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Menschen, Siege, Sensationen
Leitartikel von Hajo Schumacher

Berlin (ots)

Man kann Olympia hassen, wegen des Kommerzes und des Trubels und der hirnlosen Verehrung sinnloser Fähigkeiten. Man kann Olympia lieben, für die Spannung, den Wettbewerb, das unmittelbar Dramatische. Wird Britta Steffen sich und die Welt noch einmal überraschen? Wie stabil ist Robert Harting? Welche junge Heldin wird in den nächsten vier Wochen geboren? Und wer fällt ins Nichts der Niederlage? Spannend auch die Frage: Wie wird London? München, Los Angeles, Moskau, Sydney, Peking - das waren Spiele mit halbwegs berechenbarem Spirit. London dagegen, Heimstatt der Bankenzocker, hat noch kein Profil entwickelt. Wird es royal werden, cool oder einfach nur anstrengend? Wollen die Berliner jemals Olympia in die Stadt holen, müssen sie sich an der britischen Metropole jedenfalls messen. Jubelbereite Bürger allein genügen nicht. Eine funktionierende S-Bahn wäre hilfreich, ein bisschen mehr Siegeshunger auch. Großbritannien steckt seit einem Jahrzehnt viel Geld in den Profisport, um die Heimspiele mit reichlich Medaillen zu garnieren. Soviel Einigkeit kann man sich hierzulande kaum vorstellen. Muss auch gar nicht sein. Erlaubt ist durchaus die Frage, ob man solche Hochleistungsspiele überhaupt will. Das Diktat der Sponsoren, die Inszenierungsmacht des Fernsehens und vermuteter Doping-Betrug sind nicht das Vorbild für die Jugend, das sich die Olympische Bewegung einst zum Ziel setzte. Gleichwohl kann sich kaum ein Mensch auf dieser Erde dem Sog der Spiele entziehen. Ob man Olympia verehrt oder verachtet - niemandem ist das globale Milliardenspektakel gleichgültig. Die Spiele dienen vielmehr als Spiegel unserer Träume, Ängste, Sehnsüchte und als willkommene Ablenkung von Politik in unsicheren Zeiten. Bunter lassen sich Sommerpause, Eurokrise und aufziehende Wirtschaftsflaute kaum überdröhnen als mit jungen, leistungsbereiten Waschbrettbäuchen, die stellvertretend für ihre Länder einen beispiellosen Cocktail von Emotionen liefern. Warum tun sie das? Weil sie wollen. Und weil sie können. Wer je einen Olympioniken im Training erlebt hat, kann ermessen, wie sehr sich Tausende von Lebensleistungen in den kommenden Wochen zu Dramen verdichten. Mehr als 10.000 Sprünge absolviert Patrick Hausding im Jahr in der Europa-Schwimmhalle. Freiwasserschwimmer Thomas Lurz ist einmal um die Welt gekrault für Gold. Sie alle haben gerackert, gelitten, akribisch gefeilt für den Traum vom Sieg. Sicher ist aber nur das Risiko: Statt satter Rente erwartet viele Sportler eine unsichere Zukunft. Ganz gleich, wie wir Olympische Spiele bewerten - jedem fairen Wettkämpfer gilt, unabhängig vom Ergebnis, Respekt für seinen Mut zum Leistungssport.

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