Kommentar zu Urteile
Europawahl
Verfassungsgericht
Osnabrück (ots)
Sorgen sind berechtigt
Hätte es bei der Europawahl 2009 keine Fünf-Prozent-Hürde in Deutschland gegeben, wären neben den etablierten Parteien sieben weitere in das Europäische Parlament eingezogen: Tierschutzpartei, Ökologisch-Demokratische Partei, Familien-Partei, Rentner-Partei, Freie Wähler und Piratenpartei, aber auch die Republikaner. Das sollten diejenigen im Hinterkopf haben, die im Karlsruher Urteil zur Aufhebung der Sperrklausel eine Stärkung der Demokratie sehen.
Entsprechend knapp fiel die Entscheidung der Bundesverfassungsrichter aus. Zwei von ihnen warnen sogar in einem Sondervotum vor einer Zersplitterung des Straßburger Parlaments. Ihre Sorgen sind berechtigt. Was Staatsrechtler von Arnim idealistisch "Magna Charta" für Minderheiten nennt, führt zu mehr Unberechenbarkeit im Europaparlament. Zwar haben einige Staaten schon jetzt abweichende Sperrklauseln. Doch die komplette Aufhebung öffnet Extremisten die Tür, die für ihre "Arbeit" auch noch Diäten beziehen.
Dass die Fünf-Prozent-Hürde nach dem Urteil weiter für den Bundestag gelten soll, aber nicht fürs EU-Parlament, ist zudem inkonsequent und diskreditiert die Bedeutung der Europapolitik. Der Sponti-Spruch "Haste einen Opa, schick ihn nach Europa" gilt längst nicht mehr. Zahlreiche Entscheidungen aus Brüssel und Straßburg sind bindend für die 27 Mitgliedstaaten. Umso wichtiger ist die Handlungsfähigkeit des Gremiums, gerade in Krisenzeiten wie diesen.
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