Kein Aktionismus, Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Mark Schrörs
Frankfurt (ots)
Kann die Europäische Zentralbank (EZB) jetzt überhaupt noch anders, als am Donnerstag erneut ihre Leitzinsen zu senken oder zu anderen Mitteln zu greifen? Im März ist die Inflation in Euroland auf nur noch 0,5% gefallen. Das ist nicht nur der niedrigste Wert seit mehr als vier Jahren - es ist vor allem meilenweit entfernt vom EZB-Ziel von knapp unter 2%. Und dennoch: Es gibt gute Gründe für die Euro-Hüter, jetzt ruhig zu bleiben.
Der Rückgang der Teuerung kommt weder unerwartet - auch wenn er etwas stärker ausfiel als von vielen Auguren vorhergesagt -, noch ist er ein Indiz, dass das Risiko einer Deflation gestiegen ist. Verantwortlich sind zum Großteil Sondereffekte wie der andere Ostertermin dieses Jahr. Das dürfte bereits im April die Preise wieder kräftiger steigen lassen. Die EZB sollte durch solche Volatilität hindurchschauen. Zugleich ist die wirtschaftliche Erholung intakt, auch wenn Gefahren bestehen wie die Krim-Krise. Und die berechtigte Hoffnung ist, dass mit der Erholung die Teuerung anzieht. Das Risiko eines gefährlichen Preisverfalls erscheint weiter gering.
Nun argumentiert mancher, auch eine dauerhaft niedrige Inflation berge bereits Risiken und die EZB solle lieber zu viel als zu wenig, um eine Deflation gänzlich auszuschließen. Ersteres stimmt, vor allem mit Blick auf die Inflationserwartungen. Der leichte Abwärtstrend bei einigen dieser Indikatoren ist deshalb keine gute Nachricht und die EZB muss höllisch wachsam sein. Noch aber scheint er in Grenzen zu sein. Und Letzteres stimmt auch: Es ist unbestritten, dass eine Deflation verheerende Folgen hat. Aber auch eine Geldpolitik, die überschießt, kann schlimme Konsequenzen haben. Für die EZB kommt erschwerend hinzu, dass die noch wirklich effektiven Optionen im "Instrumentenkasten" - Negativzins, Anleihekäufe - in sich große Risiken bergen.
Aber sollte die EZB dann jetzt nicht wenigstens mit kleineren Liquiditätshilfen ein Signal setzen? Auch da ist Vorsicht angebracht: Wenn sie jetzt so kurz nach ihrem erst Anfang März gegebenen Wachstums- und Inflationsausblick in Aktionismus ausbricht, könnte der Eindruck entstehen dass sie selbst Zweifel bekommt, dass sich die Wirtschaft peu à peu belebt. Das könnte etwa die Investitionsbereitschaft dämpfen. Zum anderen könnte sie als Getriebe dastehen, das immer wieder von der Inflationsentwicklung überrascht wird - sie also mithin nicht mehr unter Kontrolle hat. Wer sollte dann noch auf ihre Zusicherung vertrauen, dass keine Deflation droht? Die EZB muss auch aufpassen, dass ihre Reputation keine irreparablen Schaden nimmt.
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