Media Service: Heute in der "Handelszeitung" vom Mittwoch, 21. Mai 2008
Zürich (ots)
Raiffeisen greift die Post an
Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz droht im Interview mit der "Handelszeitung" Bankfilialen in den Regionen zu schliessen, falls Postfinance eine Banklizenz erhält. Bisher habe die Raiffeisen Gruppe die Aufgabe der Versorgung der Landregionen mit Bankdienstleistungen wahrgenommen, sagt er. Doch wenn Postfinance eine Banklinzenz erhielte, sei es fraglich, ob die 1150 Raiffeisen-Bankstellen erhalten werden könnten. «Wir müssten sicher das Geschäftsstellennetz überdenken», betont Vincenz. Geschäftsstellen in den Landregionen müssten geschlossen werden. Er schlägt vor, dass der Staat dann die Aufgabe übernehmen solle, die Banken in der Peripherie zu finanzieren. Bei der Post hingegen gilt die Banklizenz für Postfinance als die «wettbewerbspolitisch einzig sinnvolle Lösung».
Kritik wegen Gratis-Tickets
Atel, Post und SBB laden Geschäftspartner zu Spielen ein. Transparency International bemängelt dies. Zur Beziehungspflege lädt der Stromkonzern Atel Geschäftspartner zur Euro 08 ein. «Wichtige Partner» seien «zu Spielen» eingeladen worden, bestätigt Atel-Kommunikationschef Martin Bahnmüller. Auch die Post geht mit Geschäftspartnern an Spiele der Euro 08. Und der SBB stehen im Rahmen ihres Partnerschaftsvertags Tickets zur Verfügung. Die begehrten Tickets haben auf dem Schwarzmarkt einen Wert von mehreren Tausend Franken. Das sind alles Unternehmen, die entweder dem Bund gehören (Post und SBB) oder wo Kantone und Städte zu den Aktionären gehören (Atel). Im Fall Atel sind nicht nur Privatkunden, sondern auch Vertreter der Kantone eingeladen. Nach Ansicht von Simon Brugger, Sekretär der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International Schweiz könnte sich der Oltener Konzern im Einzelfall auf «ganz heiklem Terrain» bewegen. Roche und Novartis verbieten solche Geschenke.
SBB-Börsengang ist für Banken ein Blindgänger
SBB Privataktionäre dürften kaum Interesse an Aktien der SBB haben, solange nicht ersichtlich sei, wie die Bahn, besonders die Gütersparte, profitorientiert geführt werden könne. Dies sagt Vontobel-Analyst Panagiotis Spiliopoulos als Reaktion auf die Idee von Bundesrat Moritz Leuenberger, die SBB an die Börse zu bringen. Cargo-Chef Daniel Perrin hält zudem wenig von einer Privatisierung der Frachtsparte. "Ein Verkauf ist kein Thema; auch eine Mehrheitsbeteiligung Dritter ist ohne Gesetzesänderung nicht möglich", sagt er im Interview mit der "Handelszeitung".
Oerlikon-Investor Ronny Pecik kassiert 800 Millionen Franken
An diesem Mittwoch ist Zahltag: Der Wiener Financier Ronny Pecik erhält dann für seine 2 Mio Oerlikon-Aktien 800 Mio Fr. vom russischen Industriellen Viktor Vekselberg. Renova-Sprecher Markus Blume bestätigt gegenüber der "Handelszeitung", dass es sich bei den 800 Mio Fr. um den Kaufpreis für das Paket handelt. Nach Abschluss der Transaktion halten die Russen neu 39,l% der Oerlikon-Aktien, die Wiener noch 12,2%. Die bevorstehende SWX-Meldung zum Deal wird über die neuen Beteiligungsverhältnisse allerdings nicht informieren: Victory und Renova hatten kurz vor der Oerlikon-GV vom 13. Mai eine Gruppe gebildet, «um das gemeinsame Abstimmungsverhalten sicherzustellen», wie es aus involvierten Kreisen heisst. Die Gruppe wird laut Renova-Sprecher Markus Blume bis auf Weiteres fortgeführt. Daher werden die beiden Oerlikon-Hauptaktionäre eine gemeinsame Beteiligung von gut 51% am Technologiekonzern melden, separate Angaben zu ihren Beteiligungen dagegen publizieren sie nicht.
Tornos-CFO Philippe Maquelin: "Wir spüren sofort, wenn die Kunden weniger kaufen."
Andere Industriefirmen würden die Schwankungen dank voller Auftragsbücher ausgleichen können. "Aber auch sie spüren die Baisse", sagt der Tornos-Finanzchef im Interview mit der Handelszeitung. Der Umsatz- und Gewinneinbruch führe beim Unternehmen aus Moutier nicht zu einem Personalabbau, der Rückgang könne über flexible Arbeitszeiten aufgefangen werden. "Man spricht zwar von einer Baisse, diese ist aber nicht ausgeprägt und dürfte nicht allzu lange dauern", ist Maquelin überzeugt.
