Steigende Tendenz zu rechts- und linksextrem motivierter Gewalt - Staatsschutzbericht des Bundesamtes für Polizei für das Jahr 2000
Bern (ots)
In der rechts- wie in der linksextremen Szene ist im letzten Jahr die Gewaltbereitschaft weiter gestiegen, und die jeweiligen Positionen haben sich radikalisiert. Wie aus dem Staatsschutzbericht des Bundesamtes für Polizei (BAP) für das Jahr 2000 weiter hervorgeht, wird die Schweiz nach wie vor von ausländischen extremistischen und terroristischen Organisationen als Propaganda-, Finanzierungs- und Logistikraum benutzt.
Wachsende rechtsextreme Szene
Die Zahlen vorab der rechtsextrem motivierten Straf- und Gewalttaten stiegen im Jahr 2000 stark an. Insgesamt wurden 134 durch Angehörige der rechtsextremen Szene ausgelöste Vorfälle (1999: 41) verzeichnet. Angehörige der Skinhead-Szene verübten vier Anschläge (11) auf Asylbewerberunterkünfte. Dank präventiven Polizeiaktionen konnten selbstgefertigte Sprengkörper und ein Waffenarsenal sichergestellt werden.
Den Kern der Skinheads-Szene bilden 800 bis 900 Personen (600 - 700), heisst es in dem Bericht, der am Freitag vom Eidg. Justiz- und Polizeidepartement veröffentlich wurde. Der Anstieg ist auf einen Generationenwechsel und den Nachwuchs sehr junger Mitglieder unter anderem aus der Hooligan-Szene zurückzuführen. Zudem wurden Bestrebungen festgestellt, die Skinheads in der Schweiz von Deutschland aus politisch zu aktivieren.
Mehr Gewalt durch linksextreme Gruppen
Auch linksextreme Gruppen zeigten sich vermehrt gewaltbereit. Die Gewalt äusserte sich einerseits in Protesten gegen die Globalisierung der Wirtschaft und andererseits in direkten Konfrontationen mit rechtsextremen Gruppen. Das Internet wurde zu einem wichtigen Instrument der Mobilisierung.
Im Jahr 2000 führten ethnische, religiöse und politische Konflikte weltweit vermehrt zu terroristischen Anschlägen. Die Schweiz war zwar kein primäres Ziel; sie wurde jedoch für extrempolitische beziehungsweise gewaltbefürwortende Propaganda und zur Vorbereitung von Gewaltakten extremistischer Gruppen ausgenützt. Dies galt namentlich für Exponenten radikaler albanischer Vereinigungen in der Schweiz.
Propaganda von der Schweiz aus
Vorhandene Netzwerke ausländischer Extremistengruppen bergen die Gefahr, dass bei der Verschärfung der Konflikte in den Herkunftsregionen grosse Teile der Emigrantengemeinschaft für Anwerbung, Rekrutierung, Finanzierung und illegale Waffenbeschaffung zugunsten der bewaffneten Gruppierungen missbraucht wird. So war die Schweiz im vergangenen Jahr für verschiedene kurdisch-türkische Gruppen eine wichtige Plattform für die Finanzierung des Parteiapparates. Die hohe Agitationsbereitschaft dieser und anderer Organisationen zeigte sich in zum Teil gewalttätigen Strassenprotesten oder vorübergehenden Besetzungsaktionen.
Arabisch-islamistische Gruppen nutzten die Schweiz als Aufenthaltsgebiet und führten Geldsammlungen durch. Auch die tamilische Emigration in der Schweiz leistete für die internationale Finanzbeschaffung der in den Bürgerkrieg Sri Lankas verwickelten Tamil Tigers (LTTE) weiterhin einen wesentlichen Beitrag.
Weitere Trends
Der Bericht über die Tätigkeit der Staatsschutzbehörden zeigt weiter folgende Trends im Bereich der inneren Sicherheit auf:
- Die anhaltende Spionage richtet sich immer stärker auf wirtschaftliche Ziele.
- Die Schweiz ist vom weltweiten raketentechnologischen Rüstungswettlauf durch versuchte illegale Transit- oder Beschaffungsaktivitäten betroffen.
- Im Bereich der organisierten Kriminalität zeigen verschiedene Fälle den hohen Grad an internationalen Verflechtungen im Bereich transnationaler krimineller Aktivitäten; als besonderer Brennpunkt der organisierten Kriminalität kristallisierte sich nebst illegaler Migration, Menschenhandel und Geldwäscherei der Schmuggel mit Zigaretten heraus.
- Der Missbrauch der modernen Informations- und Kommunikationsmittel durch Datendiebstahl und das Verbreiten von illegalen Inhalten auf dem Internet wird immer häufiger.
Der Staatsschutzbericht basiert auf den Erkenntnissen der ehemaligen Bundespolizei sowie der kantonalen und städtischen Polizeiorgane. Er orientiert gemäss Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) im Sinne der Transparenz Parlament und Oeffentlichkeit über die Tätigkeit der Staatsschutzbehörden.
Die präventive Arbeit der Bundespolizei unterlag den Kontrollen der Geschäftsprüfungsdelegation, des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, der Verwaltungskontrolle des EJPD sowie einem eigenen Kontrolldienst. Ab 2002 wird an Stelle des jetzigen Staatsschutzberichtes ein integraler Bericht zur inneren Sicherheit der Schweiz erstattet.
Kontakt:
Bundesamt für Polizei