Italien: Kinder von migrantischen Arbeitskräften leben ohne grundlegende Rechte
Ein Dokument
Italien: Kinder von migrantischen Arbeitskräften leben ohne grundlegende Rechte
Zürich/Rom, 27. Juli 2023 – Viele Kinder von Migrantenfamilien, die in der italienischen Landwirtschaft arbeiten, werden von staatlichen Diensten übersehen und erhalten daher keine Schulbildung und Gesundheitsversorgung. Dadurch sind diese Kinder einem erhöhten Risiko von Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt, wie ein aktueller Bericht von Save the Children Italien zeigt. Die 13. Ausgabe des jährlichen Berichts zum Thema Kinderhandel und Ausbeutung erscheint im Vorfeld des Welttages gegen Menschenhandel (Sonntag, 30. Juli).
Der Report („Piccoli Schiavi Invisibili“, auf Deutsch: „Unsichtbare kleine Sklaven“) konzentriert sich auf die vom Agrarsektor geprägten italienischen Provinzen Latina und Ragusa und stellt fest, dass viele Kinder dort oft abgeschottet in behelfsmässigen Unterkünften leben, die sich mehrere Familien teilen. Die fehlende Infrastruktur in den ländlichen Gebieten zwingt viele Kinder dazu, allein zu Hause zu bleiben oder ihren Eltern bei der Arbeit zu helfen.
„Mit diesem Bericht wollten wir den Kindern und Jugendlichen eine Stimme geben, die tagtäglich im Schatten der Gesellschaft ohne grundlegende Rechte leben und deren Zugang zu Gesundheitsdiensten und Bildung schwerwiegend beeinträchtigt wird“, sagt Raffaela Milano, Direktorin der Italien-Europa-Programme von Save the Children. „Es ist wichtig, diese Kinder wahrzunehmen und dafür zu sorgen, dass sie alle einen registrierten Wohnsitz haben, dass sie ins Gesundheitssystem und in die Schule aufgenommen werden und dass sie die für ihr Aufwachsen notwendigen Unterstützungsleistungen erhalten.“
Im Jahr 2021 gab es in Italien rund 230'000 irregulär Beschäftigte in der Landwirtschaft, wobei der Anteil ausländischer Arbeitskräfte und die Zahl der Frauen (55'000) sehr hoch ist. In der Provinz Ragusa sind zum Beispiel fast die Hälfte aller Landarbeitenden Migrant:innen.
Viele Kinder gehen gar nicht zur Schule, andere brechen sie bereits im Alter von zwölf oder 13 Jahren ab, um sich der informellen Arbeit anzuschliessen. Einige Kinder, die für den Bericht befragt wurden, gaben an, dass sie bereits ab zwölf Jahren gefährliche Arbeiten wie das Sprühen von Pestiziden ohne Schutz verrichteten.
Der Bericht geht auch auf das umfassendere Problem des Menschenhandels und der Ausbeutung in Italien ein, wo im Jahr 2021 etwa 757 Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung ermittelt wurden. Mehr als ein Drittel aller Fälle waren Kinder (35 Prozent), wobei Mädchen mit 168 Fällen deutlich häufiger betroffen waren als Jungen (96 Fälle). Save the Children fordert die italienische Regierung auf, im Kampf gegen die Ausbeutung von Arbeitskräften stärker die Kinder in den Fokus nehmen.
Im Jahr 2022 startete Save the Children in Italien das Projekt „Free from Invisibility“ in der Provinz Ragusa, das Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis 17 Jahren und Jugendliche bis 21 Jahre unterstützt. Zudem hat die Organisation das „Centro Famiglie Orizzonti a Colori“ in Marina di Acate für Familien mit Kindern bis zu sechs Jahren gegründet, das rechtliche und administrative Unterstützung sowie gesundheitliche Dienste und pädiatrische Beratung bietet.
Hinweise für die Redaktion:
- Hier ist der Link zum Bericht „Piccoli Schiavi Invisibili“
- Bildmaterial zum Download finden Sie hier. Unter © Save the Children ist das Material honorarfrei auch zur Weitergabe an Dritte nutzbar.
Bei Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an den untenstehenden Kontakt.
Medienkontakt Melina Stavrinos Kommunikationsverantwortliche +41 44 267 74 68 melina.stavrinos@savethechildren.ch
Save the Children Schweiz Jedes Kind verdient eine Zukunft – ob in der Schweiz oder auf der ganzen Welt. Mit dieser Überzeugung unterstützt der Verein Save the Children Schweiz seit 2006 kompromisslos und unermüdlich die am stärksten benachteiligten Kinder. In der Schweiz verwurzelt, ist Save the Children seit 1919 die weltweit führende Kinderrechtsorganisation. Dank unserer lokalen Verankerung in 120 Ländern kennen wir die Situation vor Ort, passen unsere Projekte entsprechend an und können im Notfall unverzüglich helfen. Wir verändern nachhaltig und positiv das Leben von Kindern, besonders in Krisen, auf der Flucht oder in Slums. In der Schweiz setzen wir uns seit 2015 für geflüchtete Kinder ein und verfügen über grosse Expertise im Bereich Asyl und Migration.