Media Service: Heute in der "Handelszeitung" vom Mittwoch, 1. Oktober 2008:
Zürich (ots)
Unternehmen:
Marc Faber: "Der US-Rettungsplan ist mangelhaft" "Ich zweifle daran, dass jene Personen, die für das ganze Schlamassel mitverantwortlich sind, dem System aus der Klemme helfen können", sagt Marc Faber im Gespräch mit der "Handelszeitung". Für den Börsenguru und Crashpropheten fehlt beim US-Rettungsplan von Henry Paulson und Ben Bernanke der richtige Ansatz, um die Finanzkrise zu entschärfen. Den Anlegern rät Faber zu Investments in sämtlichen Anlageklassen. Kurzfristig sieht er gar eine Rally an den Aktienmärkten.
Joseph Stiglitz: "Ein Absturz der Wirtschaft kann nicht verhindert werden" Im Interview mit der "Handelszeitung" gibt sich der Nobelpreisträger skeptisch zum geplanten Rettungsplan der US-Regierung: "Ein Absturz der US-Wirtschaft kann damit nicht verhindert werden. Die Grundprobleme auf den Finanzmärkten bleiben ungelöst." Dank dem Plan könnten zwar einige Banken gerettet werden, doch ein besseres Design hätte mehr Wirkung für die gesamte Wirtschaft erzielt. Die Finanzkrise verändere auch das Bild der USA in der Welt: "Die Ereignisse der vergangenen Wochen waren ein Ausblick darauf, wie das amerikanische Modell künftig eingeschätzt wird. Der Marktfundamentalismus einer deregulierten Wirtschaft, wie ihn die Bush-Administration gepredigt hat, ist tot."
Ex-SNB-Vizepräsident Niklaus Blattner: "Situation ist ganz heikel" "Es ist eine ganz heikle Situation", sagt Niklaus Blattner, ehemaliger Vize-Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), zur aktuellen Lage an den Finanzmärkten. "Die Banken vertrauen einander nicht, weil das Eigenkapital nicht genügt. Und Eigenkapital ist knapp, weil viele Bankbilanzen noch zu viele Risiken enthalten." Die Krise werde keinen Boden finden, solange nicht mehr Kapital ins System fliesse. Um künftige Krisen zu verhindern, sollten die Möglichkeiten der bestehenden Regulierung besser genutzt werden. Im Vordergrund stehe dabei das Regelwerk Basel II. Heute wirke die risikobasierte Eigenkapitalregulierung prozyklisch. "Im Aufschwung werden die Risiken unterschätzt, und die Eigenkapitalvorsorge vernachlässigt." Wenn im Abschwung die Risiken dann sichtbar würden, sei es für das Aufbauen eines Eigenmittelpuffers zu spät. "Dabei sollte es gerade umgekehrt sein."
Kundengelder: Sparer bringen Gelder in Sicherheit Die dritte Welle der Geldabflüsse bei den Grossbanken hat nach den jüngsten Finanzmarktturbulenzen begonnen. "Wir spüren die Zuwanderung in allen Bereichen, diesmal sind aber auch viele verärgerte Kleinanleger dabei", sagt Simon Netzle, Sprecher der St. Galler Kantonalbank, gegenüber der "Handelszeitung". Auch die Raiffeisenbanken spüren einen verstärkten Kundenzustrom. Während die UBS Abflüsse im laufenden Jahr einräumt, verweist die Credit Suisse auf Netto-Neugelderzuwachs im 1. Semester. Genaue Zahlen werden die Grossbanken mit den Ergebnissen zum 3. Quartal publizieren.
Vermögensverwaltung: Schweizer Banken umwerben Reiche in Nahost Das wackelnde Investment Banking zwingt die Banken, neue Geldquellen zu erschliessen. Fündig werden die hiesigen Institute im reichen Osten. So hat kürzlich die Credit Suisse die Lizenz zur Geschäftsaufnahme in Bahrain erhalten. Und damit steht die Grossbank nicht alleine da. Recherchen der "Handelszeitung" ergeben, dass etliche Schweizer Institute, wie UBS, Sarasin, Julius Bär, EFG International, Pictet und Lombard Odier Darier Hentsch (LODH), sich bereits im Nahen Osten in Startposition gebracht haben. Der Grund liegt darin, dass bis in 2010 das Vermögen reicher Familien im Nahen Osten um 15,3% auf 3,4 Billionen Dollar ansteigen soll.
