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Ausschuss für Finanzmarktstabilität publiziert Empfehlung zur hohen Haushaltsverschuldung

Vaduz (ots)

Der Ausschuss für Finanzmarktstabilität (AFMS) hat verschiedenen Massnahmen beschlossen, um die identifizierten Risiken in Zusammenhang mit der hohen Haushaltsverschuldung in Liechtenstein zu adressieren. Durch die Massnahmen, welche gemeinsam mit dem Bankensektor erarbeitet wurden, sollen die Risiken nachhaltig vermindert werden, ohne dass der Zugang zu Hypotheken für Wohnimmobilien weiter eingeschränkt oder erschwert wird.

AFMS empfiehlt Massnahmen in drei Bereichen

Der AFMS empfiehlt der Regierung und der FMA Massnahmen in drei verschiedenen Bereichen: Eine Anpassung der bestehenden kreditnehmerbasierten Massnahmen, wie dies auch vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) empfohlen wurde, Begleitmassnahmen zur Stärkung des Risikoverständnisses sowie eine weitere Verbesserung der Datenverfügbarkeit, insbesondere in Bezug auf die Preisentwicklungen am Immobilienmarkt.

Anpassung bestehender kreditnehmerbasierter Massnahmen

Eine Anpassung der bestehenden kreditnehmerbasierten Massnahmen ist das effektivste Instrument, um die Risiken der hohen Verschuldungsquote nachhaltig zu adressieren. Um den Zugang zu Hypotheken aber nicht zusätzlich einzuschränken, sehen die vorgeschlagenen Massnahmen keine verpflichtenden Vorgaben für die einzelne Kreditvergabe vor, sondern legen - im Kontext des bestehenden Rahmenwerks - marktweite Definitionen und Mindeststandards fest. Abweichungen von diesen Mindeststandards sind grundsätzlich möglich, müssen aber von den Banken als "Ausnahmegeschäft" deklariert werden und können damit marktweit konsistent verglichen und überwacht werden. In diesem Zusammenhang schlägt der AFMS folgende Anpassungen der Definitionen sowie Amortisationsanforderungen in Bezug auf die Beleihungswerte sowie Tragbarkeit vor:

  • Beleihungswert: Gesetzlich liegt ein Ausnahmegeschäft bereits heute vor, wenn der Beleihungswert über 80% liegt. Auch ein nachhaltiger Beleihungswert ist implizit bereits definiert, da eine Amortisation des Kredites innerhalb von 20 Jahren auf maximal zwei Drittel des Beleihungswertes vorgesehen ist. Während der AFMS an diesen Definitionen festhält, wird eine Anpassung der Amortisationsdauer für die zweite Hypothek von 20 auf 15 Jahre und damit eine Anpassung an die Schweizer Praxis empfohlen. Dabei soll die Amortisation linear erfolgen, jährlich soll zumindest 1% der Gesamtkreditsumme amortisiert werden. Diese Massnahme ermöglicht einen schnelleren Schuldenabbau.
  • Tragbarkeit: Nicht klar gesetzlich definiert sind zurzeit die Begriffe Ausnahmegeschäft und Nachhaltigkeit in Bezug auf die Tragbarkeit. Dementsprechend variieren die Kreditvergabestandards in Bezug auf die Tragbarkeit erheblich zwischen den Banken. Als allgemeine Faustregel wird von Marktteilnehmern in Liechtenstein und auch der Schweiz immer wieder angegeben, dass der Schuldendienst bei einem kalkulatorischen Zinssatz von 4,5% bis 5% rund ein Drittel des Haushaltseinkommens nicht übersteigen sollte. Ähnlich wie bei den Beleihungswerten schlägt der AFMS daher eine allgemeine, marktweite Definition eines Ausnahmegeschäfts in allen Fällen vor, wenn die Tragbarkeit über 37% liegt. Gleichzeitig wird eine nachhaltige Tragbarkeit von maximal 33% definiert. Beträgt bei Neukreditvergabe die Tragbarkeit mehr als 33%, kommt eine Mindestamortisation von 1% des Gesamtkreditvolumens pro Jahr zur Anwendung, bis eine nachhaltige Tragbarkeit von maximal 33% erreicht ist. Bei Bestandskreditverträgen ist eine Amortisation bis zum Erreichen der nachhaltigen Tragbarkeit von maximal 33% immer dann vorzusehen, wenn es sich um ein Ausnahmegeschäft handelt, d.h. wenn die Tragbarkeit 37% übersteigt. Höhere Amortisationen sind jederzeit möglich und wünschenswert.

Bei den vorgeschlagenen Tragbarkeitsanforderungen handelt es sich um Mindeststandards, d.h. Banken können in begründeten Fällen auch zukünftig von diesen Mindeststandards abweichen, beispielsweise bei der Kreditvergabe an jüngere Kreditnehmer.

Der AFMS ist sich den Zielkonflikten bewusst, die sich aus der Anpassung der kreditnehmerbasierten Massnahmen zur Gewährleistung der Finanzstabilität sowie anderen gesellschaftspolitischen Zielen - wie beispielsweise in Bezug auf Leistbarkeit und Energieeffizienz - ergeben. Diese Zielkonflikte müssen laufend evaluiert und gegebenenfalls adressiert werden.

Begleitmassnahmen zur Stärkung des Risikobewusstseins und zur Datenverfügbarkeit

Zur Stärkung des Risikobewusstseins schlägt der AFMS eine offene und transparente Kommunikation in Bezug auf die Risiken der hohen Haushaltsverschuldung vor. Zum einen sollen verstärkte Schulungsmassnahmen für Bankmitarbeiter erfolgen. Zum andern soll die Beratung der Kreditnehmer durch die Banken ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang sollen auch die Möglichkeiten einer schnelleren Amortisation des Kredits im Sinne der Kreditnehmer aufgezeigt werden, sodass der Kreditnehmer auf Basis von fundierten Informationen selber entscheiden kann, welche Amortisationsoption bevorzugt wird.

Um die Angemessenheit und Effektivität der neuen Massnahmen fundiert zu beurteilen, ist eine bessere Datenverfügbarkeit notwendig. Vor diesem Hintergrund schlägt der AFMS die Fortsetzung der laufenden Arbeiten zur Entwicklung eines landesweiten Wohnimmobilien- und Mietpreisindex vor und empfiehlt der FMA eine Anpassung der bestehenden FMA-Datenerhebung.

Die vom AFMS empfohlenen Massnahmen basieren auf den Lösungsvorschlägen einer Arbeitsgruppe, die Anfang 2022 mit Vertretern der FMA, des Liechtensteinischen Bankenverbandes sowie der drei national systemrelevanten Banken eingerichtet wurde, um Vorschläge zur Adressierung der Risiken im Immobilien- und Hypothekarmarkt in Liechtenstein zu erarbeiten.

Informationen zum AFMS

Der Ausschuss für Finanzmarktstabilität ist das zentrale Gremium der makroprudenziellen Aufsicht in Liechtenstein. Seine Aufgabe besteht darin, den identifizierten Systemrisiken mit effizienten makroprudenziellen Instrumenten, Empfehlungen und Risikohinweisen entgegenzuwirken, um die Finanzmarktstabilität in Liechtenstein zu stärken. Die Mitglieder des AFMS werden von der FMA sowie dem Ministerium für Präsidiales und Finanzen in den Ausschuss entsendet.

Pressekontakt:

Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Ausschuss für Finanzmarktstabilität
Simon Biedermann, Vorsitzender
T +423 236 64 47
simon.biedermann@regierung.li

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