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Touring Club Schweiz/Suisse/Svizzero - TCS

Eurotest: Schweizer Tunnels und Mont Blanc (F) im Vergleich

Bern (ots)

Nach den grossen Tunnelbränden der letzten Jahre
steht die Frage der Tunnelsicherheit immer wieder im Mittelpunkt des
öffentlichen Interesses. Dies hat das aus 14 europäischen
Automobilclubs, darunter auch dem TCS bestehende Eurotest-Konsortium
bewogen, erneut 30 Tunnels in 12 Ländern zu testen. Drei davon liegen
in der Schweiz: Der Bözbergtunnel auf der A3 Basel-Zürich wurde mit
«gut» bewertet. Der Gotthardtunnel erhielt die Note «ausreichend» und
der San Salvatore-Tunnel auf der A2 bei Lugano schnitt mit
«bedenklich» ab.
Sowohl der Gotthard als auch der San Salvatore-Strassentunnel
wurden zum wiederholten Mal getestet. Allerdings enthält der heutige
Test neue Elemente.
Neu wurde das Risikopotenzial mit dem vorhandenen
Sicherheitspotenzial verglichen. Das Risikopotenzial bzw. die
Risikoklasse wurde für jeden Tunnel aufgrund dessen Verkehrsleistung
mal Tunnellänge, der Anzahl Lastwagen pro Tag und Röhre, der
Verkehrsmenge pro Fahrstreifen, Gefahrguttransporten, Steigungen im
Tunnel, Abzweigungen sowie lange Steigungen/Gefälle vor und nach dem
Tunnel, ermittelt. Zur Ermittlung der Risikoklassen stützten sich die
Tunnelexperten auf unveröffentlichte Untersuchungen der Deutschen
Montan Technologie GmbH (DMT) im Auftrag der Bundesanstalt für
Strassenwesen BASt, sowie auf Gespräche mit Vertretern der
EU-Kommission und der World Road Association PIARC aufgrund von
Erfahrungen der drei vorangegangenen Tunneltests.
Das Sicherheitspotenzial umfasst Bauwerk, Zustand,
Verkehrsüberwachung, Kommunikation, Fluchtmöglichkeiten, Brandfall,
Brandlüftung und Krisenmanagement. Dieses Sicherheitspotenzial wurde
erstmals mit einem Faktor für die Risikoklasse des betreffenden
Tunnels bewertet. Je kürzer der Tunnel und je geringer die
Verkehrsmenge sowie der Lastwagenanteil, desto niedriger ist die
Risikoklasse.
Aufgrund seiner Länge, dem Betrieb einer Tunnelröhre und der
grossen Verkehrsbelastung erhielt der Gotthardtunnel die Risikoklasse
«sehr hoch». Dies, obwohl es im Tunnel selbst über wenig Gefälle
aufweist und Transporte von zahlreichen Gefahrgütern verboten sind.
Strengere Bewertung
Im Vergleich zu früheren Tunneltests enthält die Checkliste vor
allem bei den Bereichen Verkehr und Verkehrsüberwachung,
Flucht-/Rettungswege, Brandfall und Brandlüftung mehr Anforderungen.
Auch der Bewertungsmassstab für die Bauwerke (Tunnelsysteme) wurde
dem Baustandard bei neueren Tunnels in Euro-Ländern angepasst. Die in
Deutschland, Spanien, Frankreich und Belgien getesteten Tunnel mit
zwei Röhren haben meistens einen durchgehenden Pannenstreifen.Wo kein
Pannenstreifen vorhanden ist, gibt es viele Pannenbuchten, alle 600 m
oder in noch kürzeren Abständen z. B. alle 250 m im belgischen Tunnel
Cointe. Demgegenüber weist in der Schweiz der relativ neue
Bözbergtunnel weder Pannenstreifen noch Pannenbuchten auf. Dass der
relativ alte San Salvatore Tunnel über einen geringeren
Ausrüstungsstandard aufweist, liegt nahe. Im internationalen
Vergleich mussten die Schweizer Tunnels beim «Tunnelsystem» daher
Minuspunkte hinnehmen.
Gotthardtunnel ist «ausreichend»
Durch das steigende Verkehrsaufkommen werden am Gotthard auch
deutlich höhere Anforderungen an das Tunnelsystem gesteckt. Durch die
strengere Bewertung gegenüber dem früheren Test, zusammen mit der
erstmals angewendeten Risikogewichtung konnte der Gotthardtunnel nur
noch mit «ausreichend» bewertet werden. Dies obwohl der Tunnel seit
dem letzten Test laufend mit Sicherheitseinrichtungen ergänzt wurde.
Allerdings konnten bedeutende Massnahmen wie die Betriebsbereitschaft
der neuen Brandlüftung und der Nachweis für deren Funktionsfähigkeit
im Brandfall noch nicht bewertet werden. Damit wird der
Gotthardtunnel jedoch wieder die Bewertung «gut» erreichen. Aus
diesem Grund ist raschmöglichst die Betriebsbereitschaft der neuen
Lüftung sicherzustellen.
Der TCS begrüsst zudem die weiter geplanten Massnahmen am
Gotthardtunnel:
- Verbesserung der Luftgeschwindigkeits- und Temparaturmessungen -
Weiterverbesserung der Beschilderungen und Hinweise in Fluchtkammern
- Ersatz des Verkehrsrechners - Bildaufzeichnungen für Videosystem -
Feuerschutz von Kabeln aufgrund heutiger Standards und den