Versicherer: Zurich Financial Services sendet Akquisitionssignale Die AIG-Verstaatlichung sorgt bei hiesigen Versicherer für mehr Einnahmen und Marktanteile. Zurich FS wird sich aber kaum an AIG-Versicherungssparten beteiligen. Nach Recherchen der "Handelszeitung" plant sie eher Zukäufe in anderen Märkten - vermutlich in der Türkei. Als erstes Indiz deutet das auf Ende Juli gestoppte Aktienrückkaufsprogramm hin. Möglicher Übernahmekandidat könnte der türkische Nichtlebenversicherer Yapi Kredi Sigorta sein. Mit der Übernahme würde ZFS einer der grössten Nichtlebensversicherer im profitablen türkischen Versicherungsmarkt übernehmen.
Bellevue-Group-Präsident Walter Knabenhans: "Um UBS steht es inakzeptabel schlecht" Der ehemalige CEO von Julius Bär und jetzige VR-Präsident der Bellevue Group Walter Knabenhans erklärt, im Interview mit der "Handelszeitung", warum die UBS wichtige Zielsetzungen nicht mehr erreichen kann. Zudem klärt er auf, was bei der Bellevue Group zu einem Gewinneinbruch im 1. Halbjahr führte und welche Gegenmassnahmen eingeleitet wurden. Des Weiteren äussert er sich über die aktuelle Finanzmarktkrise und welche Auswirkungen das Scheitern möglicherweise auf die Finanzbranche haben könnte.
Milliardenhilfe für US-Autobauer: Schweizer Zulieferer begrüssen den Schritt Die lädierten US-Autobauer GM, Ford und Chrysler erhalten eine 25-Milliarden-Dollar-Spritze von Washington. Schweizer Zulieferer, die um ihre Kunden fürchten, beurteilen die Hilfsaktion positiv, etwa der Winterthurer Rieter-Konzern. Der Konzern, der Hitzeschutz- und Akustiksysteme produziert, verfügt in den USA über zehn Werke, wovon eines per Ende 2008 mangels Nachfrage geschlossen wird. Weitere Strukturanpassungen in den USA hat Rieter-Chef Hartmut Reuter zuletzt nicht ausgeschlossen. Positiv zeigt sich der System- und Komponentenhersteller Feintool, der in den USA über mehrere Werke und diverse Service- und Verkaufsstandorte verfügt, sowie der Maschinenbauer Mikron mit Sitz in Biel. Das Unternehmen produziert unter anderem Anlagen zur Herstellung von Motorenkomponenten. «Wir begrüssen das Signal der US-Regierung», sagt Mikron-Sprecher Patrick Brisset. Denn in jüngster Zeit sei eine erhöhte Innovationsbereitschaft bei amerikanischen Automobilherstellern zu verzeichnen. Nun sei es wichtig, dass die US-Hersteller finanziell über die Runden kommen, damit die angefragten Projekte umgesetzt werden können.
Stromhandel: Lukratives Stromveredelungs-Geschäft gerät unter Druck Schweizer Stromfirmen füllen nachts mit billigem Importstrom ihre Speicherseen. Am Tag exportieren Sie die Energie für teures Geld. Schweizer Elektrizitätswerke machen mit dieser Stromveredelung jedes Jahr einen Gewinn von rund 1 Mrd Fr. Jetzt warnen Experten, dass dieses Geschäft unter Druck kommt. Weil insbesondere in Deutschland grosse Kraftwerke bald vom Netz gehen, wird der billige Nachtstrom knapp. Hans E. Schweickardt, CEO der Stromfirma EOS Holding, bestätigt in der "Handelszeitung" diese Entwicklung und warnt vor weiteren Strompreiserhöhungen. Derweil geht der Strompreisanstieg munter weiter: Gemäss Recherchen der "Handelszeitung" steigt spätestens 2010 der Wasserzins, der den Gebirgskantonen für die Nutzung der Wasserkraft entrichtet wird. Die Folge: Strompreisaufschläge von rund 1,5%.
Öffentliche Ausschreibungen: Ein Ärgernis soll verschwinden In Branchenverbänden und Unternehmen wird derzeit heftig über die Zukunft des öffentlichen Beschaffungswesens diskutiert. Auslöser ist die Vernehmlassung über die neuen rechtlichen Grundlagen. Gefordert wird von den Anbietern mehr Klarheit und mehr Flexibilität. So meint FDP-Nationalrat und Informatik-Unternehmer Ruedi Noser, die innovativsten Lösungen liessen sich nur finden, wenn Auftraggeber und mögliche Anbieter gemeinsam vorgehen könnten. Das müsse der Gesetzgeber berücksichtigen.
