Eidg. Departement des Innern (EDI)
Die Wirtschaftlichkeit der Altersvorsorgesysteme im Vergleich
(ots)Der Bundesrat hat den Bericht "Vergleich zwischen der AHV und der beruflichen Vorsorge (BV) aus wirtschaftlicher Sicht" des Bundesamtes für Sozialversicherung verabschiedet. Zwei Postulate hatten eine Analyse der Wirtschaftlichkeit des Umlageverfahrens (AHV) und des Kapitaldeckungsverfahrens (berufliche Vorsorge, BV) verlangt. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Beibehaltung beider Finanzierungssysteme aus Sicht eines guten Risikomanagements für das langfristige Gleichgewicht der Altersvorsorge von grosser Bedeutung ist.
Der Bericht ist eine Antwort auf die Postulate der Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer und des Altnationalrats Rudolf Strahm, die eine Analyse der Wirtschaftlichkeit der 1. und der 2. Säule sowie der Auswirkungen des Sparens in der 2. Säule auf das Wirtschaftswachstum verlangt hatten. Das Autorenteam hat die demographischen, wirtschaftlichen und finanziellen Risiken des Umlage- und des Kapitaldeckungsverfahrens, die das schweizerische Altersvorsorgesystem bilden, analysiert. Im Vergleich zeigt sich, dass der komplementäre Ansatz von AHV und BV für die langfristige Finanzierung der Altersrenten Vorteile bringt. Das gilt um so mehr, als das schwache Wachstum der Schweizer Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten nicht auf den Sparzufluss in der 2. Säule zurückzuführen ist. Den Gesamtertrag des Systems optimieren zu wollen, indem jede der Säulen ad hoc anders gewichtet würde, käme einer kurzfristigen Sichtweise gleich und hätte zahlreiche kostspielige Anpassungen zur Folge. Viel sinnvoller ist es, auf die Herausforderung der demographischen Alterung zu reagieren, indem jedes der beiden Systeme für sich revidiert wird.
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Auskünfte: Tel. 031 324 06 99 Olivier Brunner-Patthey, Leiter Fachstelle Ökonomie Bundesamt für Sozialversicherung
Beilage: Grundzüge des Berichts
Der vollständige Bericht "Vergleich zwischen der AHV und der beruflichen Vorsorge (BV) aus wirtschaftlicher Sicht" kann aus dem Internet heruntergeladen werden: http://www.bsv.admin.ch/forschung/publikationen/5_05d_eBericht.pdf
Grundzüge des Berichts
Beibehaltung eines Vorsorgesystems, das die Prinzipien der Umlage und der Kapitaldeckung kombiniert
Die Finanzierung der Renten unterliegt im Umlageverfahren (AHV) und im Kapitaldeckungsverfahren (BV) jeweils anderen Risiken, die sich unterschiedlich auswirken. Das Zahlenverhältnis zwischen Erwerbstätigen und Rentnern spielt bei der AHV eine zentrale Rolle, während die 2. Säule vor allem der tendenziellen Entwicklung der Finanzmärkte ausgesetzt ist. Eine stagnierende Lohnsumme oder ein markanter Inflationsanstieg wirken sich gesamtwirtschaftlich gesehen nicht auf beide Systeme gleich aus. Die Studie kommt folglich zum Schluss, dass die Beibehaltung beider Finanzierungssysteme aus Sicht eines guten Risikomanagements für das langfristige Gleichgewicht der Altersvorsorge von grosser Bedeutung ist.
Anhand der "internen Rendite" beider Versicherungen wurde die makroökonomische Effizienz der AHV und der beruflichen Vorsorge analysiert. Die "interne Rendite" entspricht in der 1. Säule dem prozentualen Anstieg der AHV-Lohnsumme; in der 2. Säule dem Ertrag aus einem Portfolio mit einem Aktienanteil von 25% (Pictet BVG25- Index). In den vergangenen fünfzig Jahren hat sich die interne Rendite der beiden Systeme praktisch gleich entwickelt. Der Bericht zeigt auf, dass die interne Rendite der BV in den kommenden Jahrzehnten mindestens genauso hoch sein wird, wie in der AHV und zwar auch dann, wenn man die höheren Verwaltungskosten mit einbezieht.
Laut Bericht belaufen sich die Verwaltungskosten in der 1. Säule auf rund 800 Millionen Franken, in der 2. Säule auf über 3,5 Milliarden Franken. Es wird zwischen zwei Kostenkategorien unterschieden: Den reinen Verwaltungskosten pro versicherte Person, die in der 1. Säule durchschnittlich 134 Franken betragen und in der 2. Säule 499 Franken. Und den Kosten für die Vermögensverwaltung, schätzungsweise 0,2 % in der 1. Säule und 0,3 % in der 2. Säule bezogen auf das verwaltete Kapital. Diese Kostendifferenzen erklären sich durch die Unterschiede in der Organisation, der Durchführung und im Finanzierungssystem. Für die Zukunft ist es wichtig, das Kosten- Nutzen-Verhältnis der verschiedenen Verwaltungsauslagen zu optimieren.
Die Kombination der beiden Systeme bringt auch umverteilungstechnisch gesehen Vorteile. Die AHV sorgt für eine Umverteilung und erfüllt so das Ziel der Solidarität zwischen den Einkommensklassen. Die BV hingegen reduziert ein mit der Umlagefinanzierung verbundenes Risiko, das darin besteht, die kommenden Generationen durch die Finanzierung der Renten zu sehr zu belasten.
Die Schweizer Volkswirtschaft zeichnet sich seit langem dadurch aus, dass sie mehr Ersparnisse erzielt, als sie auf dem inländischen Markt investieren kann. Das Sparaufkommen, einschliesslich 2. Säule, ist in Prozenten des BIP ausgedrückt relativ stabil. Dass die Schweiz zurzeit Nettokapitalexporteur ist, erweist sich in Anbetracht der Demographie und der Ertragsprognosen auf den Finanzmärkten als Vorteil.
Würde das "Zwangssparen" in der 2. Säule verringert, bliebe dies für das schweizerische Wirtschaftswachstum ohne Folgen. Das Grundproblem der Schweizer Wirtschaft ist nicht auf der Konsum-, sondern auf der Produktionsseite angesiedelt. Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, was sich sowohl für die 1. wie auch für die 2. Säule günstig auswirken würde, sollte man das Augenmerk auf ein günstiges Umfeld für Investitionen mit hohen Renditen sowie auf die Beteiligung am Arbeitsmarkt und die Verbesserung der Produktivität richten. Das vom Bundesrat im Februar 2004 verabschiedete Massnahmenpaket zur Wachstumspolitik geht in diese Richtung.