Schluss mit der Beutegemeinschaft/ Ein Leitartikel von Joachim Fahrun
Berlin (ots)
Kaum ein Bürger weiß, was er überhaupt für sein Wasser bezahlen muss. Dennoch hatten die Berliner in den vergangenen Jahren ein deutliches Gefühl und das sagte: zu viel. Diese Wahrnehmung wurde nun bestätigt. Der Berliner Senat und die ehemals privaten Miteigentümer Veolia und RWE haben die Wasserbetriebe als Beutegemeinschaft missbraucht und von den Kunden ungerechtfertigt hohe Preise verlangt. Pro Jahr kamen da für eine normale Familie schon mal 40 bis 50 Euro zusammen. Dem Bundeskartellamt ist es zu danken, dass diese Praxis nun beendet wird.
Das Düsseldorfer Urteil bedeutet jedoch noch mehr: Auch ein kommunales Unternehmen darf sein Monopol nicht ausnutzen und dem Kunden abnehmen, was sich mit Abschreibungsregeln, kalkulatorischen Zinsen und anderen finanztechnischen Hebeln so als Preis heraufberechnen lässt. Die Wasserwirtschaft muss sich untereinander vergleichen lassen. Das ist ein Erfolg für die Konsumenten in ganz Deutschland.
Für Berlin bedeutet der Spruch des Kartellsenats aber nicht, dass die mehr als zehnjährige Debatte um die Wassertarife nun beendet ist. Die Wasserbetriebe dürfen vor den Bundesgerichtshof ziehen, wenn sie der Eigentümer, also der Senat, dazu ermächtigt. Juristisch mag das vielleicht interessant sein. Kaum ein Berliner dürfte jedoch verstehen, wenn den fünf Millionen Euro für die gescheiterte Klage gegen das Kartellamt weiteres Geld hinterhergeworfen wird, um eine Entscheidung anzufechten, die eigentlich alle gut finden.
Denn der Senat hat unter dem Druck der Berliner Bürger eingesehen, dass er umsteuern muss und die Wasserkunden nicht länger ohne Rücksicht auf real anfallende Kosten in Anspruch nehmen kann. Die unanständig hohen Gewinnmargen der Wasserbetriebe mit 25- bis 30-prozentigen Umsatzrenditen müssen der Vergangenheit angehören.
Aber ein Thema bleibt: Die Abwasserpreise sind kein Bestandteil der Prüfungen des Kartellamtes. Dabei machen sie zwei Drittel des Gesamtpreises aus. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass hier weniger großzügig zu Lasten der Kunden kalkuliert worden ist als beim Trinkwasser. Wenn der Senat sich ehrlich machen wollte, müssten auch die Abwasserpreise durchleuchtet werden. Aber dazu fehlt die Bereitschaft: Denn die Wasserbetriebe müssen viel Geld verdienen, um ihren Rückkauf durch das Land selbst finanzieren zu können. Hier stoßen SPD und CDU an die Grenzen ihrer Rekommunalisierung auf Pump.
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