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Das Wagnis, Kommentar zu Infineon von Michael Flämig

Frankfurt (ots)

Selbst in diesen Zeiten sind 2,4 Mrd. Dollar eine Menge Geld. Dies gilt insbesondere für die Halbleiterbranche, die eine überschaubare Dimension hat. Mit dem Angebot an die Anteilseigner des US-Konkurrenten International Rectifier am Mittwochabend kann Infineon sich daher in eine neue Dimension katapultieren. Doch Volumen ist kein Selbstzweck. Wie ist der Kauf zu bewerten?

Positiv fällt auf: Das Management hat die Investoren gut auf die Offerte vorbereitet. Es ist eine Akquisition mit Ansage. Dass die Börse auf Spekulationen im gestrigen Tagesverlauf mit einem Kurseinbruch reagierte, hatte anfangs mit dem Kaufkandidaten nichts zu tun. Denn mancher Aktionär hatte zuvor auf eine Sonderdividende gehofft. Im abendlichen Späthandel ging es allerdings weiter abwärts.

Rectifier bringt trotzdem gute Voraussetzungen mit, den Infineon-Wert zu stützen. Erstens garantiert der Zukauf dort regionalen Rückenwind, wo Infineon unterrepräsentiert ist: im Technologie-Hub an der US-Westküste. Zweitens kann Infineon via Rectifier kleinere und mittlere Kunden besser adressieren. Drittens bleibt Infineon mit dem Cash-Eigenanteil von nur 800 Mill. Euro ausreichend Polster, um aktionsfähig zu sein. Am wichtigsten allerdings ist - viertens - ein weiterer Punkt: Die Überschneidungen in der Technologie sind zwar vorhanden, aber die Ergänzungen substanziell.

Allerdings ist die Bewertung mehr als ambitioniert. Der Aufschlag auf den Rectifier-Aktienkurs von 50% mag im US-Halbleitermarkt üblich sein, bleibt aber happig. Dieses Geld muss erst einmal verdient werden. Bis zum Beweis des Gegenteils werden die Anleger skeptisch sein. Dafür gibt es gute Gründe. Schließlich sind derart große Übernahmen in der Branche unüblich, es gibt keine Erfahrungswerte. Naturgemäß fehlen diese damit auch dem Infineon-Vorstand. Er muss unter Beweis stellen, die erforderlichen Qualitäten zu besitzen.

Noch schwerer wiegt: Rectifier steckt mitten in einer Restrukturierung. Damit ist der US-Konzern ein unsicherer Kantonist schon aus sich heraus. In dieser Lage lassen sich Margensteigerungspotenziale wunderbar extrapolieren, eine ganze Beratungsindustrie lebt von entsprechenden Charts. Doch Papier ist geduldig. Die Bayern stehen vor der Aufgabe, über die kulturelle Grenze des Atlantiks hinweg diesen Umbau zu fördern und stellenweise neu zu justieren.

Das Wagnis ist offensichtlich - aber die Chancen sind es ebenso. Mehr als bei anderen Akquisitionen kommt es darauf an, in der sensiblen Branche bei einem semistabilen Kaufkandidaten die Integration gut zu managen.

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