Im Schatten der Fed, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn.
Frankfurt (ots)
Assets aus den Emerging Markets haben Anlegern zuletzt wenig Freude bereitet. Im abgelaufenen Jahr verzeichneten die Aktienmärkte der meisten Schwellenländer eine deutlich schlechtere Performance als die entwickelten Märkte. Sichtlich unter Druck gerieten auch die Währungen der Länder, so dass einige Beobachter schon wieder von einer Krise der Emerging-Markets-Anlagen sprechen.
Allerdings hat es auch 2013 positive Ausnahmen gegeben. So haben etwa die Aktienmärkte Nigerias und Sambias ein Plus von mehr als 30% verzeichnet. Und auch der indische Markt hat mit einem Plus des Leitindex BSE Sensex von 9% und dessen Allzeithoch Anfang Dezember wieder Tritt gefasst.
Aktuell ist eine ganze Reihe von Analysten davon überzeugt, dass die Schwellenländer-Assets das Schlimmste überstanden haben und dass es - wenn auch moderat - nach oben geht. Dafür spricht, dass sich die Weltkonjunktur im laufenden Jahr weiter erholt. Die Eurozone kehrt zu Wachstum zurück, in den USA gewinnt die Erholung an Fahrt. Allerdings ist in Ländern wie China das Expansionstempo früherer Jahre wohl nicht mehr erreichbar.
Nach Ansicht von Emerging-Markets-Analysten spricht für Assets dieser Länder auch, dass die Regierungen damit begonnen haben, strukturelle Probleme mit Reformen anzugehen. So hat etwa die Staats- und Parteiführung in Peking nicht weniger als 60 Maßnahmen in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Sozialsysteme, Justiz, Urheberrechte und Patente, Banking, Geldpolitik und Umweltschutz in Aussicht gestellt. Das Programm hat zwar den Zeitrahmen einer ganzen Dekade. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass das Vorhaben chinesischen Assets bereits 2014 Rückenwind gibt.
Zusätzlicher Rückenwind könnte zudem in einigen Ländern durch anstehende Parlamentswahlen erzeugt werden. So sagen etwa die Analysten des US-Brokerhauses Jefferies voraus, dass der indische BSE Sensex im Vorlauf der Wahlen um bis zu 10% steigen könnte und als Reaktion auf die Wahlergebnisse um bis zu 15%. Allerdings setze dies voraus, dass entsprechend den Wünschen der Investoren der Kandidat der regierenden BJP, Narenda Modi, die Abstimmung gewinnt. Wahlen stehen außer in Indien im ersten Halbjahr 2014 in Indonesien, Südafrika und Thailand an. In der zweiten Jahreshälfte sind sie in der Türkei, in Brasilien und in Nigeria vorgesehen.
Es gibt allerdings einen Einflussfaktor, der sämtliche für Investoren positive Trends zunichtemachen kann: Genau wie 2013 könnte das "Tapering" der Fed für Katerstimmung sorgen. Bereits im abgelaufenen Jahr hatte die Ankündigung der Fed, ihr Liquidität spendendes Bondkaufprogramm einschränken zu wollen, die teilweise kräftigen Verluste an den Schwellenländermärkten ausgelöst. Mittlerweile hat die US-Notenbank mit der Kürzung des Programms begonnen. Bisher ist die Reduzierung mit 10 Mrd. Dollar pro Monat zwar nicht gravierend. Die Fed hat zudem auch durchblicken lassen, dass der Leitzins weiter auf dem gegenwärtigen ultraniedrigen Niveau verharren soll. Allerdings haben allein schon positive Konjunkturdaten aus den USA Ängste der Anleger vor einer Forcierung des Tapering geweckt, diese könnten neue Kapitalabzüge aus den Emerging Markets auslösen.
Ein Blick auf die Kapitalflüsse zeigt, dass das Jahr 2014 für diese Märkte nicht gut begonnen hat: Die Mittelabzüge halten offensichtlich an. So sind in der Woche per 15. Januar rund 774 Mill. Dollar aus Emerging-Markets-Bond-Fonds abgezogen worden. Aus Aktienfonds wurden sogar 1,3 Mrd. Dollar in die entwickelten Märkte umgeleitet. Dementsprechend hat auch der Aktienindex MSCI Emerging Markets seit Anfang Januar 3% eingebüßt. Dies alles deutet nicht auf einen Stimmungsumschwung zugunsten der Schwellenländeranlagen hin.
Die meisten Anleger sind sich wohl bewusst, dass die bisherigen Wachstumsmodelle in vielen Schwellenländern an ihre Grenzen gestoßen sind. So wies die russische Volkswirtschaft im dritten Quartal keinerlei Wachstum mehr auf, und Brasilien kam auf anämische 2,5%. Hinzu kommt, dass viele strukturelle Ungleichgewichte - wie die hohe private Verschuldung - die Investoren weiter verschrecken.
Das alles spricht dagegen, dass 2014 das Jahr einer glanzvollen Renaissance der Emerging Markets wird. Die Trendwende zum Besseren dürfte noch eine ganze Weile auf sich warten lassen.
(Börsen-Zeitung, 18.1.2014)
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