Schienenfahrzeuge: Produktion stagniert - Service und Wartung boomen
Düsseldorf (ots)
McKinsey-Studie: Wertschöpfung der Hersteller steigt bis 2025 auf 38 Milliarden Euro - Trend zur Konsolidierung hält an - Digitalisierung und autonome Fahrzeuge erfordern neue Fähigkeiten
Das Service- und Reparaturgeschäft wird zum wichtigsten Wachstumsmotor für Hersteller von Schienenfahrzeugen. Die Wertschöpfung aus diesen so genannten Aftersales-Aktivitäten wird um knapp 50 Prozent zulegen von zuletzt 13 Milliarden auf rund 19 Milliarden Euro im Jahr 2025. Das Geschäft mit Neufahrzeugen wird hingegen bei ebenfalls rund 19 Milliarden Euro stagnieren. Der Gesamtumsatz der Schienenfahrzeugindustrie (Hersteller, Zulieferer und Bahnanbieter zusammen) wird von jährlich 120 Milliarden auf rund 130 Milliarden Euro nur leicht zulegen. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Branchenstudie von McKinsey & Company mit dem Titel "Huge value pool shifts ahead - how rolling stock manufacturers can lay track for profitable growth". Für die Untersuchung hat die Unternehmensberatung den weltweiten Markt für Passagier- und Güterzüge im Stadt-, Regional- und Fernverkehr analysiert und mehr als 50 Experten aus der Industrie und Wissenschaft befragt.
Überkapazitäten und Konsolidierungsdruck prägen Branche
"Die Schienenfahrzeugindustrie steht vor einem grundlegenden Wandel", sagt Arnt-Philipp Hein, Partner bei McKinsey und Koautor der Studie. "Hersteller müssen ihr Geschäftsmodell von der Fahrzeugproduktion hin zu mehr Service und Aftersales weiterentwickeln, vor allem durch datenbasierte, vorausschauende Wartungsangebote. Nur so können sie trotz nahezu stagnierender Fahrzeugmärkte und aggressiv wachsender Zulieferer profitabel bleiben."
Neun Trends werden die Industrie im kommenden Jahrzehnt verändern, so ein weiteres Ergebnis der Studie:
- Veränderte Industrie- und Wettbewerbslandschaft. Die Branche ist zurzeit geprägt durch große Überkapazitäten - die Auslastung der Fabriken liegt global im Schnitt nur bei weniger als zwei Dritteln der verfügbaren Kapazität. Daraus folgt ein starker Konsolidierungsdruck: Die zehn größten Hersteller (Original Equipment Manufacturers - OEMs) haben ihren Marktanteil von 53 Prozent im Jahr 2010 auf über 70 Prozent im vergangenen Jahr gesteigert. Größter Anbieter auf dem Markt ist nun CRRC aus China, das zunehmend auf den Export setzt. OEMs werden außerdem von Zulieferern unter Druck gesetzt, die ihren Wertschöpfungsanteil sukzessive steigern konnten. "Zulieferer schaffen es oft, eine operative Gewinnmarge von rund 10 Prozent zu erwirtschaften - OEMs kommen in der Regel nur auf 3 bis 4 Prozent", so Hein.
- Neue Nachfragemuster und Kundengruppen. Die Urbanisierung ist der wichtigste Nachfragetreiber in den kommenden Jahren. Während in den vergangenen Jahren Hochgeschwindigkeitszüge gefragt waren, wächst jetzt der Markt für innerstädtische Verkehrslösungen wie U-Bahnen - und dies vor allem in Schwellenländern. Hein: "Um konkurrenzfähig zu sein, müssen OEMs Produktionskapazitäten näher an diesen Kundengruppen aufbauen." Darüber hinaus wandelt sich die Kundenlandschaft von nationalen Eisenbahngesellschaften hin zu Leasingunternehmen. "Diese kaufen vermehrt standardisierte Fahrzeuge und lagern die Wartung an Dritte aus. Insgesamt nehmen sie die Gesamtlebenszykluskosten der Fahrzeuge stärker in den Blick", beschreibt Hein. Damit gehe auch eine stärkere Betrachtung der finanziellen Stabilität von Anbietern einher, um den Auftraggeber gegenüber finanziellen Ausfallrisiken abzusichern.
- Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle. Vor allem im Servicegeschäft wird die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle ermöglichen - beispielsweise die Fernüberwachung von Fahrzeugen und darauf basierende, angepasste Wartungsintervalle. "OEMs können damit beispielsweise neue Vertragsmodelle anbieten, die auf Gesamtlebenszykluskosten basieren", erläutert Hein. Daneben steigen die Anforderungen, sparsame und schadstoffarme Fahrzeuge zu entwickeln. Auch der Trend zu fahrerlosen Schienenfahrzeugen bedeutet neue Anforderungen. "Bis 2025 werden mehr als 2.200 Kilometer U-Bahn-Linien vollautonom befahren werden - 2015 waren es nur 800 Kilometer", sagt Experte Hein. OEMs müssten aktuelle Sensortechnik und Softwarestandards beherrschen, um von diesen Trends zu profitieren.
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