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Kommentar zu Libyen
Gaddafi

Osnabrück (ots)

Grenzwertig

Muammar al-Gaddafis lebloser Körper, den Kämpfer im Staub der Straße präsentieren. Der blutüberströmte Leichnam in Nahaufnahme, einschließlich des Einschusslochs über der Schläfe. Bilder, die abstoßen, schockieren, Ekel erregen, es aber auf die vorderen Seiten vieler Zeitungen geschafft haben. In der Tat gibt es Argumente, Gaddafis Leiche zu zeigen: Die Fotos sorgen in der nach wie vor unklaren Nachrichtenlage über die Umstände seines Todes für ein gewisses Maß an Sicherheit: Hier ist er, der Tyrann, am Ende seines Weges. Die Bilder widerlegen aber auch nicht komplett die Thesen der Verschwörungstheoretiker, die immer noch die Frage "Ist er es wirklich?" stellen.

Zudem ist im Hinblick auf die Menschenwürde die Präsentation einer Leiche als Siegestrophäe einer gewonnenen Schlacht pietätlos. Überschritten haben diese Grenze definitiv die Macher des britischen Boulevardblattes "The Sun", die über Gaddafis entstelltes Gesicht die Zeile "Das ist für Lockerbie" druckten. Auge um Auge, eine Denkkategorie der Blutrache, die man im westlichen Kulturkreis überwunden glaubte. Dass aber auch hier die Bilder von Gaddafis Todeskampf faszinieren, zeigen die Klickzahlen auf die im Internet kursierenden Videos. Die neuen Kommunikationsformen im Netz förderten erst den arabischen Frühling. Nun bringen sie auch die blutige Seite des Umbruchs unzensiert ans Licht, fernab von regulierenden Mechanismen. Ein weiteres Argument für seriöse Medien, hier eine Grenze zu ziehen.

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