Erfahrungen des Brandes    im Oktober 2001
Mont Blanc (Frankreich)
Im Mont-Blanc Tunnel sind die Abstände zwischen den Pannenbuchten
kürzer als im Gotthard-Tunnel. Dies ist eine Folge der rund 300
Mio-Euro teuren Sanierung. Zudem haben die Betreiber nach dem
Brandfall sehr viele Einrichtungen nachgerüstet z. B. Videokameras
alle 100 m, variable Schrifttafeln geben den Autofahrern die nötigen
Informationen.
Der Mont Blanc verfügt über Fluchtausgänge zu hitzebeständigen
Fluchtkammern im Abstand von 300 m mit Zugang zu einem separatem
Frischluftkanal und eine Brandlüftung mit fernsteuerbaren Klappen zur
effektiven Rauchabsaugung. Weiter profitiert der Mont Blanc-Tunnel,
mit 4500 Fahrzeugen pro Tag und 40% Lastwagen-Anteil, in der
Risikobewertung von einer deutlich geringen Verkehrsbelastung
gegenüber dem Gotthard (18700 Fahrzeuge pro Tag und 20 %
Lastwagen-Anteil).
Während der Gotthardtunnel an den Werktagen erheblich durch
Latswagen-Verkehr belastet ist, an den Wochenenden chronisch Staus zu
verzeichnen sind, welche viele Deutschschweizer von einem Ausflug in
die landeseigene Sonnenstube abhalten, ist die Verkehrsbelastung am
Mont-Blanc deutlich geringer.
San Salvatore
Mit 35 Jahren gehört der San Salvatore zu den ältesten Tunneln im
Test und vermag die Anforderungen von heute nicht mehr zu erfüllen.
Zwar ist der San Salvatore Tunnel etwa 10 mal kürzer als der Gotthard
und hat 2 Röhren und somit keinen Gegenverkehr. Er muss praktisch die
ganze Verkehrsleistung von Gotthard- und San-Bernardino Tunnel
aufnehmen und nach Süden weiterleiten. Wie im Jahr 2000 wurde er auch
bei diesem Test mit «bedenklich» bewertet.
Zu den dringendsten Verbesserungen gehören eine bessere
Beschilderung der Fluchtwege, eine Videoüberwachung, Einrichtungen um
ereignisbezogenen Meldungen in den Verkehrsfunk einzuspeisen, eine
grössere Dimensionierung der Lüftung für den Brandfall und
temperaturbeständige Ventilatoren. Schon bei der heutigen Lüftung
fehlt der Nachweis, z. B. mittels strömungstechnischen Messungen, für
deren Funktionsfähigkeit im Brandfall.
Immerhin wurde seit dem Test im Jahr 2000 auf der gesamten
Strecke der Autobahn Airolo-Chiasso ein neuer Alarm und Einsatzplan
ausgearbeitet. Im Jahr 2001 fand im Tunnel eine grosse Schutzübung
statt, an der 160 Mitglieder von Feuerwehr, Sanität, Polizei und
Tunnelwartungspersonal teilnahmen.
Positiv ist auch, dass die Verantwortlichen beabsichtigen, künftig
etwa alle zwei Jahre solche Übungen durchzuführen. Für eine möglichst
realitätsnahe Aus- und Weiterbildung empfiehlt der TCS, auch Übungen
unter Hitzeentwicklung in einem speziellen Übungsstollen
durchzuführen.
Bözberg
Im Bözbergtunnel gibt es alle 300 m Querverbindungen zur
Nachbarröhre als Flucht- und Rettungswege. Diese Fluchtwege sind
jedoch nicht beschildert, dies ist aber für dieses Jahr noch geplant.
Der Empfang von Verkehrsfunk ist durchgehend und das Einspeisen von
zusätzlichen Meldungen ist in mehreren Sprachen möglich. Bei Entnahme
der Feuerlöscher wird automatisch eine Videokamera aufgeschaltet, die
Lüftung schaltet in ein spezielles Programm und der Tunnel wird
mittels Ampeln gesperrt. Das mögliche Volumen für eine Rauchabsaugung
ist mehr als doppelt so gross wie beim San Salvatore. Für den
Portalbereich wird der Einbau von zusätzlichen Längsventilatoren
geprüft.
Weitere Verbesserungsmöglichkeiten - nebst der
Fluchtwegbeschilderung - sind, eine Durchführung von
strömungstechnischen Messungen zum Nachweis für die
Funktionsfähigkeit der Brandlüftung und mittelfristig ein Einbau von
ferngesteuerten Klappen zur effektiven Rauchabsaugung.
Forderungen TCS
  • Die Beschilderung von Fluchtwegen im Fahrraum muss so erfolgen, dass Fluchtrichtung und Entfernung zum nächsten Ausgang ersichtlich sind. Diese Forderung gilt generell für Schweizer Tunnels.
  • Neue Tunnelbauten für Nationalstrassen sollten auch in der Schweiz mit Pannenstreifen oder mindestens mit Pannenbuchten in relativ kurzen Abständen, etwa alle 500 m, ausgerüstet werden.
  • Alle längeren Tunnels auf wichtigen Verkehrsachsen z.B. Bözberg sind mittelfristig mit grossen ferngesteuerten Klappen für die Rauchabsaugung in Brandnähe nachzurüsten.

Kontakt:

TCS Schweiz
Erich Schwizer
Tel.: +41-(0)41-267'18'33
Stephan Müller
Mediensprecher TCS
Mobile: +41-(0)79-302'16'36

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