Automobilindustrie: Gewinnsteigerung um 50 Prozent bis 2020
Düsseldorf (ots)
Gewinne der größten Automobilhersteller erhöhen sich auf insgesamt 79 Mrd. Euro - Weiterhin steigende Verkäufe in Wachstumsmärkten und Trend zu Premium-Fahrzeugen sind größte Treiber
Der Gesamtgewinn der größten Automobilhersteller kann bis 2020 von derzeit 54 Mrd. Euro um rund 50 Prozent auf jährlich 79 Mrd. Euro wachsen. Maßgebliche Treiber für diese Entwicklung sind trotz der aktuellen Probleme eine jährliche Steigerung der weltweiten Autoverkäufe um 3,8 Prozent sowie der anhaltende Trend zu Premium-Fahrzeugen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen McKinsey-Studie mit dem Titel "The road to 2020 and beyond: What's driving the global automotive industry?", in der die weltweit 17 größten Automobilunternehmen analysiert wurden. Sie decken zusammen vier Fünftel des globalen Automarkts ab.
"Unser Ausblick für die Automobilindustrie ist grundsätzlich positiv", sagt Detlev Mohr, Leiter der europäischen Automobilberatung von McKinsey und Co-Autor der Studie. Die Branche habe sich von der schweren Krise in den Jahren 2008/2009 erholt. "2012 überstiegen die Erträge mit 54 Mrd. Euro die des letzten Vorkrisenjahres 2007 mit 41 Mrd. Euro wieder deutlich." Die Ertragsquellen haben sich allerdings verschoben: Während die Hersteller 2007 in den BRIC-Staaten und dem Rest der Welt 30 Prozent ihres Gewinns erwirtschafteten, waren dies 2012 bereits 60 Prozent - angetrieben durch 65 Prozent mehr Fahrzeugverkäufe.
Dieser Trend wird sich laut der McKinsey-Analyse fortsetzen: Der Großteil der zusätzlichen Gewinne (19 Mrd. Euro) wird durch anhaltend starke Verkäufe in den Wachstumsmärkten erzielt, davon bis zu 9 Mrd. Euro durch Premiumautos in China. Mögliche Verkaufs- und Zulassungsrestriktionen in China könnten die erwarteten zusätzlichen Gewinne jedoch signifikant schmälern.
Steigende Verkäufe in Nordamerika werden 4 Mrd. Euro beitragen, während von Europa und Japan mittelfristig keine zusätzlichen Wachstumsimpulse ausgehen. Anstatt eines Volumenwachstums könnten in den etablierten Märkten jedoch Trends wie digitale Angebote im Auto und eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern einen positiven Gewinneffekt von 2 Mrd. Euro haben.
Erfolgsbausteine für Hersteller
"Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren schon wichtige Schritte unternommen, um sich auf den härteren Wettbewerb einzustellen. Doch die Chancen werden für verschiedene Regionen und Fahrzeugsegmente sehr unterschiedlich sein", erläutert Detlev Mohr. Neun Bausteine sind für den langfristigen Erfolg nötig, so die McKinsey-Analyse:
- Produktivität weiter verbessern: Verschärfte Emissionsgrenzwerte und Sicherheitsanforderungen erhöhen die Kosten, gleichzeitig konnten wegen des scharfen Wettbewerbs Preiserhöhungen netto bisher nicht bei den Kunden durchgesetzt werden. Hersteller müssen daher Kostenverbesserungen in Höhe von 3 bis 4 Prozent jährlich erreichen, um das Profitabilitätsniveau zu halten und sowohl neue Features als auch die vorgeschriebenen Technologien zu nutzen.
- Komplexität durch Plattformstrategien managen: Größere Produktionsvolumina auf gleichen Fahrzeugplattformen bleiben ein Schlüssel zur Profitabilität. Gleichzeitig steigt jedoch durch die Markteinführung neuer Fahrzeugvarianten, die sich die gleichen grundlegenden Komponenten teilen, die Komplexität. Während sich dieser Trend im unteren und mittleren Fahrzeugsegment langsam abschwächt, gibt es im Premiumbereich noch profitable Nischen für neue Modellvarianten.
