Default fast gebannt, Kommentar zu Griechenland von Kai Johannsen
Frankfurt (ots)
Da wird so mancher Griechenland-Gläubiger, insbesondere aus den Reihen der Privatanleger, gestern beim Blick auf sein Portfolio wohl die Augenbrauen hochgezogen haben. Wer beispielsweise einen im März dieses Jahres auslaufenden Bond der Hellenen im Depot hatte und sich am Schuldenschnitt beteiligte, findet nun folgende Portfoliostruktur vor: 20 neue Anleihen Athens, die in den Jahren 2023 bis 2042 auslaufen, drei EFSF-Papiere und dazu noch einen an das Bruttoinlandsprodukt Griechenlands gekoppelten Bond.
Aus einem Bond mach 24! So sieht Restrukturierung aus. Da wird's beim Umschichten viel Spaß geben, vor allem wenn man daran denkt, dass sich mancher Privatinvestor vielleicht nur mit 1000 Nominal in Griechenland engagiert hat. Alle Bonds zusammen haben einen Wert von rund 240 Euro (bezogen auf ehemals 1000 Euro Nominal). Die Marktreaktion fiel aber schon positiv aus. Über die Kurve hinweg betrachtet gab es bei den Griechen-Bonds gestern Gewinne von etwa drei bis vier Preispunkten. Die Kursverluste am Freitag wurden als zu negativ eingestuft.
Die ISDA, der Branchenverband der im außerbörslichen Derivatehandel tätigen Finanzinstitutionen, stellte erwartungsgemäß das Kreditereignis im Sinne der Restrukturierung in Athen fest. Am 19. März erfolgt das ordnungsgemäße Procedere zur Abwicklung der CDS. Der wilde Staatsbankrott ist zunächst gebannt - so die Auffassung vieler Marktteilnehmer. Aber das ist er nur fast.
Es gibt ja schließlich noch die nach internationalem Recht emittierten Griechen-Anleihen über rund 18 Mrd. Euro. Die sollte man im Blick behalten. Die Umtauschfrist für das PSI wurde bei diesen Titeln bis zum 23. März verlängert. 31% der Inhaber dieser Bonds (rund 6 Mrd. Euro) haben sich noch nicht zum Tausch bereit erklärt, und sie können einzig und allein von einer Mehrheit der Investoren dazu verpflichtet werden. In einigen Bonds haben Investoren aber eine blockierende Minderheit und können deshalb nicht zur Teilnahme am PSI gezwungen werden. Für die Griechen heißt das nun: Sie müssen diese Anleihen entweder weiterhin bedienen oder sie erleiden einen Default des Staates, der dann auch die neuen griechischen Staatsanleihen einschließt. Zugegeben: Es ist relativ unwahrscheinlich, dass Griechenland wegen ca. 2% der gesamten Staatsschuld (6 Mrd. Euro in Frage kommender Anleihen in Bezug auf rund 300 Mrd. Staatsschuld) in einen Staatsbankrott läuft. Aber was hat man in dieser Krise nicht schon alles für undenkbar erklärt.
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