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Problem Früherkennung, Kommentar zum Weltwirtschaftsausblick des IWF, von Peter De Thier.

Frankfurt (ots)

Dass der Internationale Währungsfonds (IWF) seine halbjährlich erscheinenden Prognosen zur Weltwirtschaft alle paar Monate aktualisiert, ist spätestens seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise gang und gäbe. In der Regel heißt es, man habe bestimmte Entwicklungen unterschätzt, etwa die Folgen der Preisblase am US-Häusermarkt, die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Bankenkrise, die Krise im Euroland und nicht zuletzt die Bedeutung der rasant steigenden Staatsverschuldung in den USA.

Immer wieder wurden im Weltwirtschaftsausblick (WEO) also Prognosen abgegeben, die aufgrund der Unzulänglichkeiten bei der Früherkennung, die ja eigentlich zu den wichtigsten Zuständigkeiten des Hauses gehört, schon bald danach obsolet waren. Anders ist diesmal aber, dass der Währungsfonds vorsorglich darauf hinweist, dass die Zahlen schon binnen weniger Wochen an Gültigkeit verlieren könnten. Einerseits wird in diesem und dem kommenden Jahr mit einem globalen Wachstum von mehr als 3% gerechnet. Da aber nicht auszuschließen ist, dass die Krisenbewältigung in der Eurozone wieder ins Stocken gerät und die Entscheidungsträger in Washington untätig bleiben, könnte alles ganz anders kommen. Demnach könnten die Industrieländer in eine Rezession abgleiten und das Weltwirtschaftswachstum auf 2% sinken.

Der erstmalige Hinweis darauf, dass seine Voraussagen mit Vorsicht zu genießen sind, zeugt einerseits von Einsicht, andererseits von den Grenzen, die den Ökonomen in Washington gesetzt sind. Denn es sind in der Tat unvorhersehbare politische Entwicklungen, die für die konjunkturelle Entwicklung entscheidend sind. Darauf, ob der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) von den einzelnen Staaten aktiviert wird und die angemahnten Reformen fortgesetzt werden, hat der Währungsfonds ebenso wenig Einfluss wie auf die Situation in den USA.

Während in Europa wenigstens Hoffnung auf Besserung besteht, ist in den USA die Gefahr deutlich größer, dass wegen der politischen Blockade in Washington zum Jahresende automatische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen die Konjunktur abwürgen - die gefürchtete sogenannte "fiskalische Klippe". Bis zur US-Wahl ist ein neues Gesetz zur Verlängerung der Steuererleichterungen und Verhinderung des Stimulusentzugs praktisch ausgeschlossen. Ob es danach einen Kompromiss geben kann, ist fraglich. So oder so könnte noch rascher als sonst der Währungsfonds gezwungen sein, seine Prognosen nach unten zu korrigieren. Wenigstens dies hat er frühzeitig erkannt.

(Börsen-Zeitung, 9.10.2012)

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