förderten deshalb in den vergangenen drei Jahren 1200 besonders bedürftige Kinder", sagt Michael Kesselring, Co-Geschäftsführer bei Menschen für Menschen. "Unser Konzept ist die Hilfe zur Selbstentwicklung: Die Mütter sollen nach wenigen Jahren auf eigenen Beinen stehen."

Seelische Stütze

Sechs Sozialarbeiterinnen im Kinderprojekt betreuen jeweils 70 bis 80 Familien. "Sie gehen von Haus zu Haus, geben den Kindern Tipps, wie sie ihre Hausaufgaben machen, und den meist alleinerziehenden Müttern, wie sie ihre Kinder erziehen sollten. Es geht um die Vermittlung praktischer Kenntnisse", erklärt Kesselring. "Aber genauso geht es darum, für die Kinder und Frauen, die sonst von niemandem Hilfe erwarten können und deren Selbstvertrauen am Boden ist, seelische Stütze und Vertrauensperson zu sein."

Die Sozialarbeiterinnen ermitteln für jede Familie, welche Hilfsangebote sie braucht. Die meisten Kinder bekommen Schuluniformen, Stifte und Hefte. Zahlreiche Familien können in Sozialwohnungen in traditioneller Lehmbauweise einziehen, die Menschen für Menschen auf kommunalem Grund errichtet. "Ganz wichtig ist das Empowerment der Mütter", betont Michael Kesselring. Sie können sich in Selbsthilfegruppen organisieren. Dort gibt es Schulungen, auch für die Existenzgründung mit Hilfe eines Kleingewerbes. Mit einer entsprechenden Geschäftsidee haben die Frauen die Möglichkeit, Mikrokredite zu erhalten.

Stetiges Einkommen

Mit ihrem ersten Kredit stieg Yeshi Haliabe in den Strassenhandel mit Zwiebeln und Ingwer ein. Es lief gut, sie erweiterte mit Holzkohle, Eiern und Butter. Vor acht Monaten schaffte sie einen Durchbruch: Die Kleinhändlerin hatte ihren Kredit zurückgezahlt und erhielt in ihrer Selbsthilfegruppe die Chance auf einen neuen, grösseren - und konnte so einen Laden eröffnen. Dort verkauft sie jetzt Seife, Limonaden, Zucker. Süssigkeiten, Kämme, Erdnüsse, Gewürze in kleinen Briefen, Menstruationsbinden in Einzelpackungen, Kaffee in Tütchen gebunden, klein wie eine Kinderfaust: Die meisten Kunden können sich nur kleine Mengen leisten.

"Ich bin sehr glücklich, weil ich so vielen Frauen und Kindern helfen kann", sagt Sozialarbeiterin Martha Eshetu. "Rund zwei von drei Familien schaffen es, nach drei Jahren unabhängig von unserer Hilfe zu sein." Seit Anfang 2022 hat das Kinderprojekt 663 Familien unterstützt. Nun können 445 Familien in die Unabhängigkeit entlassen werden. "Ob wir eine Familie aus der Förderung nehmen, hängt von definierten Kriterien ab", erklärt Martha Eshetu: "Beispielsweise müssen sie kleine finanzielle Rücklagen angespart haben. Die Mütter müssen ein Geschäft betreiben, das ein stetiges Einkommen schafft." Der monatliche Betrag, den die Frauen erwirtschaften, sei dem Gehalt eines Primarschullehrers vergleichbar.

Neue Projektphase

"Nicht alle Mütter schaffen es, innerhalb von drei Jahren auf eigenen Beinen zu stehen, auch wegen körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen", sagt die Sozialarbeiterin. Die verbliebenen 218 Familien würden im Jahr 2025 weiterbetreut, zusammen mit einigen hundert Familien, die neu ins Projekt aufgenommen werden, betont Co-Geschäftsführer Kesselring: "Im Jahr 2025 beginnen wir eine weitere Projektphase über drei Jahre, wir werden das Projekt erweitern und Lebensperspektiven für 1800 besonders arme Kinder schaffen." Die Stadt Debre Berhan wächst, durch den Zuzug von Familien mit ihren Kindern, die vor zu kleinen Ernten und teils auch ethnischen Spannungen in ihren Dörfern fliehen. Zentrale Methode bleibe die aufsuchende Sozialarbeit mit den Mitarbeiterinnen des Kinderprojekts.

Ladenbetreiberin Yeshi Haliabe freut sich über die Gewissheit, dass sie nicht in ein arabisches Land auswandern muss und bei ihrer kleinen Tochter bleiben kann. Zwar spiele sich ihr Alltag auf einer winzigen Fläche ab: Der Laden misst zwei Quadratmeter, die Wohnfläche dahinter nur etwa sechs. Aber es sei ihr Daheim, niemand mache ihr das streitig: "Ich wache morgens auf und freue mich auf meine Arbeit. Ich habe Freunde und kann für mich selbst sorgen", sagt Yeshi Haliabe. "Ich fühle mich frei."

Menschen für Menschen setzt sich gegen Armut und Hunger ein. Die Stiftung wurde von dem Schauspieler Karlheinz Böhm (1928 - 2014) gegründet. Im Geiste des Gründers schafft das Schweizer Hilfswerk Lebensperspektiven für die ärmsten Familien in Äthiopien. Ziel der Arbeit ist es, dass sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Schwerpunkte der einzelnen Projekte sind Frauenförderung, Berufsbildung, Mikrokredite, Kinderhilfe, Familienplanung und landwirtschaftliche Entwicklung. Die Komponenten werden nach den lokalen Bedürfnissen kombiniert und mit sorgfältig ausgewählten einheimischen Partnern umgesetzt.

Spendenkonto:

Postkonto 90-700 000-4

IBAN: CH97 0900 0000 9070 0000 4

Online spenden: www.mfm.ch

Pressekontakt:

Für zusätzliche Informationen oder Interviews mit Experten, wenden Sie sich bitte an:
Michael Kesselring | m.kesselring@mfm.ch | Tel.: +41 (0)43 499 10 60

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