pafl: Massnahmenpaket zur Erhaltung und Stärkung der Sozialpartnerschaft verabschiedet
(ots)
Vaduz, 5. Oktober (pafl) -
Die Regierung schlägt ein umfassendes Massnahmenpaket vor, um die kooperative Sozialpartnerschaft auf gesicherten rechtlichen Grundlagen zu erhalten und stärken. Im Einzelnen schlägt die Regierung einerseits vor, dass das mit der Aufhebung der Zwangsmitgliedschaft bei der Gewerbe- und Wirtschaftskammer entstandene Problem der "Aussenseiter-Arbeitgeber" durch die Schaffung eines Gesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen gelöst werden soll. Gemäss diesem nach Schweizer Vorbild formulierten Gesetz kann ein Gesamtarbeitsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen von der Regierung mittels Verordnung auf nicht beteiligte Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer Wirtschaftsbranche oder eines Berufes ausgedehnt werden.
Die kooperative Sozialpartnerschaft gehört zu den Eckpfeilern der liechtensteinischen Wirtschaftsordnung. Das Urteil des Staatsgerichtshofs über die Aufhebung der Zwangsmitgliedschaft bei der Gewerbe- und Wirtschaftskammer hat unmittelbare rechtliche Auswirkungen auf die Wirkungsweise der Sozialpartnerschaft, insbesondere die Geltung der Gesamtarbeitsverträge (GAV).
Eine Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen ist nur unter bestimmten gesetzlich definierten Voraussetzungen zulässig. Sie muss insbesondere wegen andernfalls zu erwartenden erheblichen Nachteilen notwendig sein und darf dem Gesamtinteresse nicht zuwiderlaufen. Zudem dürfen die berechtigten Interessen anderer Wirtschaftsgruppen und Bevölkerungskreise nicht beeinträchtigt werden. Erforderlich ist schliesslich auch ein bestimmtes Quorum. Zugelassen zur Allgemeinverbindlicherklärung werden auch Firmenverträge, welche einzelne Arbeitgeber mit einer Arbeiternehmervereinigung abschliessen. In einem solchen Fall beträgt das Quorum 50 Prozent der Arbeitnehmer der betreffenden Branche.
Andererseits soll der Vollzug eines allgemeinverbindlich erklärten GAV im Sinne flankierender Massnahmen im Bereich der Entsendung und des Personalverleihs strikter geregelt werden. In diesen Bereichen sind die Arbeitnehmer besonders exponiert, was die Einhaltung von Arbeitsbedingungen angeht. Die Vollzugsbestimmungen des Entsendegesetzes und die Arbeitsvermittlungsgesetze sollen entsprechend angepasst werden. Die Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines GAV bedeutet schliesslich noch keinen flächendeckenden Schutz vor missbräuchlichen Arbeitsbedingungen, da oftmals kein GAV besteht oder ein solcher nicht allgemeinverbindlich erklärt wird. Im Sinne einer subsidiären Schutznorm soll deshalb als weitere flankierende Massnahme im Normalarbeitsvertragsrecht neu vorgesehen werden, dass Mindestlöhne geschaffen werden können. Voraussetzung für den Erlass von Mindestlohnvorschriften ist die wiederholte missbräuchliche Unterbietung der üblichen Löhne. Der Erlass solchen Normalarbeitsvertragsrechts erfolgt auf Antrag der neu geschaffenen dreigliedrigen Kommission durch die Regierung.
Die Regierung ist überzeugt, dass sie mit dem vorgeschlagenen neuen Gesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen sowie mit den flankierend vorgeschlagenen Anpassungen am Entsendegesetz, dem Arbeitsvermittlungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrecht ein Massnahmenpaket vorlegen kann, mit welchem auf wirtschaftsverträgliche Weise der Beschäftigung von Arbeitnehmern unter missbräuchlichen Arbeitsbedingungen wirksam begegnet werden kann. Das Massnahmenpaket ist von den interessierten und involvierten Verbänden, insbesondere der Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer, der Gewerbe- und Wirtschaftskammer und dem Liechtensteiner Arbeitnehmerverband, anlässlich der durchgeführten Vernehmlassung begrüsst worden.
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