Alle Storys
Folgen
Keine Story von BERLINER MORGENPOST mehr verpassen.

BERLINER MORGENPOST

Steinmeiers Sternstunde; Hajo Schumacher über den Verhandlungserfolg des Außenministers in der Ukraine

Berlin (ots)

In Sotschi wird die Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele vorbereitet, in Kiew scheint das Blutvergießen vorerst beendet. Beide Schauplätze liegen mehr als 1000 Kilometer voneinander entfernt und doch ganz dicht beieinander. Denn in einer Person finden sportliche Heiterkeit und brutaler Straßenkampf zusammen: Wladimir Putin. Kaum vorstellbar, dass der Kompromiss in der Ukraine ohne Wissen des russischen Präsidenten zustande kam. Ob wegen wachsenden Kontrollverlusts oder aus Einsicht - Moskau hat dem korrupten und zu jeder Brutalität fähigen Diktatoren Janukowitsch die schützende Hand entzogen, obgleich es für Russland um die Frage geht: Zieht die Ukraine nach Brüssel oder Richtung Kreml? Wenige Stunden vor dem weltweit übertragenen Finale von Sotschi stand Putin vor einer heiklen Entscheidung: Wollte er ein peinliches Pfeifkonzert riskieren, vor allem aber, als Kriegsherr in die olympische Geschichte einzugehen? Hinter der Fassade des heiteren sportlichen Feuerwerks jedenfalls konnte er sich nicht länger verstecken. Image- oder Machtverlust, das war die Frage. Mag das IOC auch verzweifelt betonen, dass das Reich der Ringe so wundervoll friedlich und unpolitisch sei, selten waren Sport und Politik so eng verflochten wie in den vergangenen zwei Wochen. Nie seit Olympia 1936 hat es eine solch gespenstische Gleichzeitigkeit gegeben: hier der blütenweiße Bühnenzauber, dort blutige politische Realität. Putin war gefangen zwischen seiner persönlichen Eitelkeit als perfekter Olympia-Gastgeber und seinem ebenso ausgeprägten Großmachtstreben. Allmacht war nicht länger möglich; entweder würde er in Kiew oder in Sotchi die Kontrolle verlieren. Es waren allerdings nicht die selbstgefälligen olympischen Funktionäre, die den Frühling in Kiew beförderten. Die IOC-Oberen versagten den ukrainischen Athleten sogar den Trauerflor, ein paar Zentimeter Stoff am Ärmel. Die Wende brachte der alte, neue Bundesaußenminister. Über 20 Stunden lang verhandelte Frank-Walter Steinmeier so umsichtig, dass auf einmal rasche Neuwahlen möglich geworden sind, die eingesperrte Oppositionsführerin Julia Timoschenko wieder auf freiem Fuß und der Potentat Janukowitsch vom Parlament abgesetzt worden ist - ein immenser diplomatischer Erfolg, den noch am Donnerstag kaum jemand für möglich gehalten hätte. Als Kollateralnutzen hat Steinmeier zudem den Ruf der EU als außenpolitisch handlungsunfähigen Haufen zumindest für eine Weile korrigiert.

Kontakt:

BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
  • 21.02.2014 – 20:27

    Erklärungsnot nach Sotschi; Raik Hannemann über die Bilanz der Olympischen Winterspiele

    Berlin (ots) - Nun also auch noch das. Eine deutsche Olympiastarterin war gedopt, und dann kommt sie auch noch aus dem liebsten Wintersport der Nation. Selbst wenn die Umstände rund um ein angeblich verunreinigtes Nahrungsergänzungsmittel im Fall von Evi Sachenbacher-Stehle erst noch genauer geklärt werden müssen, ist doch eines absehbar: Die Olympischen ...

  • 18.02.2014 – 20:14

    Schmitz ist sich selbst der Nächste/ Ein Leitartikel von Andreas Abel

    Berlin (ots) - André Schmitz hat es abgelehnt, als Kultur-Staatssekretär entlassen zu werden. Ein Schreiben an seinen ehemaligen Dienstherrn, den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, in dem er bat, von seinen Aufgaben entbunden zu werden, zog Schmitz in den vergangenen Tagen zurück. Nun blieb dem Senat nichts anderes übrig, als den Kultur-Staatssekretär in ...

  • 16.02.2014 – 21:15

    Dem Rechtsstaat dient hier keiner / Leitartikel von Hajo Schumacher

    Berlin (ots) - Ob sich Sebastian Edathy an eine Grenze wagte, von der sich Politiker mit Karriereplänen fernhalten sollten oder ob es sich um den Einstieg zu Strafbarem handelte, wird womöglich nie zu klären sein. Fest steht nur, dass sein Ruf ruiniert ist. Und die Karriere von Hans-Peter Friedrich gleich mit. Aber erlebt Deutschland deswegen eine Staatsaffäre? Mitnichten. Im Gegenteil: Es herrscht politischer Alltag. ...