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Grautöne, Marktkommentar von Georg Blaha

Frankfurt (ots)

Immer noch ist Euro-Krise, und wieder einmal steht ein Rettungsgipfel für die Währungsunion an. Am kommenden Donnerstag und Freitag tagen die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Zwei Tage scheinen recht kurz für die Fülle an Themen und Problemkomplexen, welche die Politik ansprechen und idealerweise gleich lösen sollte. Ein Langfristplan für die Eurozone soll her, der die Risiken und Ungleichgewichte des europäischen Projekts breiter verteilen soll, die Stichworte lauten Fiskal- und Bankenunion. Auf der Agendaliste steht auch ein sogenannter Wachstumspakt, der die schwächelnden Volkswirtschaften in den südlichen Euro-Ländern beleben soll. Gleichzeitig hoffen viele Akteure darauf, dass die Politik die Bahn frei macht für kurzfristige Lösungen, die die Spannungen an den Märkten entschärfen und die gestiegenen Bondrenditen Spaniens und Italiens wieder einfangen. Die Mittel der Wahl lauten hierzu: Anleihekäufe durch die Rettungsschirme EFSF und ESM und neue Langfristtender der Europäischen Zentralbank (EZB).

Enttäuschungspotenzial

Das Enttäuschungspotenzial für die Märkte ist angesichts der Fülle an Themen und der Tiefe der Probleme der Währungsunion groß. Gleichzeitig sind positive Überraschungen nicht auszuschließen. Die Marktbewegungen der zurückliegenden Woche waren recht eindeutig in dem Sinne, dass die Anleger sich nach wie vor weit mehr auf Politik und Zentralbanken fokussieren denn auf Konjunktur- oder andere Fundamentaldaten. Vor der Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zur Wochenmitte legten Risiko-Assets eine beachtliche Rally hin, die allerdings wieder in sich zusammenbrach, nachdem die Fed nur eine Verlängerung der "Operation Twist" ankündigte, welche die Zinsen am langen Ende senken soll, aber keine neue geldpolitische Lockerung. Ebenso kam der Euro auf Kursstände von über 1,27 Dollar voran, nachdem einige Anleger darauf gesetzt hatten, dass der dauerhafte Rettungsschirm ESM pünktlich an den Start geht und bei Bedarf in den europäischen Bondmärkten intervenieren kann. Doch mittlerweile wackelt selbst der vom 1. auf den 9. Juli verschobene Starttermin für den Rettungsmechanismus, nicht zuletzt, weil das Bundesverfassungsgericht um mehr Zeit bat, das entsprechende Gesetz zu prüfen.

Analysten und Volkswirte gehen indes davon aus, dass das EU-Treffen noch nicht im Sinne der Märkte liefern kann. "Der Gipfel wird kaum mehr beschließen als ein wenig wirksames Konjunkturprogramm", meint der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer. Auch bei Goldman Sachs hält man in Anspielung auf Chinas Weg in die Moderne auch eher einen "Langen Marsch" für wahrscheinlich als einen "Großen Sprung nach vorn" per Gipfelbeschluss. Krämer geht davon aus, dass sich nach dem Treffen das bekannte Muster ergeben wird, dass Peripherieanleihen und der Euro unter Druck geraten und die Märkte damit den Handlungsdruck auf die Politik erhöhen werden.

Für die kommenden Sommerwochen zeichnen sich für die europäischen Börsen trübe Perspektiven ab, nicht zuletzt wegen der schwachen Konjunkturdaten, die in der abgelaufenen Woche in Euroland, den USA und China veröffentlicht wurden. Doch das Bild muss differenziert werden, noch ist aufgrund des einstweiligen Verbleibs Griechenlands in der Eurozone ein dem "Lehman-Schock" vergleichbares Ereignis ausgeblieben; es überwiegen eher die Grautöne denn eine völlige Finsternis an den Märkten. So ging der Ifo-Geschäftsklimaindex am Freitag zwar etwas mehr als erwartet zurück, doch die gegenwärtige Beurteilung der Wirtschaftslage durch die Unternehmen hellte sich dafür leicht auf. Spanien musste bei einer Bondauktion für fünfjährige Papiere einen Rekordzins zahlen, doch das gebeutelte Land hat immer noch Marktzugang. Bei den zehnjährigen Papieren des Landes waren sogar Kursgewinne zu verzeichnen, und der Leitindex Ibex35 überraschte mit einer Rally, nachdem die Hoffnung aufkam, dass die Bankenrettung für das Land in einem bezahlbaren Rahmen bleibt. Chinas Wachstum hat sich abgeschwächt, doch es gibt die Hoffnung, dass die vorgezogenen Konjunkturprogramme und die Leitzinssenkung in der zweiten Jahreshälfte Wirkung entfalten.

Das Risiko des "grauen" Szenarios im Zusammenhang der Euro-Krise liegt darin, dass es die EU-Entscheider verleiten könnte, Entscheidungen hinauszuzögern sowie vereinbarte Programme mit den verschuldeten Ländern aufzuweichen. Sollte sich dergleichen abzeichnen - etwa wie in Italien im Sommer 2011 -, werden die Märkte das bisher nur gedämpfte Licht schnell ganz ausschalten.

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