Verband Schweizerischer Privatschulen (VSP/FSEP/FSSP)
Pressecommuniqué des Verbandes Schweizerischer Privatschulen für eine "echte" freie Schulwahl
Oberägeri (ots)
1. Das hier angesprochene "Elternrecht" betrifft als Freiheitsrecht die öffentlich-rechtliche Position der Eltern gegenüber dem Staat und umfasst im Wesentlichen nebst vermögensrechtlichen Befugnissen das Recht der Eltern auf Pflege, Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder. Dies bedeutet somit auch das Recht die Schule für die eigenen Kinder frei wählen zu können, besonders dann, wenn zwischen den Vorstellungen der Eltern in Bezug auf die Ausbildung und Erziehung wesentliche Differenzen bestehen zum staatlichen Konzept. Das Recht auf freie Schulwahl und die Privatschulfreiheit garantieren die Freiheit zum Errichten, zum Betrieb und zum Besuch einer Privatschule. Diese Rechte sind durch unsere Bundesverfassung garantiert. Auch in verschiedenen internationalen Abkommen, welche die Schweiz ratifiziert hat, findet sich eine entsprechende Gewährleistung. Die an sich in der Schweiz bestehende freie Schulwahl erweist sich heute für die Eltern mangels staatlicher Finanzierung als Grundrecht, das nur beim Vorhandensein genügender finanzieller Mittel ausgeübt werden kann.
Fazit:
Diese rechtlichen Überlegungen bedeuten, dass in der ganzen Schweiz das Recht besteht, Privatschulen zu errichten und zu besuchen. Die Schulwahlfreiheit wird allerdings faktisch eingeschränkt durch die an privaten Schulen zu entrichtenden Schulgelder. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern bzw. der Bildungsnachfragenden spielen eine entscheidende Rolle, falls nicht entsprechende Stipendien zur Verfügung stehen. Es ist daher Sache der politischen Willensbildung in den Kantonen bzw. auf Stufe Bund Massnahmen zu treffen, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, vom Recht auf freie Schulwahl auch tatsächlich Gebrauch machen zu können. Der VSP unterstützt daher politische Bemühungen, dem Recht auf eine "echte" freie Schulwahl zum Durchbruch zu verhelfen.
2. Der VSP ist überzeugt, dass ein Recht auf eine "echte" freie Schulwahl die Schul- und Ausbildungsqualität in der Schweiz erhöht, da heute bei den staatlichen Bildungsinstituten Anreize zur Verbesserung der Schulqualität weitgehend fehlen. Durch diesen Wettbewerb erzielt man eine höhere Effizienz in der Verwendung der Ressourcen. Es besteht zudem ein gewisser Druck, rasch neue Bildungsbedürfnisse aufzunehmen und umzusetzen.
3. Der VSP ist der Auffassung, dass eine "echte" freie Schulwahl die Chancengleichheit erhöht, die Bildungsvielfalt fördert und ein Zweiklassensystem in der Bildung verhindert.
4. Ein bildungspolitischer Konsens zu dieser Thematik könnte wie folgt aussehen:
- Der Staat akzeptiert Schulen mit privater Trägerschaft als Kooperationspartnerinnen oder Mitanbieterinnen neben den staatlichen Schulen. Faire Wettbewerbsbedingungen (finanzielle Unterstützung der Eltern etc.) und Kostenwahrheit zwischen den staatlichen und privaten Bildungsinstitutionen sind dabei Voraussetzung.
- Der Staat setzt Bildungsziele und Prüfungsanforderungen fest, den Weg zu diesen Zielen lässt er offen (Methodenfreiheit).
- Der Staat sorgt für Bildungscontrolling sowohl bei staatlichen als auch bei privaten Institutionen.
- Der Staat schafft pädagogischen und wirtschaftlichen Wettbewerb durch neue Finanzierungsformen (Stichworte: Globalbudget gestützt auf einen Leistungsauftrag, Bildungskonto, Bildungsgutscheine etc.).
