Beruhigungspillen, Kommentar zum Engagement der deutschen Versicherer in den Euro-Peripheriestaaten, von Antje Kullrich.
Frankfurt (ots)
Die guten Nachrichten zuerst: In puncto Griechenland haben die deutschen Versicherer das Schlimmste überstanden. Die branchenweiten milliardenschweren Abschreibungen durch Schuldenschnitt und Verkaufsverluste haben keine Gesellschaft ins Straucheln gebracht. Laut BaFin stecken nur noch verschwindend geringe 0,03% der Kapitalanlagen der deutschen Assekuranz in Hellas-Bonds. Nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch summiert sich das gesamte Engagement einschließlich Bank- und Unternehmenspapieren in den sogenannten PIIGS-Staaten auf nur noch 5% der Kapitalanlagen. Einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone halten führende Finanzchefs der deutschenVersicherer für beherrschbar.
Die schlechte Nachricht lautet: Trotz der vermeintlich schönen Daten, die eher als Beruhigungspillen taugen als objektive Wahrheiten ans Licht bringen, zahlen die Lebensversicherten schon heute die Zeche. Durch die Flutung der Märkte mit billigem Geld entgehen den Altersvorsorgesparern jährlich Milliarden an Zinsen, an die Zinseszinseffekte bei jahrzehntelang laufenden Policen mag man gar nicht denken. Für die Zukunft droht außerdem die Entwertung des bisher angesparten Kapitalstocks durch stärkere Inflation. Bei Aktiengesellschaften kommt hinzu, dass die Verteilungskämpfe zwischen Kunden und Anteilseignern mit beiderseits berechtigten Renditeinteressen schärfer werden dürften.
Tatenlosigkeit kann man den Kapitalanlegern der deutschen Assekuranz nicht vorwerfen, doch die Manövrierfähigkeit der Dickschiffe, die sie als institutionelle Anleger mit weit über 1 Bill. Euro Assets under Management sind, ist begrenzt. Große Umschichtungen sind unmöglich - wohin sollten die Konzerne auch mit dem Geld? Riskantere Anlageklassen wie Aktien und Private Equity sind mit den kommenden Eigenkapitalregeln nach Solvency II keine Alternative. Angesichts des unsicheren Dauerzustands an den Finanzmärkten haben die Versicherer ihre Ansprüche eingedampft. Sicherheit ist Trumpf - dieses Minimalziel immerhin dürfte das Gros der deutschen Lebensversicherer auf absehbare Zeit erreichen. Und sie stehen damit besser da als viele Konkurrenten in Europa. Die Renditejäger unter den Asset Managern werden jedoch auf Sicht eher eine bescheidene Beute einfahren. Ihr Geschäft ist mühsam, nur beim Gang über die Dörfer lassen sich ein paar Prozentpünktchen mehr erzielen, doch im Saldo reicht es oft nur für ein Aufhübschen der Nachkommastellen bei der Nettoverzinsung.
(Börsen-Zeitung, 30.5.2012)
Kontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de