Meyer Burger-CEO Peter Pauli kündigt weitere Wachstumsschritte an
Peter Pauli, CEO des Solarzulieferers Meyer Burger, will auch im laufenden Jahr einen kräftigen Wachstumsschritt machen. "2008 werden wir Anlagen zur Herstellung von kristallinen Solarmodulen verkaufen, die einer Produktionskapazität von ungefähr 2,5 bis 3 GW entsprechen." Zum Vergleich: 2007 waren es erst 1,5 bis 2 GW. Wachstumsmöglichkeiten ortet Pauli auch in der aufstrebenden Dünnfilm-Technologie, in der sich Mitbewerber OC Oerlikon bewegt. Er schliesst daher einen Einstieg von Meyer Burger in diesen Bereich nicht aus. Für das laufende Jahr sieht Pauli starkes Wachstum sowohl bei den Einzelmaschinen als auch bei den Teilsystemen. Für die vollintegrierten Fertigungslinien zur Solarzellenproduktion habe Meyer Burger bereits weitere Interessenten, "vorwiegend Markteinsteiger", erklärt Pauli. "Wir gehen davon aus, dass solche komplexe Systemgeschäfte nur einen geringen Teil unserer Gesamtleistung einnehmen werden. Hingegen werden Teilsysteme ein markantes Wachstum erfahren." Mittelfristig rechnet Pauli mit einem Umsatzanteil dieser Produkte von "20 bis 30%".
Stockende Fahrt in den USA
Die Motivation der Grossbanken für die Expansion in die USA sei vor allem Prestige gewesen, erklärt Bankenprofessor Hans Geiger von der Universität Zürich. Doch diese Wachstumsstrategie zahle sich nicht aus. «Deshalb sollten die Schweizer Grossbanken ihr US-Geschäft wieder massiv verkleinern», so Geiger. «Die UBS könnte Paine Webber verkaufen». Allerdings sei der Zeitpunkt nicht gerade günstig. Für Teodoro Cocca, Bankenprofessor der Universitäten Linz und Zürich, wäre es dagegen falsch, wenn sich die UBS aus dem Private-Banking-Geschäft in den USA zurückziehen würde. Die weltweite Präsenz sei wichtig für die Ausstrahlung der «Marke UBS», ebenso wie die Höhe der verwalteten Vermögen. «Bei einem Rückzug würden die verwalteten Vermögen der UBS um einen Drittel sinken», erwartet Cocca. Die Grossbank selbst will weiter an ihrem Geschäftsmodell festhalten.
Streit um Gemini-Millionen könnte Jahre dauern
Im Fall um die berufliche Vorsorgeeinrichtung Gemini hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) einen ersten Untersuchungsbericht an die involvierten Parteien verschickt. Allerdings: Das BSV will jetzt noch weitere Abklärungen unternehmen. Der Streit - die Gemini Sammelstiftung verlangt mindestens 5 Mio Fr. von der Gemini Personalvorsorge AG zurück - zieht sich damit hin und droht zu eskalieren. «Ich befürchte, dass sich die Überweisung der Gelder stark verzögern könnte», sagt Hans Ender, Präsident der Gemini-Sammelstiftung. «Nämlich dann, wenn wir die Summe via Inkasso und Zivilprozess einfordern müssten.» Das könne Jahre dauern, so Ender.
Wird der Apotheker zum Pöstler?
Der verschärfte Wettbewerb bei der Distribution von Medikamenten verlangt nach neuen Strategien. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Apotheken, Grossisten und der Post könnte daher laut Experten notwendig werden. Luzi A. von Bidder, Verwaltungsratspräsident der Pharma- und Spezialgenerikaholding Schweizerhall, schlägt deshalb vor, die Dienstleistungen von Post und Apotheken im selben Geschäft anzubieten. "Beide Orte sind sicher und durch die Behörden reglementiert. Und beide gibt es in vielen Ortschaften", begründet er. Auch eine enge Zusammenarbeit im Bereich der Logistik sei möglich. Die Post betreibt in Basel und Zürich bereits zwei Kleinpoststellen (Postagenturen) in Apotheken. Der Apothekerverband wehrt sich: "Der Vorschlag, dass die Post und die Apotheken stärker zusammenarbeiten können, widerspegelt die fahrlässige Bagellisierung des Medikamentes als simples Konsumgut", sagt Präsident Dominique Jordan.
Axel Springer-CEO Mathias Döpfner: "Schliessen weitere Akquisitionen in der Schweiz nicht aus"
Der deutsche Medienkonzern Axel Springer plant weitere Expansionsschritte im Ausland. "Das Wachstum der Zukunft liegt in der Internationalisierung und Digitalisierung. Die Kombination dieser beiden Wachstumstreiber wird unserer Geschäftsentwicklung die entscheidenden nachhaltigen Impulse geben", erklärt Mathias Döpfner, CEO des Axel Springer-Konzerns im Interview mit der "Handelszeitung". Wachsen wolle der Konzern in Osteuropa sowie in Westeuropa in Spanien, Frankreich und in der Schweiz. "Hier werden wir unser Geschäft weiter systematisch entwickeln. Zudem schauen wir vor allem im Bereich der Vergabe von Lizenzen für unsere bekannten Marken weit über Europa hinaus." Und zur Schweiz sagt er: "Aus unserer Sicht ist die Schweiz ein sehr interessanter Markt, in den wir weiterhin investieren werden. Dies kann sowohl im Print- als auch im Online-Bereich erfolgen." Im Vordergrund stehe dabei das organische Wachstum der etablierten Marken - auf Papier und im Internet. "Wir schliessen aber auch weitere Akquisitionen nicht aus, wenn sich interessante Möglichkeiten bieten", sagt Döpfner im "Handelszeitung"-Interview.
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"Handelszeitung", Zürich. Tel. 043 444 59 00