Die Zeit nach der Finanzkrise: rasantes Wachstum verursacht Anfälligkeiten bei der Mikrofinanzierung
Washington, February 24, 2010 (ots/PRNewswire)
Laut eines Berichts der im Mikrofinanzwesen tätigen CGAP-Gruppe, die ihren Sitz bei der Weltbank hat, sind Rückzahlungsschwierigkeiten bei Mikrofinanzierungen in vier schnell wachsenden Märkten nicht auf die Finanzkrise zurückzuführen. Vielmehr werden diese durch die Art und Weise verursacht, mit der Mikrofinanzierungen in solchen Märkten durchgeführt werden. In dem Bericht werden Rückzahlungsschwierigkeiten in vier rasant wachsenden, dabei jedoch sehr unterschiedlichen Märkten analysiert: Nicaragua, Bosnien-Herzegowina, Marokko und Pakistan. Die Autoren kommen dabei zu dem Schluss, dass die beobachteten Probleme in engem Zusammenhang mit den Wachstumsphasen des jeweiligen Landes in der Zeit von 2004 bis 2008 stehen.
Laut den Autoren sei nicht das Mikrofinanzwesen für die Finanzprobleme in diesen Ländern verantwortlich. Vielmehr halte sich dieses im Rahmen der Krise recht gut - was Beobachter zuversichtlich stimmt, dass dieser Bereich gestärkt aus der Finanzkrise hervorgehen werde.
Der Bericht "Wachstum und Anfälligkeiten im Bereich der Mikrofinanzierung" (Growth and Vulnerabilities in Microfinance) (http://www.cgap.org/p/site/c/template.rc/1.9.42393 ) weist auf drei wesentliche Schwachpunkte hin, durch die Rückzahlungsschwierigkeiten in diesen Ländern entstehen: unverhältnismässige Gewährung von Krediten durch Mikrofinanzinstitute und mehrfache Kreditaufnahme aufseiten der Kunden; überlastete hauseigene Abwicklungsabteilungen der Mikrofinanzinstitute sowie mangelhafte Rückzahlungsmoral bei den Kreditnehmern, die aufseiten der Mikrofinanzinstitute durch eine Ausrichtung auf schnelles Wachstum verursacht wurde.
"Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass Mikrofinanzierungen zur Anlagenqualität beitragen und dabei beeindruckende Ergebnisse erzielt werden können. Dies betrifft sowohl Investitionsrenditen als auch Verbesserungen der Lebensqualität", erläutert Xavier Reille der CGAP, einer der Koautoren des Berichts. "Dennoch gibt es in einigen Ländern Anzeichen von Schwierigkeiten, die aufzeigen, dass wir uns stärker auf nachhaltiges Wachstum konzentrieren und erneut die Anlagenqualität ins Auge fassen sollten."
Während der letzten 10 Jahre hat das Mikrofinanzwesen ein beeindruckendes Wachstum verzeichnen können und Millionen von einkommensschwachen Haushalten Zugang zu Finanzdienstleistungen ermöglicht. Dieses Wachstum wurde durch aufstrebende Mikrofinanzinstitute sowie die allgemeine Verfügbarkeit von Krediten angekurbelt. Sowohl regionale als auch ausländische Investoren wollten unbedingt zum Wachstum in diesem Sektor beitragen. "Im kommenden Jahrzehnt sollten wir uns allerdings auf nachhaltiges Wachstum konzentrieren und dem Kundendienst wie auch der Anlagenqualität mehr Beachtung schenken", so Reille weiter.
Die CGAP führt drei Entwicklungen an, die die nächste Wachstumsphase im Mikrofinanzwesen unterstützen könnten: ein besseres Gleichgewicht zwischen Wachstum und Kundendienstleistungen bei Mikrofinanzinstituten; eine höhere Anzahl von Kreditauskunftunternehmen und erhöhte Inanspruchnahme der von diesen angebotenen Dienstleistungen sowie verbesserte Marktauskünfte, mithilfe derer Manager bei Erweiterungen ihres Dienstleistungsangebots bessere Entscheidungen fällen können.
Den Autoren fiel auf, dass sich Mikrofinanzinstitute gegenseitig an bestimmte Standorte gefolgt waren und den jeweiligen Markt in jedem der vier Länder somit nur uneinheitlich abgedeckt hatten. Durch die grössere Auswahl an Darlehen und den erhöhten Wettbewerb entstanden für Kunden zahlreiche Vorteile. Im Zuge dieser Entwicklung bot sich Darlehensnehmern jedoch die Möglichkeit, höhere Kredite aus verschiedenen Quellen aufzunehmen; gleichzeitig wurde die Rückzahlungsmoral beeinträchtigt.
Durch die Konzentration auf Anlagenwachstum und die Anwerbung von Neukunden war es vielen Mikrofinanzinstituten nicht möglich, beim Personal bestimmte Qualifikations- und Effizienzstandards einzuhalten. Auch bei der Ausrichtung auf mittleres Management sowie bei internen Kontrollen gab es Unzulänglichkeiten.
Drittens wurde ein Mangel bei der Rückzahlungsmoral von Krediten verzeichnet. Die Mikrofinanzinstitute waren bereit, für die Anwerbung von Neukunden höhere Risiken einzugehen und haben daher ihre Produktpalette erweitert, ohne ihre internen Kontrollen angemessen verbessert und angepasst zu haben.
Laut den Autoren lässt der Bericht über diese vier Länder eine Reihe interessanter Rückschlüsse für eine ansonsten relativ gesunde Branche zu. Weiterhin werfen sie die Frage auf, ob sich Länder wie Indien, in denen ein starkes Wirtschafts- und Anlagenwachstum zu verzeichnen ist, ähnlich anfällig zeigen könnten. "Mikrofinanzinstitute müssen ihre internen Kontrollen unbedingt in den Griff bekommen und ihre Kunden und Märkte besser verstehen", bemerkt Xavier Reille. "Kreditauskunftunternehmen könnten in dieser Hinsicht sehr hilfreich sein und bei der Erschliessung und zukünftigen Erweiterung von Finanzmärkten eine wichtige Rolle spielen. Mit ihrer Hilfe können Mikrofinanzunternehmen übersättigte Märkte meiden und vernünftige Wachstumschancen wahrnehmen", fährt Reille fort.
Die Autoren betonen, dass es sich bei den Empfehlungen in diesem Bereich nicht um Patentrezepte für die Lösung aller möglichen und zukünftigen Probleme bei der Mikrofinanzierung handelt. Sie können als Ganzes jedoch viel dazu beitragen, Wiederholungsfehler in der Branche zu vermeiden.
Informationen zur CGAP
Die CGAP (The Consultative Group to Assist the Poor / Die Beratungsstelle zur Unterstützung einkommensschwacher Haushalte) ist die weltweit führende Informationsstelle für die Weiterentwicklung des Mikrofinanzwesens. Die CGAP bietet der Finanzbranche, Regierungen und Investoren objektive Informationen, Expertenmeinungen und innovative Lösungsansätze, um auf effiziente Weise armen Menschen weltweit einen besseren Zugang zu Finanzdienstleistungen zu ermöglichen. Weitere Informationen erhalten Sie unter: http://www.cgap.org
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