Neue Studie zur Umsetzung der Migrationspolitik durch die Schweizer Kantone veröffentlicht
Bern (ots)
Das Schweizerische Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM) der Universität Neuchâtel veröffentlicht in Zusammenarbeit mit dem nccr - on the move, dem Nationalen Forschungsschwerpunkt für Migrations- und Mobilitätsstudien, eine neue Studie über kantonale Gestaltungsspielräume in Sachen Integrationsförderung, Diskriminierungsschutz, Aufnahme im Asylbereich, Zulassung und Einbürgerung. Die Studie liefert Einblicke in die kantonale Ausgestaltung der Schweizer Migrationspolitik (Stand Ende 2017).
Die Studie interessiert sich dafür, wie die Kantone bundespolitische Vorgaben umsetzen, beispielsweise im Rahmen der Auslegung von Rechtsbegriffen und der Operationalisierung von Verfahren. Die Ergebnisse, die auf einer Umfrage bei den zuständigen Behörden beruhen, ermöglichen einen Praxisvergleich zwischen den Kantonen. Die Studie zeigt unter anderem, dass die Praxis mit dem jeweiligen strukturellen Kontext der Kantone in Zusammenhang steht. Zur Veranschaulichung dieser Kontexte publiziert das Forschungsteam ausserdem statistische Portraits, welche eine Palette von Indikatoren für alle 26 Kantone graphisch darstellen. Letztere zeigen zum Beispiel, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund zwischen 13% (AI) und 63% (GE) variiert.
Wenig Konvergenzen der Praxis
"Insgesamt bleibt die Umsetzung der eidgenössischen Vorgaben sehr variabel. Über die untersuchten Bereiche hinweg betrachtet zeigt sich dennoch eine Tendenz zu eher restriktiven beziehungsweise inklusiven Praxisoptionen", erklärt Johanna Probst, Forscherin und Mitautorin der Studie.
Der Schutz vor Diskriminierung, im Jahr 2011 noch wenig und kantonal unterschiedlich weit entwickelt, hat erhebliche Fortschritte gemacht. Auf Veranlassung des Bundes ist er heute fester Bestandteil der Integrationsförderung, auch wenn die Umsetzung manchmal noch zögerlich ist und regelmässig zu kontroversen Debatten führt.
Was die ordentliche Einbürgerung anbelangt, bestätigt die Studie, dass diese sowohl in verfahrenstechnischer Hinsicht als auch bei der Auslegung bundesrechtlicher Kriterien unterschiedlich gehandhabt wird (2017). Trotz juristischer Umsetzung birgt die Begutachtung der individuellen Integration einen beträchtlichen Ermessensspielraum, was übrigens auch für den Bereich der Zulassung von Drittstaatsangehörigen zutrifft.
Der Einfluss des Kontextes
Obschon die analysierten Verwaltungspraktiken sich nach Sprachregion unterscheiden, ist eine kulturelle Erklärung der Abweichungen unzureichend. Die vertiefte Analyse zeigt, dass sich diese Unterschiede weitgehend durch demographische, wirtschaftliche und politische Gegebenheiten in den Kantonen ergeben. Viele Kantone der Westschweiz, sowie auch einige der Deutschschweiz, sind städtischer und weisen eine stärkere Wirtschaft und eine jüngere und stärker von Migration geprägte Bevölkerung auf, was sich letztlich auf die politische Orientierung und die Verwaltungspraxis auswirkt.
Überprüfung der Praktiken
"Es zeigt sich, dass Integrationsförderung heute zweifelsohne ein wichtiges Anliegen der Kantone ist: im Rahmen der KIP haben alle Kantone entsprechende Massnahmen ergriffen. Insgesamt bestehen jedoch weiterhin grosse Unterschiede in der kantonalen Praxis: die Kantone nutzen die ihnen zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielräume intensiv aus", resümiert Johanna Probst.
Referenz:
Probst, Johanna; D'Amato, Gianni; Dunning, Samantha; Efionayi-Mäder, Denise; Fehlmann, Joëlle; Perret, Andreas; Ruedin, Didier und Sille, Irina (2019). SFM Studies #73 Kantonale Spielräume im Wandel - Migrationspolitik in der Schweiz. http://ots.ch/sPA3K0
Über den "nccr - on the move"
Der Nationale Forschungsschwerpunkt (NFS) «nccr - on the move» erforscht Themen rund um Migration und Mobilität. Der im Juni 2014 lancierte NFS setzt sich zum Ziel, das Zusammenspiel von Migration und Mobilität und damit einhergehende Phänomene besser zu verstehen. Das von der Universität Neuenburg koordinierte Netzwerk umfasst 14 Forschungsprojekte an zehn Schweizer Hochschulen: Den Universitäten Basel, Genf, Lausanne, Luzern, Neuenburg und Zürich, der ETH Zürich, dem Graduate Institute in Genf, der Fachhochschule Westschweiz sowie der Fachhochschule Nordwestschweiz. Der NFS «nccr - on the move» wird von Professor Gianni D'Amato geleitet, der auch Direktor des Schweizerischen Forums für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM) mit Sitz an der Universität Neuenburg ist.
Über das Schweizer Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien (SFM)
Das Schweizerische Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien ist ein in der Forschung und Lehre tätiges Institut der Universität Neuchâtel. Das SFM wurde 1995 gegründet, mit dem Ziel, durch Studien eine sachliche Diskussion migrationsrelevanter Themen zu erleichtern. Seither hat das SFM über 300 Studien durchgeführt, die entweder vom Schweizerischen Nationalfonds SNF oder von unterschiedlichen Institutionen wie Behörden des Bundes, der Kantone, Gemeinden sowie privaten Trägerschaften in Auftrag gegeben wurden.
Kontakt:
Johanna Probst, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schweizer Forum
für Migrations- und Bevölkerungsstudien, Universität Neuchâtel,
(FR/DE/EN), johanna.probst@unine.ch, Tel.032 718 39 57 57.
Professor Gianni D'Amato, Direktor des nccr - on the move,
Universität Neuchâtel, (FR/DE/IT/EN), gianni.damato@unine.ch, Tel.
032 718 39 30 und 079 449 64 68.
Inka Sayed, Kommunikationsleiterin der nccr - on the move, (FR/EN),
inka.sayed@nccr-onthemove.ch, Tel. 032 718 39 39.
nccr - on the move, Universität Neuchâtel
Rue Abram-Louis Breguet 2, 2000 Neuchâtel
https://nccr-onthemove.ch/