«Altersvorsorge ist eines der relevantesten Finanzthemen» (BILD)
SZ (ots)
Seit der grossen Finanzkrise werden die Aktienmärkte durch negative Meldungen aus dem Bankensektor auf die Probe gestellt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Pensionskassen bei einem Abwärtstrend unter Druck geraten und auch die AHV ist zum Problemfall geworden. Felix Schuler, Finanzberater bei Investapedia, erklärt, was verunsicherte Anleger tun können und wie man sich für das Alter absichern kann.
In Europa sind Länder wie Spanien, Portugal und Griechenland hoch verschuldet. Birgt die finanzielle Krise auch Risiken für die Entwicklungen an den Aktienmärkten?
Felix Schuler: Die Märkte in Europa stehen auf einem Höchststand. Auch die Aktienindizes in anderen Regionen der Welt haben nach Ausbruch der Finanzkrise rasch den Weg zur Erholung eingeschlagen. Man merkt jedoch die Unsicherheit an den Märkten. Die Investoren reagieren auf negative Nachrichten sehr sensibel. Wichtig ist, ob die USA in nächster Zeit den Leitzins erhöhen wird. Damit würde das Geld wieder teurer.
Was können verunsicherte Anleger tun?
Man muss ganz sicher die Kapitalmärkte im Auge behalten. In Aktien sollte man mit grosser Vorsicht investieren. Wichtig ist eine breite Diversifikation unter Berücksichtigung von Obligationen und alternativen Anlagen. Aktien, die langfristig gute Dividenden abwerfen, sind zu bevorzugen. Dem kurzfristigen Erfolg einzelner Unternehmen hinterherzurennen, bringt nicht viel. Im Prinzip braucht es für jeden Anleger eine Liquiditätsplanung, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Auch die Risikofähigkeit und Risikobereitschaft muss individuell beurteilt werden. Hier lohnt sich ein Gespräch mit einem Finanzberater.
Heute gibt es viele Möglichkeiten, Geld auszugeben, das man gar nicht hat. Leasingangebote für luxuriöse Autos oder Kreditverträge für teure Unterhaltungselektronik sind zwar verlockend, bergen aber auch Gefahren. Was raten Sie den Konsumenten, um nicht in die Schuldenfalle zu tappen?
Ein weises Sprichwort lautet: «Kaufe nur das, was du auch bezahlen kannst.» Das wird bei den verlockenden Angeboten heute kaum mehr beachtet. Noch nicht verdientes Geld wird bereits verplant. Bei einem Zwischenfall wie Arbeitslosigkeit oder dauerhafter Krankheit entsteht so ein finanzieller Engpass. Gleiches gilt in Bezug auf die Planung der Altersvorsorge. Die hohe Konsumorientierung kann verhindern, dass Menschen sich rechtzeitig mit den langfristigen Lebensthemen auseinander setzen. Dadurch besteht ein hohes Risiko der finanziellen Abhängigkeit im Alter. Dabei hat man gerade dann endlich Zeit zum Leben und sollte über eine entsprechende Summe an Geld verfügen. Meine Empfehlung lautet daher, ein persönliches Finanzbudget zu erstellen und vor einer Anschaffung zuerst das benötigte Kapital anzusparen. Hierfür ist es sinnvoll, zusammen mit einem Finanz-Coach einen persönlichen Finanzplan zu erstellen. So ist es möglich, Schritt für Schritt die individuellen Wünsche zu erfüllen.
Die Pensionskassen sind von den Entwicklungen an den Aktienmärkten abhängig und bei der AHV zeichnet sich ein Finanzierungsproblem ab. Was kann man tun, um sich für das Alter abzusichern?
Die Altersvorsorge ist eines der relevantesten Finanzthemen unserer Zeit. Die Abhängigkeit der Pensionskassen von den Entwicklungen an den Kapitalmärkten ist beängstigend. Auch hat der Aktienmarkt in der Vergangenheit gezeigt, dass die eingegangenen Risiken nicht immer Gutes verheissen. Aufgrund der Herausforderungen, denen AHV und Pensionskassen heute gegenüber stehen, ist es aus meiner Sicht zwingend erforderlich, privat vorzusorgen. Ich rate daher jedem, über die 3. Säule für das Alter zu sparen und zwar so früh wie möglich! Jeder sollte so früh wie möglich eine Budget- und Liquiditätsplanung machen und eine individuelle Lösung erarbeiten.
In der 3. Säule gibt es die Möglichkeit der gebundenen oder ungebundenen Vorsorge (Säule 3a oder 3b) sowohl als Banklösung wie auch in Kombination mit einer Lebensversicherung. Welche Lösung ist die beste?
Grundsätzlich gilt einmal, dass man bei der Säule 3a bis zur Höhe eines festgesetzten Betrages sofort Steuern sparen kann. Bei der Säule 3b profitiert man am Schluss bei der Auszahlung. Letzteres ist interessant, wenn man auf das Alter hin eine höhere Investition geplant hat. In Bezug auf die Frage ob Bank oder Versicherung gilt für mich ein Sowohl-als-auch. Beide Produkte haben ihre Vorzüge und sollten auf die individuelle Situation des Kunden abgestimmt sein. Bei der Versicherungslösung - sei es 3a oder 3b - wird eine fixe Prämie entrichtet. Dadurch ist gewährleistet, dass eine konstante Sparleistung erfolgt und das gewünschte Zielkapital erreicht wird. Zudem lassen sich Todesfall- und Erwerbsausfallrisiken kostengünstig einbinden. Im Risikofall kann die Versicherung auch die Fortzahlung der Prämie übernehmen. Eine Banklösung bietet verschiedene flexible Sparmöglichkeiten, welche als optimale Ergänzung genutzt werden können. Das reine Sparen mittels eines Bankkontos braucht allerdings sehr viel Disziplin. Auch ist die Einbindung bestimmter Risikoleistungen eher kostenintensiver. Die Gelder in der Säule 3a sind aufgrund des Steuerprivilegs stärker gebunden, während in der Säule 3b bezüglich der Rückzugsmöglichkeiten grössere Flexibilität besteht. Welche Art der Altersvorsorge für den Einzelnen die richtige ist, muss daher individuell beurteilt werden.
Es gibt ein enorm grosses Angebot an Vorsorgeprodukten. Was raten Sie, um aus der Fülle die geeignete Lösung zu finden?
Menschen sind verschieden, da macht auch die Altersversorgung keine Ausnahme. Nicht jeder Mensch, der etwas für seine persönliche Altersvorsorge tun möchte, hat dieselben Bedürfnisse. Jede Bank und jede Versicherung ist überzeugt, das beste Produkt anzubieten. Ein unabhängiger Finanz-Coach wie bei Investapedia hilft dabei, eine Lösung zu finden, die für den Einzelnen wirklich passt. Er bietet eine Orientierungshilfe innerhalb des breit gefächerten Angebots. Im Prinzip kann sich auch jeder selber informieren. Meine Erfahrung ist aber, dass sich der Einzelne nicht genügend mit dem Thema befasst.
Christian Iten
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