5. Die Finanzierung der Bildungsnachfrager anstelle der Bildungsinstitutionen kann auf verschiedene Arten (Bildungskonto mit und ohne Auflagen) erfolgen und muss von der Politik definiert werden:
5.1. Variante ohne Auflagen
- ungeregeltes Bildungskonto (Milton Friedman) - der Wert des Bildungskontos ist konstant bzw. einkommensunabhängig - geringer Regulationsbedarf
5.2. Variante I mit einigen Auflagen
- Rücksicht auf benachteiligte und unterprivilegierte Bildungsnachfrager (Christopher Jenks) - grösstmögliche Wahlfreiheit mit grösstmöglicher Chancengleicheit - Grundwert des Gutscheins geht aus den Durchschnittskosten staatlicher Schulen hervor - finanziell schwache Familien erhalten je nach Einkommen zusätzliche Unterstützung - Aufnahmezwang um keine Elitisierung und Diskriminierung zu erreichen - Verlosung der Plätze bei Übernachfrage
5.3. Variante II mit wenig Auflagen
- Bildungskonto mit fixem Betrag - Schulen dürfen kein zusätzliches Schulgeld verlangen - Ziel soll eine Minimierung der Kosten und eine Optimierung des Angebots sein - Nachteil: spezifische Bedürfnisse und Leistungen sind nicht berücksichtigt
5.4. Variante mit Steuerfolgen
- Bildungskonto zu einem festen Betrag vom Staat (Peacock und Wiesman) - Guthaben auf Bildungskonto ist zu versteuern - mit zunehmendem Einkommen nimmt dadurch der Wert ab
6. Der VSP ist sich bewusst, dass die Umsetzung der "echten" freien Schulwahl schwierig ist. Diese Schwierigkeiten dürfen aber nicht dazu führen, dass keine konkreten Pilotversuche (z. Bsp. Einführung einer "echten" freien Schulwahl im gymnasialen Bereich) durchgeführt werden, um die Machbarkeit und Erkenntnisse daraus zu prüfen bzw. verwerten.
7. Der VSP hält fest, dass zahlreiche Privatschulen - auch bei einer Einführung eines "echten" Rechtes auf freie Schulwahl - sich daran nicht beteiligen wollen. Sei es, weil sie den vom Staat formulierten Auflagen für eine Teilnahme am Recht zur freien Schulwahl nicht nachkommen wollen bzw. können, oder sei es, weil ihr Bildungsangebot sich im Bildungsrecht der Schweiz nicht abbilden lässt.
8. Zwei Zitate zum Recht auf freie Schulwahl zum Schluss
8.1. Milton Friedman hielt in einem Interview vom 21. Mai 2006 in der Weltwoche (Nr. 20/2006) Nachstehendes fest:
"Die Einkommensunterschiede sind grösser geworden zwischen den Leuten an der Spitze und jenen am unteren Ende der Gesellschaft. Die wichtigste Ursache dafür ist unser untaugliches Schulsystem."
Und er schlägt vor:
"Bildungsgutscheine sind die einzig sinnvolle Lösung für das Qualitätsproblem der Schule. Da der Staat die Bildungsproduzenten, also die staatlichen Schulen, subventioniert, fehlen die Anreize für ein gutes Ausbildungsangebot. Wir sollten das gleiche Geld in Form von Bildungsgutscheinen den Konsumenten, also den Schülern, in die Hand drücken. Egal aus welcher Schicht sie sind und welche Hautfarbe sie haben. Die Eltern könnten dann zwischen den Schulen auswählen. Das würde zu einem gesunden Wettbewerb führen und deren Qualität verbessern." (Milton Friedman, US-Ökonom, geboren 31. Juli 1912 in New York City, der 1976 für seine Arbeiten im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde).
8.2. Prof. Dr. Stefan C. Wolter, Leiter der Forschungsstelle für Bildungsökonomie, Volkswirtschaftliches Institut, Universität Bern, hält zur Frage der Einführung des Bildungsgutscheines fest:
"Kein Neuanfang ohne Risiko: Der Mangel an empirischer Evidenz aber sei weder ein Argument für noch gegen den Bildungsgutschein, sagte Wolter: Wenn Sie den Auftrag bekommen, ein Bügeleisen zu entwickeln, es aber nicht an den Stromkreislauf anschliessen dürfen, können Sie auch nicht sagen, ob es funktioniert."
(Quelle: Berliner Zeitung, 07. Februar 2007)
Kontakt:
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