"Der schwere Weg zum guten Hören"
Wien (ots)
Chancen und Probleme mit Cochlea-Implantaten aus Sicht von Betroffenen
Seit rund 15 Jahren revolutionieren Cochlea-Implantate (CI), welche die Funktion von Mittel- bzw. Innenohr ersetzen, die Versorgung von Gehörlosen. Cochlea-Implantate sollten jedoch viel mehr Betroffenen als bisher zur Verfügung stehen, betonten am Montag Experten anlässlich der "9th International Conference on Cochlear Implants and Related Sciences" (14. bis 17. Juni/Hofburg) bei einer Pressekonferenz in Wien.
Weltweit wurden bereits rund 110.000 Menschen mit Cochlea-Implantaten versorgt. Der Bedarf ist aber, so die Experten und die Vertreter von Selbsthilfegruppen, viel größer. Mit 1.500 CI-Trägern und somit 183,60 pro Million Einwohnern ist Österreich in Europa Spitze vor Schweden (rund 131 pro Mio. Einwohner) und Deutschland (117). Zum Vergleich: In Großbritannien sind es nur rund 92, in Frankreich nur etwa 74 Versorgte pro Mio. Einwohner.
Univ.-Prof. Dr. Jafar-Sasan Hamzavi (HNO-Universitätsklinik am Wiener AKH): "Wir machen als größtes Zentrum in Österreich pro Jahr rund 50 Implantationen, davon mehr als die Hälfte bei Kindern. Doch auch wenn wir 100 durchführen würden, wäre das wahrscheinlich noch zu wenig." Vor allem Kinder sollten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt implantiert werden. Hamzavi: "Gehörlos geborene Kinder müssen möglichst früh mit Implantaten versorgt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich das Hörzentrum im Gehirn nicht ausbildet."
"Die Cochlea Implantation ist zwar ein etabliertes medizinisches Verfahren, die Möglichkeit, damit sogar mit hochgradiger Schwerhörigkeit wieder zu hören jedoch nahezu unbekannt. Schwerhörig zu sein ist nach wie vor ein Tabuthema." Der Präsident der European Association of Cochlea Implant Users (EURO-CIU) Dr. Gilles Cognat fordert die Entstigmatisierung des Themas. "Wir müssen die Öffentlichkeit wachrütteln!".
Voraussetzung für eine erfolgreiche Implantation sind medizinische, audiologische, logopädische und psychologische Untersuchungen, sowie ausführliche Vorgespräche mit Betroffenen, Eltern und Angehörigen, bei Kindern auch Gespräche mit Frühförderinnen, Logopädinnen und Pädagoginnen. "Hier leisten auch die Selbsthilfegruppen einen wesentlichen Beitrag", betont Dr. Gilles Cognat. "Eltern erwarten, dass ihre Kinder mit einem CI in der Lage sind, hören zu lernen, zu verstehen und Sprache zu erlernen." Dies gilt vor allem für taub geborene Kinder. Mit einem CI haben die Kinder die Möglichkeit, ein integriertes Leben zu führen. "Ein langwieriger Lernprozess, der die tägliche Mitarbeit der Eltern erfordert", sieht Gabriele Thierbach von der Schweizer Initiative "Ich möchte hören" auch die Eltern gefordert. Ihr Sohn wurde vor mittlerweile 16 Jahren implantiert. "Aufklärung und Information der Ärzte sind inzwischen sehr gut", analysiert Thierbach.
Besonders wichtig ist aus Sicht der Betroffenen die regelmäßige und offene Information über die Zuverlässigkeit der Implantate. Eine psychologische Betreuung ist, so Thierbach in der Regel nicht notwendig. Eine wesentliche Bedeutung haben dagegen Selbsthilfegruppen. "Da die Probleme meist sehr ähnlich sind, kann man sich hier gegenseitig stützen." Auf jeden Fall aber ist eine logopädische Betreuung erforderlich. Erwachsende, die schon einmal gehört haben, haben nach der OP wieder einen Höreindruck, den sie aber erst zuordnen müssen. "Der CI-Träger muss sich an das neue Hörgefühl gewöhnen und Hör-Sprachübungen absolvieren." Dies kann ein durchaus langwieriger Prozess sein. Aus den vielen Gesprächen mit Betroffenen oder Angehörigen von Betroffen lassen sich zwei Wünsche heraushören. "Der Hautschnitt sollte noch kleiner werden und das CI sollte so weit verkleinert werden, dass das komplette CI-System unter der Haut liegt. Also nichts mehr außerhalb am Körper getragen werden muss."
www.ich-moechte-hoeren.ch www.cochlear.com
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