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Kaufleute 2022
«Der Lehrbetrieb wird zum wichtigsten Lernort»

Kaufleute 2022 / «Der Lehrbetrieb wird zum wichtigsten Lernort»
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Bern (ots)

Der meistgewählte Beruf der Schweiz - Kauffrau/Kaufmann EFZ - macht sich fit für die Zukunft. Weshalb und wie erklärt Matthias Wirth, Präsident der Schweizerischen Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen (SKKAB)*.

Die kaufmännische Grundbildung wird grundlegend reformiert. Warum?

Die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Die wichtigsten Treiber heissen Digitalisierung und Globalisierung. Für die Kaufleute bedeutet dies: weniger Routine, mehr Komplexität. Sie werden sich immer öfter in neuen, herausfordernden Situationen bewähren müssen. Darauf wollen wir sie vorbereiten.

Was heisst das für die kaufmännische Grundbildung?

Die Lernenden müssen lernen, ihren Kompetenzerwerb selbstständig zu steuern. Warum? Weil sie im Verlauf ihres Berufslebens immer öfter in Situationen geraten werden, wo sie sich aufgrund neuer Herausforderungen rasch und gezielt neue Kompetenzen aneignen müssen. Die Fähigkeit zum lebenslangen und selbstgesteuerten Lernen ist für das Bestehen am Arbeitsmarkt der Zukunft unabdingbar.

Wie sollen die Lernenden diese grundlegende Fähigkeit entwickeln?

Durch Erfahrungsaufbau. Wer Erfahrung hat, findet sich in unbekannten Situationen besser zurecht. Deshalb rücken wir den Erfahrungsaufbau ins Zentrum der Lehre. Entscheidend ist, dass die Lernenden ihre Erfahrungen reflektieren. Wie habe ich mich in einer bestimmten Situation verhalten? Was hat mein Entscheid bewirkt? Welche Alternativen hätte ich gehabt? Erst in der Reflexion gewinnt die Erfahrung ihren Wert für künftige Entscheidungen.

Erfahrung sammelt man in der Praxis. Gewinnt der Lehrbetrieb als Lernort an Bedeutung?

Er wird klar zum wichtigsten Lernort. Im Lehrbetrieb sammelt man Praxiserfahrung und baut berufliche Handlungskompetenz auf - nicht auf der Schulbank.

Was bedeutet das für die Lehrbetriebe: Müssen sie ihre Ausbildung neu aufstellen?

Wir planen eine Evolution, keine Revolution. Die bestehenden Instrumente sollen so weiterentwickelt werden, dass die Lernenden ihre Erfahrungen systematischer aufbauen können. Für die Lehrbetriebe kann dies bedeuten, dass sie ihre Lernenden strukturierter anleiten und ihnen gezielter Rückmeldungen geben müssen.

Wenn der Lehrbetrieb zum wichtigsten Lernort wird: Welche Funktion bleibt den Berufsfachschulen und den überbetrieblichen Kursen?

Ihre Rollen werden nicht geschmälert. Die Berufsfachschulen vermitteln Allgemeinbildung und Berufskunde, die überbetrieblichen Kurse berufstheoretische Grundlagen. Dieses Wissen wird aber erst in der Praxis zu Können - also zu Handlungskompetenz. Deshalb verstehen wir den Lehrbetrieb als wichtigsten Lernort. Grosse Bedeutung fällt den Berufsfachschulen und den überbetrieblichen Kursen bezüglich Selbstreflexion der Lernenden zu. Sie können diese durch entsprechende Übungsanlagen und den Austausch zwischen den Lernenden gezielt fördern.

Wie beeinflusst «Kaufleute 2022» die Wissensvermittlung an den Berufsfachschulen und in den überbetrieblichen Kursen?

Sie müssen sich konsequent an den künftigen Handlungskompetenzen orientieren und sich überlegen, welches theoretische Wissen die Lernenden für den Aufbau dieser Kompetenzen benötigen. Die Lernenden sollen primär Wissen erwerben, welches für ihre Handlungen relevant ist. Theorie und Praxis sollen noch enger verknüpft werden. Das bedingt eine intensive Lernortkooperation.

Wo steht das Projekt «Kaufleute 2022» Ende 2018?

Wir haben in einem ersten Schritt einen Masterplan aufgestellt, alle relevanten Akteure an Bord geholt und eine adäquate Projektorganisation vorbereitet - ein «must» bei einem Vorhaben, das 15 000 Lehrbetriebe, 150 Schulen, 26 Kantone und 21 Branchen betrifft. Das war noch vor Projektstart Anfang 2018. In einem zweiten Schritt haben wir uns gefragt, was der Arbeitsmarkt von den künftigen Kaufleuten verlangt? Die Antworten liegen auf dem Tisch, zurzeit erstellen wir auf dieser Grundlage das neue Berufsprofil.

Wie geht es weiter? Was passiert 2019?

Wir werden aus dem Berufsprofil ableiten, was das für die Ausbildung und für die einzelnen Lernorte konkret bedeutet. Wie können sie dazu beitragen, den selbstständigen Kompetenzerwerb der Lernenden zu fördern? Das geschieht in einem partizipativen Prozess.

Auf welche Resonanz stösst «Kaufleute 2022» bei Ihren Partnern?

Wir spüren von allen Seiten Offenheit, das Reformvorhaben wird begrüsst und unterstützt. Bereits finden Veränderungsprozesse statt. Letztlich wollen wir alle, dass die kaufmännische Grundbildung der meistgewählte Beruf der Schweiz bleibt.

*) Das Interview wurde Anfang Dezember 2018 geführt.

Kontakt:

Roland Hohl
Geschäftsleiter SKKAB
+41 31 398 26 11
roland.hohl@skkab.ch

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