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ikr: Lepra in Liechtenstein

Vaduz (ots/ikr) -

Am Skelett eines jungen Mannes aus dem Frühmittelalter sind charakteristische Anzeichen einer Lepra-Infektion gefunden worden. Sie bilden den bisher einzigen Nachweis dafür, dass diese Krankheit auch auf dem Gebiet Liechtensteins vorgekommen ist.

Verschiedene Krankheiten hinterlassen am Skelett charakteristische Veränderungen, die Auskunft über das Vorkommen und die Verbreitung solcher Leiden in der Vergangenheit geben. Zu diesen zählen beispielweise Tuberkulose, Syphilis und Lepra.

An der Alemannenstrasse in Eschen wurde 1953 ein Friedhof des 7. Jahrhunderts n. Chr. entdeckt. In mehreren Ausgrabungsetappen sind vom Team der Archäologie seither insgesamt 75 Skelette geborgen worden. Bei der anthropologischen Untersuchung der Gebeine fiel das im Jahr 2000 gefundene Skelett eines 20-25jährigen Mannes durch Anzeichen einer Infektionskrankheit auf. An den Knochen des Gesichts, vor allem im Bereich der Nase und des Gaumens, sind Veränderungen ausgebildet, die auf ein chronisches Entzündungsgeschehen hinweisen. Die Lokalisation und Art der krankhaften Veränderungen sind charakteristisch für Lepra. Die Knochen der Hände und Füsse sind nicht erhalten und entziehen sich daher einer Beurteilung. Im Schädelinneren und an den Unterschenkelknochen sind jedoch weitere entzündliche Veränderungen zu erkennen, die ebenfalls mit der Diagnose Lepra vereinbar sind.

Bei der Lepra, einer der ältesten bekannten Krankheiten, handelt es sich um eine bakterielle Infektion, welche die Haut, Schleimhaut und peripheren Nerven angreift. Dadurch kommt es zu Entstellungen des Gesichts sowie der Hände und der Füsse. Die Krankheit ist wenig ansteckend und kann aufgrund der häufig auftretenden Sekundärinfektionen tödlich verlaufen. Der schreckliche Anblick der Betroffenen und die Angst vor der Ansteckung führten dazu, dass die Aussätzigen von der Gesellschaft abgesondert wurden. Während sie sich zunächst als Bettlerinnen und Bettler in den Strassen und Gassen über die Runden bringen mussten, wurden sie später in sogenannten Siechenhäusern aufgenommen, die gleichzeitig der Einschliessung und Pflege der unheilbar Kranken dienten. Eines der frühesten Siechenhäuser in der Schweiz wurde wahrscheinlich im 8. Jahrhundert durch Abt Otmar im Benediktinerkloster St. Gallen errichtet. Bis zum 15. Jahrhundert blieb die Lepra endemisch, danach verlor sie zunehmend an Bedeutung und verschwand im 18. Jahrhundert ganz aus Europa. Einem vom Langobardenkönig Rothari im Jahre 643 erlassenen Gesetz ist zu entnehmen, dass Leprakranke nicht nur aus ihrem Haus vertrieben wurden, sondern zudem das Recht verloren, über ihr Vermögen zu verfügen.

Der junge Alamanne muss von schweren Hautveränderungen gezeichnet gewesen sein. Sicher war sein Gesicht entstellt. Trotz seiner Krankheit wurde er aber wahrscheinlich nicht aus der Gemeinschaft ausgestossen. Sein Grab jedenfalls lag nicht von den anderen abgesondert. Es befand sich, mit zahlreichen Beigaben ausgestattet, inmitten des Gräberfelds.

Kontakt:

Amt für Kultur
Hansjörg Frommelt, Archäologie
T +423 236 75 31

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