Honorare für Verwaltungsräte: Bezüge werden 2009 einbrechen Noch nie haben Verwaltungsräte (VR) von Schweizer Unternehmen so viel verdient wie 2008 - im Schnitt 99000 Fr. pro Mandat. Das zeigt eine breit angelegte Umfrage der "Handelszeitung". Doch schon im nächsten Jahr werden die VR-Mitglieder den Gürtel enger schnallen müssen: Wegen der stark fallenden Aktienkurse dürfte das Durchschnittshonorar auf 81000 Fr. abstürzen. Gleichwohl werden die Firmenaufseher für ihre hohen Bezüge schärfer denn je kritisiert, etwa von Volksinitiant Thomas Minder.
Valora: Agostis Leute vor der Bewährungsprobe Mehr Umsatz und Gewinn hatte der Financier Adriano Agosti vor einem Jahr gefordert, als der Kampf um Macht und Einfluss bei Valora begann. Jetzt hat er das Sagen und die von ihm installierte Führung muss den Tatbeweis erbringen. Das Ziel ist eine Gewinnmarge von 4%, was im Retail eine "ansprechende" Quote sei, wie CEO Thomas Vollmoeller sagt. Die neue Strategie ist auf die Kioske und die "avec"-Shops fokussiert.
Coop: Auf Kundenfang mit Starbucks-Kaffee Coop verkauft seit kurzem in 200 seiner grösseren Geschäfte Kaffee der Marke Starbucks. Mit den teuren Produkten der amerikanischen Kaffeekette will Coop gemäss einem Artikel in der "Handelszeitung" eine trendige und junge Käuferschicht ansprechen. Irritiert über den Einzug der amerikanischen Firma bei Coop ist die Max-Havelaar-Stiftung: Coop ist der grösste Distributor von Fair-Trade-Produkten, setzt bei Produkten im Hochpreissegment jetzt aber nicht auf Max-Havelaar-Erzeugnisse.
Management
Entspannungstechniken: Business-Yoga, ein neuer Trend aus Schweden Mitarbeitende und Manager bekommen Besuch: Zum Business-Yoga kommt der Gesundheitscoach ins Büro und hilft vor Ort bei der Stressbewältigung. Der neue Trend hat in Schweden schon Firmen wie ABB, Ericsson oder Volvo überzeugt. Doch mit ein paar Blitzübungen zwischen klingelnden Telefonen und blinkenden Mail-Anzeigen ist es nicht getan. Wenn es keine Alibiübung sein soll, ist auch bei der Entspannung Disziplin und Ausdauer gefragt.
Controlling: Weiche Faktoren werden erstmals messbar Das klassische Reporting rechnet mit dem, was man zählen, wägen, messen kann. Also mit harten Faktoren. Das ISG Institut St. Gallen hat nun erstmals eine Methode entwickelt, mit der sich ein direkt messbarer Zusammenhang zwischen weichen Kennzahlen wie etwa Mitarbeiterzufriedenheit und Kundennutzen und harten Erfolgsindikatoren wie Produktivität, Umsatz, Ebit und Gewinn herstellen lässt. Damit werden künftige Managementsysteme nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Werte erfassen können. Bereits interessieren sich PricewaterhouseCoopers und Microsoft Schweiz für die neuen Tools.
Finanz
SAM-CEO Reto Ringger: "Das Thema Nachhaltigkeit profitiert von der Lage" Reto Ringger, Gründer und CEO von SAM, ist überzeugt, dass die heutige Finanzkrise dem Thema Nachhaltigkeit mittelfristig nützt. Im Interview mit der "Handelszeitung" sagt er: "Private und institutionelle Anleger werden sich aufgrund der Turbulenzen zunehmend an nachhaltigen, langfristigen und damit zukunftsorientierten Anlagemöglichkeiten orientieren." Ringger mahnt in diesem Zusammenhang Schweizer Unternehmen, aufzupasssen, damit sie in Sachen Nachhaltigkeit den Anschluss nicht verlieren.
Kontakt:
Nähere Auskunft erteilt Ihnen gerne Martin Spieler, Chefredaktor
"Handelszeitung", Zürich. Tel. 043 444 59 00.