Verteilungskämpfe, Kommentar zum Einzelhandel von Andreas Heitker
Frankfurt (ots)
Die Energiekosten werden für den deutschen Einzelhandel zu einem immer größeren Ärgernis. Nicht nur, dass die Kaufkraft der Verbraucher durch den unaufhaltsamen Anstieg der Strom- und Gaspreise, die heute schon mehr als ein Drittel über dem Niveau von 2005 liegen, leidet. Es geht vor allem auch um die Händler selbst. In einem normalen kleinen Supermarkt mit einer Verkaufsfläche von 1200 Quadratmetern schlagen die Energiekosten heute schon mit rund 18000 Euro pro Jahr zu Buche. Sollte die EEG-Umlage wie befürchtet demnächst auf 5,3 von derzeit 3,6 Cent je Kilowattstunde steigen, hätte ein solcher Supermarkt schon eine jährliche Energierechnung von 27000 Euro zu schultern. Bei den heutigen mickrigen Margen im Handel ist dies nicht ohne weiteres wegzustecken.
Im deutschen Einzelhandel würde die genannte Steigerung der Ökostromumlage insgesamt Mehrkosten von 780 Mill. Euro verursachen. Hinzu kommen aber auch noch weitere Belastungen im Zusammenhang mit der Energiewende: Allein die Ende August von der Bundesregierung beschlossene Umlage für den Ausbau der Offshore-Windenergie kostet die Händler rund 100 Mill. Euro im Jahr. Dass das Murren in der Branche über die Ausgestaltung der Energiewende immer lauter wird, ist daher mehr als verständlich.
Der Einzelhandel ist insgesamt der drittgrößte Energieverbraucher in der deutschen Wirtschaft. Die Branche kann aber keine Ausnahmen und vergünstigten Strompreise wie die energieintensive Industrie in Anspruch nehmen, und sie kann auch nicht mit einer Abwanderung ins kostengünstigere Ausland drohen.
Der Umbau der Energieversorgung in Deutschland schlägt sich mittlerweile immer stärker in den Kostenrechnungen der Unternehmen nieder. Der Einzelhandel ist hier nur ein Beispiel. Dieses zeigt aber eindringlich, wie stark mittlerweile die Verteilungskämpfe der Branchen untereinander schon begonnen haben. Dabei geht es immer wieder neu um die Frage, wer denn die Energiewende im Endeffekt bezahlen soll. Nicht nur der Handel, auch die Stahl- oder die Chemieindustrie haben schließlich berechtigte Interessen, von existenzbedrohenden Zusatzlasten befreit zu werden.
Bislang galt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als Antwort auf diese Frage. Doch mehr und mehr zeigt sich, dass die Lastenverteilung noch einmal grundsätzlich auf den Prüfstand gehört. Ansonsten wird die Energiewende einmal an zu geringer Akzeptanz aller Beteiligten scheitern.
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