Durchschlagskraft gesucht, Kommentar zur Ablösung von Gabriele Hahn als oberste Versicherungsaufseherin bei der BaFin, von Thomas List.
Frankfurt (ots)
Diese Personalie ist ein Knaller. Gabriele Hahn, erst seit anderthalb Jahren oberste Versicherungsaufseherin hierzulande, verliert ihren Job und kümmert sich zukünftig um übergreifende Aufgaben und die Organisation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Der Verlust für die Branche ist aber begrenzt.
Hahn war vor der BaFin Präsidentin des Bundeszentralamtes für Steuern, der BaFin-Posten war praktisch die Krönung eines durchgehend von steuerlichen Themen bestimmten Berufslebens. Der Wechsel zur Versicherungsaufsicht war ein Einschnitt, der bis heute sicht- und fühlbar blieb. Zwar befasste sich die Exekutivdirektorin, so Hahns Funktionsbezeichnung, mit allen für die Branche wichtigen Themen, vom neuen Aufsichtssystem SolvencyII bis zu den Folgen der niedrigen Zinsen für die Lebensversicherung, aber die Antworten blieben eher unverbindlich.
Angesichts der Herausforderungen, die gerade diese beiden Punkte für die Branche darstellen, ist das nicht genug. Es gilt, gerade in Brüssel die Besonderheiten der deutschen Branche für die Zukunft zu bewahren - seien es die Garantieversprechen in der Lebensversicherung oder die Marktstruktur mit den vielen kleineren Versicherungsvereinen. Dies ist aber nicht alles. Es gilt auch sicherzustellen, dass die Assekuranz nicht von Bankenkrisen angesteckt werden kann. Bisher ist dies gelungen. Inzwischen stoßen Versicherer aber in Bankdomänen vor, zum Beispiel im Großkreditgeschäft. Der Gefahr, dass Banken Risiken, die sie nicht mehr tragen wollen oder können, bei der Assekuranz abladen, muss die Aufsicht entschlossen entgegentreten.
BaFin-Chefin Elke König, die selbst aus der Assekuranz kommt, kennt die Probleme der Branche genau. Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, wie schwer es für Hahn als Branchenneuling gewesen sein dürfte, sich gegenüber König zu behaupten. Sichtbar wurde dies nicht zuletzt bei der jüngsten Jahrespressekonferenz der Aufsicht.
Der oder die Nachfolger(in) als Exekutivdirektor(in) Versicherungsaufsicht sollte mit der Assekuranz vertraut sein, am besten aus ihr kommen, um sofort ohne Einarbeitungszeit die drängenden Themen der Branche angehen zu können: die letzten Feinjustierungen bei SolvencyII im Sinne der hiesigen Besonderheiten beeinflussen und dafür sorgen, dass die deutsche Assekuranz sich auch weiterhin ihre Stabilität bewahrt. Ein schlagkräftiges Duo aus Exekutivdirektor(in) und Präsidentin ist dazu in der Lage.
(Börsen-Zeitung, 14.6.2012)
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