Erstes Interview nach der Haft: Der Mann hinter dem Ibiza-Video sieht sich "unschuldig" verurteilt
Essen (ots)
Der Macher des Ibiza-Videos Julian Hessenthaler spricht nach zweieinhalb Jahren Gefängnis exklusiv mit CORRECTIV über das Entstehen des Ibiza-Videos und über seine Haft in Österreich. Interne Dokumente zeigen zudem weitere Zweifel an dem Strafprozess gegen ihn.
Im ersten Interview nach seiner Freilassung berichtet Julian Hessenthaler ausführlich über die Entstehung des Ibiza-Videos und wirft der österreichischen Justiz vor, ihn zu unrecht verurteilt zu haben. Er zieht nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (ECHR). Der Anwalt des Detektivs legte dort Beschwerde ein.
"Von maßgebenden Beamten des Innen- und Justizministeriums sowie des Bundeskriminalamts" sei versucht worden "vor und nach der Veröffentlichung des "Ibiza-Videos" Hessenthaler "durch eine strafrechtliche Verfolgung von Drogendelikten "mundtot" zu machen", heißt es in der Beschwerde, die CORRECTIV vorliegt. Das Gericht, das Hessenthaler verurteilt hatte, will die Beschwerde vor dem ECHR nicht kommentieren.
Interne Dokumente aus dem Prozess, die CORRECTIV nun einsehen konnte, bestärken die Zweifel an dem Verfahren gegen Hessenthaler. Aus einem Schreiben der Justizanstalt geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft selbst die Anwaltspost mitlesen konnte. Sie sollte "erst nach erfolgter Zensur an den Insassen" übergeben werden. Weiterhin liegen CORRECTIV Dokumente vor, die belegen, dass eine Funkzellenüberwachung der Kanzlei des deutschen Anwalts von Julian Hessenthaler in Berlin durchgeführt wurde. Auch gibt der Richter Aussagen einer Belastungszeugin im Urteil anders wieder.
Julian Hessenthaler auf freiem Fuß
Hessenthaler ist am 07. April wegen guter Führung vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen worden. Er war vor allem wegen Drogenbesitzes zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Bekannt geworden war Hessenthaler als Urheber des "Ibiza-Videos", das 2019 einen der größten politischen Skandale Europas auslöste. Auf der Ferieninsel Ibiza hatte Hessenthaler ein Treffen von zwei FPÖ-Größen mit einer angeblichen Oligarchennichte organisiert und heimlich gefilmt. Der Film zeigt den damaligen Chef der rechtspopulistischen FPÖ und späteren Vizekanzler Österreichs, Heinz-Christian Strache, und dessen engen Vertrauten Johann Gudenus, damals ebenfalls FPÖ-Politiker, im Gespräch über mögliche Korruption.
Sie besprechen Wege der illegalen Parteienfinanzierung und den Einsatz von Staatsaufträgen im Austausch für Wahlkampfunterstützung. Konkret: den Kauf der auflagenstarken Kronen Zeitung als potenzielles Werbeblatt für die Partei im Gegenzug für staatliche Bauaufträge. Die Veröffentlichung des Videos führte zur Regierungskrise unter dem damaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Hessenthaler, der als Detektiv arbeitete, wurde später in Österreich wegen Drogenhandels und Urkundenfälschung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Tatvorwurf hatte nichts mit der Herstellung des Ibiza-Videos zu tun, das selbst nicht strafbar war. In Österreich gab es immer wieder Zweifel an der Beweisführung im Gerichtsverfahren.
70-minütiges exklusives Interview
Die Nähe der europäischen Rechte zu Russland sei eines der Motive für das Ibiza-Video gewesen, sagt Hessenthaler gegenüber CORRECTIV. Er sei "der anhaltenden Überzeugung", dass es massive Bemühungen der russischen Nachrichtendienste gegeben habe, "in Europa Einfluss auf politische Entscheidungsträger zu nehmen."
Im 70-minütigen Exklusiv-Interview mit CORRECTIV spricht Hessenthaler darüber, wie das Video geplant gewesen sei und welche Folgen es danach für ihn hatte.
Die vollständige Recherche lesen Sie unter folgendem Link: https://correctiv.org/?p=148364
Das Video-Interview mit Hessenthaler können Sie hier anschauen: https://correctiv.org/?p=148727
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