Großprojekt? Keine Hexerei
Leitartikel von Thomas Fülling
Berlin (ots)
Am Berliner Flughafen Schönefeld beginnt am heutigen Dienstag die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA). Das ist nach all den peinlichen Terminverschiebungen und Kostenexplosionen am BER eine wirklich gute Nachricht. Nicht nur, weil in Selchow innerhalb von nur zwei Jahren ein komplett neues Messegelände entstanden ist. Die modernen Hallen und das großzügige Freigelände werden trotz des großen Zeitdrucks auch noch ohne Mensch-Maschine-Schnittstellen, Leichtbaupavillons und andere Provisorien, die ernsthaft für den neuen Hauptstadtflughafen erwogen wurden, in Betrieb gehen. Eine weitere peinliche Pleite bleibt der Region erspart. Berlin kann's also doch noch, mag man an dieser Stelle angesichts der inzwischen weltweiten Häme über das BER-Desaster mit Erleichterung ausrufen. Es sollte nicht vergessen werden, dass es noch vor drei Jahren völlig ungewiss war, ob die ILA - immerhin die drittgrößte Luft- und Raumfahrtmesse in Europa - überhaupt in Berlin bleibt. Der alte Standort stand dem BER-Neubauprojekt im Wege und ist inzwischen nicht mehr zugänglich. Der Messeveranstalter, der Branchenverband BDLI, hat sich trotz zahlreicher anderer lukrativer Offerten dennoch für einen Verbleib der ILA in Berlin entscheiden. Man habe den Zusagen der politisch Verantwortlichen aus Berlin und Bandenburg vertraut, sagte der BDLI-Chef Thomas Enders rückblickend. Die ILA blieb glücklicherweise in Berlin und beschert der Region einen Kaufkraftzuwachs in dreistelliger Millionenhöhe sowie Tausende zum Teil hoch qualifizierte Arbeitsplätze. Ob der BDLI nach den jüngsten BER-Pannen sich heute auch noch so überzeugt für Berlin entschieden hätte, wer weiß? Selbstverständlich sind der Bau von Messehallen und das Betonieren von Freiflächen nicht vergleichbar mit dem Bau eines riesigen Airport-Terminals, bei dem es extrem hohe Anforderungen an die Sicherheit und Funktionsfähigkeit aller Anlagen gibt. Dennoch sind, wie das Beispiel zeigt, Termin- und Kostentreue bei Bauprojekten keine Hexerei. Der neue ILA-Standort wurde in Verantwortung der Berliner Messe gebaut. Die landeseigene Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet und bei zahlreichen großen Veranstaltungen wie der gerade zu Ende gegangenen Internationalen Funkausstellung (IFA) unter Beweis gestellt. Diese gute Arbeit beschert Berlin ein im Vergleich zu anderen großen europäischen Metropolen überdurchschnittlich wachsendes Messegeschäft und jährlich Hunderttausende Fachbesucher, die Geld und Arbeit in die Stadt bringen. Die gleichfalls in öffentlicher Hand befindliche Berliner Flughafengesellschaft hat bei ihrem Projekt kläglich versagt. Die genauen Ursachen und die Verantwortlichkeiten dafür liegen bis heute weitgehend im Dunkeln und bedürfen dringend der Aufklärung. Schon, um der Stadt weitere teure Pleiten zu ersparen. Das nächste Infrastruktur-Großprojekt, der Weiterbau der U-Bahn durch Berlins historische Mitte, hat ja gerade begonnen.
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