- Kosten für Umweltauflagen abfedern: Zukünftige CO2-Reduktionen werden deutlich teurer sein als bisher, da die Hersteller die kostengünstigen Einspartechnologien mittlerweile flächendeckend eingeführt haben. Allianzen mit Wettbewerbern und Zulieferern können helfen, Investitionskosten für neue Technologien wie elektrische und Hybridantriebe zu begrenzen.
- Ersatzteilmarkt in China entwickeln: Die Wachstumsraten des chinesischen Automarktes werden von 18 Prozent (2006) auf ein immer noch hohes Niveau von 6 Prozent (2020) zurückgehen. Großes Potenzial bietet der Ersatzteilmarkt: Er wächst um jährlich 20 Prozent und wird bis 2020 rund 100 Mrd. Euro erreichen. Der Aufbau eines starken Servicenetzes kann außerdem helfen, die Markenloyalität zu stärken.
- Chancen in aufstrebenden Regionen nutzen: Der Anteil der etablierten Märkte an den weltweiten Verkäufen wird von derzeit 50 Prozent bis 2020 auf 40 Prozent sinken. Vielversprechend sind eine Konzentration auf Premiumautos sowie die Entwicklung kleinerer Fahrzeuge, vor allem für Schwellenländer. Bis 2020 dürfte dieses Segment auf 30 Millionen Fahrzeuge jährlich anwachsen.
- Autos vernetzen: Bis 2020 wird jedes fünfte Fahrzeug im Bestand über eine Internetverbindung verfügen. Besitzer verbringen durchschnittlich 50 Minuten pro Tag im Fahrzeug - zusätzliche Services wie Musikdienste oder touristische Informationen können daher ein vielversprechendes Geschäftsfeld sein und zur Markendifferenzierung beitragen. Hersteller müssen sich in diesem Bereich auf kürzere Entwicklungszyklen und neue Anbieter einstellen.
- Autohandel auf Digitalisierung ausrichten: Für 70 Prozent der Neuwagenkäufer sind digitale Kanäle schon jetzt die wichtigste Informationsquelle. Um das Markenimage und die Kundenbindung zu stärken, sollten Hersteller und Händler gemeinsam integrierte Vertriebsstrategien entwickeln, die digitale Angebote im Internet und Autohaus mit dem praktischen "Erfahren" eines Autos verbinden.
- Zulieferer auf Wachstumspfad mitnehmen: Die steigenden Verkäufe in Wachstumsregionen erfordern zusätzliche Produktionskapazitäten vor Ort - Hersteller sollten die benötigten Wertschöpfungsketten gemeinsam mit Zulieferern entwickeln. Darüber hinaus könnten der Trend zu alternativen Antrieben sowie die Verbreitung von Infotainment im Auto eine Chance für Zulieferer sein, mehr zur Wertschöpfung beizutragen. Enge Partnerschaften sind ein Weg, um Entwicklungskosten zu senken und neue Technologien schneller in den Markt zu bringen.
- Kapazitäten anpassen: Signifikante Überkapazitäten in Europa drücken die Gewinne. Während in den USA die Krise genutzt wurde, um Kapazitäten anzupassen, steht dieser Schritt in Europa noch aus. In China müssen die Hersteller den Markt genau beobachten und den Ausbau der Produktion entsprechend flexibel managen.
Hintergrund
Für die weltweite Studie "The road to 2020 and beyond: What's driving the global automotive industry?" wurden die weltweit 17 größten Automobilhersteller analysiert, die für 80 Prozent der Verkäufe und rund 85 Prozent des Umsatzes stehen. Zahlreiche Experteninterviews mit Automobilmanagern stützen die Ergebnisse der Analyse.
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